Landkreis Osterholz. Ein Unglück kommt selten allein: Erst laufen dem Landkreis Osterholz bei der Modernisierung der Berufsbildenden Schulen (BBS) die Kosten davon, und nun streicht der Bundeswirtschaftsminister auch noch vorzeitig die erhofften Fördermittel. Eigentlich wollte die Behörde für das Großprojekt bis Ende Januar einen Zuschuss nach dem KFW-Standard 55 für energiesparendes Bauen beantragen; das hätte zumindest die dadurch verursachten Mehrkosten ein wenig aufgefangen. Nach langem Hin und Her bedient die Förderbank aus dem überzeichneten Programm nun noch Anträge, die bis 24. Januar vorgelegen haben. Osterholz ist nicht darunter.
Schätzungsweise zwei Millionen Euro gehen dem Kreis wegen des vorzeitigen Förderstopps durch die Lappen, sagte Verwaltungssprecherin Jana Lindemann auf Nachfrage der Redaktion. Der Antrag sei fast versandfertig gewesen und hätte fristgerecht eingereicht werden können, versicherte sie. "Der Landkreis wird nun prüfen müssen, ob andere Förderprogramme des energieeffizienten Bauens in Betracht kommen könnten." Immerhin: Auf die Gesamtkalkulation habe die böse Januar-Überraschung vorerst keinen Einfluss, denn die Behörde habe die Finanzspritze aus dem KFW-Programm nicht eingerechnet.
Von Bau-Inflation betroffen
Unabhängig davon entwickelt sich die Ausgabenseite wegen der Kostenexplosion bei den Baupreisen weiterhin bedrohlich, wie Immobilienmanager Thore Meyer jetzt im Finanzausschuss des Kreistags offenbarte. Den Finanzbedarf habe er wegen der Bau-Inflation gegenüber Herbst 2020 von 53,5 auf nunmehr 61 Millionen Euro nach oben korrigieren müssen. "Der Baukostenindex ist im vorigen Jahr um mehr als 15 Prozent gestiegen", erklärte der Amtsleiter und zählte etliche Ursachen auf, die größtenteils mit der Corona-Pandemie zu tun hätten: Halbleiter- und Baustoffmangel sowie Transport- und Logistik-Hemmnisse. "Das trifft uns voll und ganz", so Meyer.

Thore Meyer leitet im Kreishaus das Amt für Immobilienmanagement.
Als Gegenmaßnahme bleibe da nur: ein möglichst großer ersten Bauabschnitt, der möglichst früh begonnen werden sollte. Ab Sommer 2022 sollen zunächst die beiden neuen Baukörper im Süden (Richtung Parkplatz/Sporthalle) und Osten (bei den Praxis-Werkstätten, Richtung Bahnlinie) errichtet werden. Damit könnten Meyer zufolge 40 bis 50 Prozents Investitionsvolumens relativ unkompliziert verbaut werden. Umbau und Modernisierung des Bestandsgebäudes seien vertrackter und würden abschnittsweise in den Folgejahren angegangen. Künftige Kostensteigerungen seien dabei noch nicht eingepreist. "Unser Ziel ist es aber, Ende 2026 fertig zu sein."
Nachhaltig und wirtschaftlich
Der Leiter des Amtes für Immobilienmanagement erläuterte weitere, hausgemachte Gründe, weshalb der Landkreis die bisherige Kostenschätzung nach oben korrigieren musste. Da ist zunächst die Klinkerfassade, die das Projekt um 700.000 Euro verteuert. Sie sei aber langlebiger und pflegeleichter als ein Anstrich, sodass sich der Mehraufwand nach 14 Jahren amortisieren werde. Vom Energiestandard "KFW 55" sind überdies geringere Verbrauchskosten zu erwarten, wenngleich der geplatzte Traum von Zuschuss ein schwerer Schlag für Meyers Kalkulation ist.

Die Skizze zeigt Lage und Anordnung der Gebäude, die errichtet beziehungsweise modernisiert werden sollen (westlich verläuft die Straße Am Osterholze): Zuerst An- und Neubauten im Süden und Osten, danach werden in vier Abschnitten die vorhandene Bestandteile saniert.
Das Pädagogik-Konzept von Selbstlernbereichen und offenen Lernlandschaften, das mit der Schule entwickelt wurde, erhöht den Flächenverbrauch gegenüber einer Schlichtlösung. Auch damit steigt der finanzielle Aufwand bei den Neu- und Umbauten; Meyer taxiert ihn auf fünf Millionen Euro. Hinzu kommen Solaranlagen, eine eigene Trafostation sowie Lösungen für einen verzögerten Regenwasser-Abfluss. Wärmepumpen in Kombination mit den bestehenden Gas-Heizkesseln und einem Blockheizkraftwerk stehen ebenfalls auf dem Einkaufszettel. In allen großen Punkten hätten Wirtschaftlichkeitsberechnungen gezeigt, dass die Ausgaben sich lohnen.
Nein zu Klimaanlage
Statt einer Klimaanlage ist nun eine Volllüftung für die gesamte Schulanlage vorgesehen, erfuhr die Bündnisgrüne Erika Simon auf Nachfrage. Grund sei der hohe Energiebedarf. Die Haustechnik solle eine individuelle oder automatisierte Steuerung erlauben, was Lüftungsvolumenströme, Sonnenschutzanlagen und Beleuchtung angeht. "Der sommerliche Wärmeschutz ist eine Riesenherausforderung", räumte Liegenschaftsmanager Meyer ein.
Kopfzerbrechen hat auch der geplante Parkplatz für 240 Fahrräder bereitet, nach dem sich SPD-Mann Peter Schnaars erkundigte. Er bevorzuge eine überdachte Lösung mit Lademöglichkeiten für E-Bikes, erklärte der Sozialdemokrat. Schnaars sagte, er rechne mit mehr Radverkehr, wenn die Stadt den Kurt-Albrecht-Weg entsprechend ausgebaut habe.
Meyer schüttelte den Kopf: "Auf Dächern wird an Wochenenden gerne herumgeturnt." Fördermittel gebe es nur, wenn das Fahrradparkhaus öffentlich wäre. Die Schule aber setze auf eine Umzäunung mit Chip-Zugang. Für die junge Zielgruppe sei es kein Problem, "bei Regen mal eben kurz den Sattel abzuwischen". Das zeige der Erfolg der sogenannten Anlehnparker am Gymnasium, deren Bügel stets voll belegt seien. Notfalls könne der Käfig später überdacht werden. Für E-Bike-Lademöglichkeiten fehle ein Betreiber; die Fluktuation am Schultag sei auch zu gering.