Landkreis Osterholz. Die beiden Neubauten, die ab dem Sommer auf dem BBS-Gelände geplant sind, sollen große Solardächer erhalten und mit einer Erdwärmepumpe beheizt werden. Das erfuhr die Redaktion jetzt aus dem Osterholzer Kreishaus. Nach Angaben von Thore Meyer, Leiter des Amtes für Immobilienmanagement, habe die Verwaltung nach dem Förder-Flop des KfW-55-Programms neu gerechnet und peile mit der Nachrüstung nun den strengeren KfW-40-Standard für die beiden Gebäude an.
Wie berichtet, hatte der Landkreis zunächst auf zwei Millionen Euro Bundesförderung für energieeffizientes Bauen nach dem EH-55-Standard gehofft. Doch als der Antrag im Januar kurz vor Toresschluss eingereicht werden sollte, hatte das Wirtschaftsministerium den Geldhahn überraschend bereits zugedreht. Falls es nun im zweiten Anlauf klappt, winken dem Landkreis Osterholz immerhin 1,3 Millionen Euro der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW). Hinzu kommen Nachhaltigkeitsaspekte wie geringere Energiekosten und der Gewinn fürs Klima, denn bei der Wärmeversorgung will die Kreisbehörde nun den neuesten Stand der Technik in Sachen CO2-Reduktion verbauen lassen.
Nachtschicht fürs Klima
Mit Blick auf die Preisentwicklung und die geopolitische Lage sei die Entscheidung am Ende nicht sonderlich schwer gefallen, teilt Meyer dazu mit. "Wir haben eine Nachtschicht eingelegt und den Förderantrag gleich am ersten Tag um 0.01 Uhr gestellt." Tatsächlich seien die Bundesmittel am 20. April bereits nach wenigen Stunden wieder überzeichnet gewesen und es seien auch schon erste Absagen verschickt worden. Da der Landkreis aber bisher keinen Bescheid erhalten habe, sei er "vorsichtig zuversichtlich", so der Amtsleiter. Fördermittel gibt es inzwischen nur noch für Gebäude mit Qualitätssiegel.

Mit NBL und NBM geht es in den Sommerferien los. Der Zeitplan für die Modernisierungsschritte ist durch die Umplanung nicht berührt.
Die Mehrkosten durch die Fotovoltaik- und Geothermie-Ausstattung beziffert die Verwaltung auf rund 600.000 Euro, teilt Landkreis-Sprecher Sven Sonström dazu mit und setzt hinzu: "Der Zeitplan bleibt hiervon unberührt." Der Spatenstich solle planmäßig in den Sommerferien erfolgen. Die Gesamtkosten für die Neubauten und die anschließende Modernisierung Am Osterholze werden auf 61 Millionen Euro geschätzt. 40 bis 50 Prozent davon entfallen auf die beiden neuen Gebäude im Süden (Richtung Parkplatz/Sporthalle) und Osten (bei den Praxis-Werkstätten, Richtung Bahnlinie).
Auf der Wiese zur Sporthalle hin ist ein Neubau geplant, der im Parterre die Verwaltung mit Sozialarbeit und Jugendberufsagentur beherbergen soll. In der ersten und zweiten Etage sollen Sozialpädagogik und Gesundheit angesiedelt werden – Schulzweige, die momentan teils noch im BBS-Altbau untergebracht sind. Der Landkreis will den Ursprungsstandort an der Bahnhofstraße erst aufgeben, wenn Am Osterholze alles fertig ist. Der zweite neue Baukörper ist dort im Osten des Schulgeländes, gen Bahnlinie, geplant; er soll unter anderem die KFZ-Technik und im ersten Stock den Elektrobereich aufnehmen.
Über den Energieverbrauch seiner Schulen und Verwaltungsgebäude führt der Landkreis seit Jahren genauestens Buch. Dank gezielter Investitionen in Dämmung, Dach und Fenster sowie Heizung und Beleuchtung ging der Verbrauch an Heizenergie in den Schulgebäuden seit 2003 um rund ein Viertel zurück – trotz eines Flächenzuwachses von 11.200 Quadratmeter. So steht es im Energiebericht 2021, den Meyers Abteilung alljährlich erstellt. Dabei werden die jährlichen Kilowattstunden durch sogenannte Gradtagszahlen witterungsbereinigt; als Stellschrauben bleiben damit vor allem Haustechnik und Nutzerverhalten.
Mehr lüften, mehr heizen
Laut Energiebericht hat die Pandemie zu Sondereffekten geführt, was die Vergleichbarkeit zu den Vorjahren erschwert. So ließen Home Schooling und Home Office den Stromverbrauch zunächst sinken. Inzwischen aber deutet sich – auch durch den Ausbau der digitalen Ausstattung – bei der Elektrizität eine Trendumkehr an. Anders verhält es sich bei der Heizenergie: Häufigeres Lüften ließ den zuletzt rückläufigen Verbrauch seit Corona wieder ansteigen. Bei den Sporthallen wurde Energie gespart wegen der geringeren Auslastung.
Eine besondere Rolle spielen zudem die bislang drei Solardächer, die ungefähr gleiche Leistungsstärke haben. Auf BBS-Sporthalle, Pestalozzihalle und IGS-Oberstufe Lilienthal wurden 2021 insgesamt 70.045 Kilowattstunden Strom produziert. Das entspricht dem Verbrauch von fast 20 mittleren Einfamilienhäusern und einer CO2-Ersparnis von 29,9 Tonnen. Der Strom der Anlage auf der BBS-Halle konnte zu 99,8 Prozent in Halle und BBS verbraucht werden; beim Oberstufenhaus gingen gut 44 Prozent in die Eigenversorgung und bei der Pestalozzi-Anlage nicht ganz 24 Prozent.
Weitere Solardächer geplant
Thore Meyers Abteilung arbeitet mittlerweile an einer Roadmap, um die Fotovoltaik im Zuge künftiger Gebäudesanierungen mittelfristig weiter auszubauen. "Zu den Haushaltsberatungen Anfang November wollen wir einen Vorschlag machen", so der Immobilienmanager. Ein Kandidat könnte das Dach am Gymnasium Lilienthal sein. Doch auch das Kreishaus I ist ein Sorgenkind; sein Nebengebäude ist energetisch auf 1980er-Jahre-Standard. Außerdem auf Meyers Zettel: Fassadendichtung, sommerlicher Wärmeschutz sowie effizientere LED-Lampen.