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Betrachtung zur Explosion in Ritterhude Die Druckwellen sind gewaltig

Die Druckwellen der Explosion in Ritterhude sind gewaltig. Sie erschüttern bis heute ganz Osterholz. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit von Politik und Verwaltung. Eine Betrachtung von Harry Laube.
12.09.2014, 15:59 Uhr
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Von Harry Laube

Die Druckwellen der Explosion in Ritterhude sind gewaltig. Sie erschüttern bis heute ganz Osterholz. Flogen bei der ersten Welle Trümmerteile, Dachziegel, Fenster und Türen durch die Gegend, sind es heute die Bemerkungen derer, die wortgewandt jede Verantwortung an dem Unglück von sich weisen.

Es geht um die Glaubwürdigkeit von Politik und Verwaltung. Will man deren Beschwichtigungen von damals und erst recht den Aussagen von heute glauben, dann konnte weder die geballte Macht des Ritterhuder Rates und des Rathauses noch die der gesamten Kreisverwaltung irgendetwas daran ändern, dass die Firma Organo Fluid hochgiftige Stoffe in direkter Nähe zur Wohnbebauung recycelt. Da muss man als Bürger wirklich einen starken Glauben haben.

Nach dem großen Knall in Ritterhude wackelt auch die Glaubwürdigkeit derer, die in Rat- und Kreishaus baurechtlich zugelassen haben, dass sich über die Jahre die Wohnbebauung immer enger an die beiden Chemie-Firmen, Organo Fluid und Bergolin, heranschmiegt. Das wirft Fragen auf: Gibt es im Kreisgebiet weitere Problembereiche wie diese? Und warum haben Rat und Verwaltung im Ritterhuder Fall nicht vorsorglich von der Möglichkeit der Veränderungssperre Gebrauch gemacht? Sie wird doch sonst so gern als „Notbremse“ genutzt, wenn die Politiker Bauchschmerzen mit einer baulichen Entwicklung haben. Baulücken wurden weiter geschlossen, als gäbe es die Gefährdung durch die Betriebe nicht.

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Natürlich muss in erster Linie das Unternehmen selbst für die Sicherheit seiner Betriebsanlagen sorgen. Aus der Erfahrung wissen wir, dass das allein leider nicht reicht. Es gibt Betriebe, bei denen durch behördlichen Druck nachgeholfen werden muss. Da die Anwohner rund um die Kiepelbergstraße immer wieder auf Missstände bei diesem Unternehmen hingewiesen haben, liegt nahe, dass verstärkte Kontrollen angebracht gewesen wären. Es ist fraglich, ob gerade in solchen Fällen angekündigte Kontrollen nachhaltig sind.

Wenn aber, wie in diesem Fall, ein Unglück geschieht, dann fällt das mit Sicherheit auf die Behörden zurück, die den Betrieb und die Firma selbst genehmigt haben. Denn allein dadurch haben die Verantwortlichen zumindest moralische Last auf sich geladen.

Schwerer wiegt, dass das Unternehmen selbst mit der Lage unglücklich war, aber einen Umzug aus eigener Kraft nicht stemmen konnte oder wollte. Ob die Firma vielleicht nicht von Gemeinde und Kreis die gleichen Super-Konditionen angeboten bekommen hat, wie seinerzeit Trasco für die lang ersehnte Umsiedlung nach Heilshorn? Aus heutiger Sicht wäre es günstiger gewesen, ein Grundstück zu verschenken!

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Die Verantwortung für das Nicht- und nicht konsequent Handeln werden die Verantwortlichen natürlich erneut weit von sich weisen. Und das wird genauso wenig glaubwürdig sein wie all’ die Beteuerungen, dass bei dem Großbrand einer chemischen Anlage weder durch Qualmwolken noch durch Löschwasser umweltschädliche Substanzen für Mensch, Boden und (Grund-)Wasser freigesetzt werden. Vielleicht ist das auch nur eine Frage der Sichtweise und wer an welcher Stelle misst. Das könnte das Bild zurechtrücken, das entstanden ist, nachdem die Osterholzer ihren Bürgern meldeten „alles ist gut“ – um wenig später einen scheuen Vermerk an die Bremer Amtskollegen zu schicken, sie sollten doch mal nachsehen: Da sei Löschwasser in einem Graben über die Landesgrenze nach Bremen gelaufen. Das könnte gefährlich sein.

Es besteht keine Gefahr - das haben die Anwohner viel zu oft und zu lange gehört. Schlimmer noch: Es war falsch! Jetzt, wo ihnen ausgerechnet die Fabrik um die Ohren geflogen ist, vor der sie so viele Jahre lang warnten, haben die Betroffenen das Recht, personelle Konsequenzen in Politik und Verwaltung einzufordern. Das Herumschieben von Verantwortlichkeiten ist unwürdig und muss ein Ende haben.

harry.laube@osterholzer-kreisblatt.de

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