Die Wahl vorüber, jetzt geht es in die Analyse – was war gut, was schlecht? Gefühlt gibt es wenige Gewinner, dafür aber jede Menge Verlierer. Das ist auf Bundesebene so, aber gilt das auch für die Region? Was fällt auf in den Ergebnissen im Landkreis Osterholz?
Keiner für Berlin:
Mit Andreas Mattfeldt (CDU) und Lena Gumnior (Grüne) ist der Wahlkreis Osterholz-Verden in der kommenden Legislaturperiode mit zwei Personen im Bundestag vertreten. Der Landkreis Osterholz für sich betrachtet geht leer aus, Mattfeldt und Gumnior kommen beide aus dem Raum Verden. Der Osterholz-Scharmbecker Herbert Behrens und die Linken erzielten zwar ein beachtliches Ergebnis, Behrens wird seiner Bundestagskarriere (2009 bis 2017) mangels Listenplatz aber keine weitere Wahlperiode hinzufügen können. Bei den Zweitstimmen schlägt sich in Osterholz im Wesentlichen das Bundesergebnis nieder, wenn auch mit teils deutlichen Abweichungen bei den Prozentwerten. So landet die CDU zwar bei 28,2 Prozent (0,3 Prozentpunkte weniger als im Bund), die SPD wiederum kommt auf 23 Prozent (6,6 Punkte über dem Bundesergebnis). Die Grünen erzielen in Osterholz 12,6 Prozent (Bund: 11,6), während die AfD bei 17,3 Prozent landet (Bund: 20,8). Die FDP erzielt im Landkreis 3,9 Prozent (Bund 4,3), Die Linke 7,4 Prozent (Bund 8,8). Das BSW kommt am Ende auf 4 Prozent (Bund 4,97).
Wahlbeteiligung:
Die Bundestagswahl, die an mancher Stelle schon im Vorfeld als "historisch" bezeichnet worden war, lockte die Menschen millionenfach in die Wahllokale. Bundesweit betrug die Wahlbeteiligung 82,5 Prozent, das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Im Landkreis Osterholz lag sie sogar noch höher: 85,3 Prozent der 90.366 Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab, das sind 77.048 Wählerinnen und Wähler. In 341 Fällen wurde die Stimmabgabe für ungültig erklärt.
Zugpferd Mattfeldt:
Seit 2009 vertritt der CDU-Politiker Andreas Mattfeldt die Region Osterholz-Verden im Deutschen Bundestag. Seinen vier Wahlperioden kann er jetzt eine fünfte hinzufügen. Der 55-Jährige hat sich mit 35,9 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis Osterholz-Verden deutlich gegen seine stimmenstärkste Mitbewerberin Özge Kadah (SPD) durchgesetzt. Die 28-Jährige erzielte 24,8 Prozent. Dass Mattfeldt in der Region ein Zugpferd ist, zeigen die Vergleiche mit den Zweitstimmenergebnissen der CDU. So landete die Union im Wahlkreis bei lediglich 28 Prozent. Das jüngste Ergebnis ist gar nicht mal Mattfeldts bestes Wahlergebnis der letzten Jahre, aber eines, das immerhin deutlich über dem 2021er-Wert liegt, als er 33,7 Prozent erzielte. Bezogen auf die Gemeinden im Wahlkreis holte der CDU-Mann aus Langwedel in der CDU-Hochburg Grasberg mit 41,9 Prozent sein bestes Resultat. Bemerkenswert: Bei den Zweitstimmen landete die CDU dort bei lediglich 32,44 Prozent. Aber auch andernorts schnitt Mattfeldt besser ab als seine Partei.
Achtungserfolg für Kadah:
Zumeist über dem Parteiergebnis lag auch SPD-Direktkandidatin Özge Kadah. Ihre besten Ergebnisse erzielte die Kreisverdenerin in ihrem Heimatlandkreis. Das allerbeste aber fuhr sie im Landkreis Osterholz ein, in der Samtgemeinde Hambergen nämlich, wo sie bei 27,9 Prozent der Erststimmen landete. In einzelnen Wahlbezirken holte sie sogar mehr Stimmen als CDU-Platzhirsch Mattfeldt. Dafür zeigten ihr die Grasbergerinnen und Grasberger die kalte Schulter. In der Wörpe-Gemeinde kam die 28-jährige Kadah auf 19,7 Prozent.
Starke Ränder:
Bemerkenswert auch, dass Parteien auch ohne nennenswerte Netzwerke in der Region viele Stimmen erhalten haben. Das Bündnis Sarah Wagenknecht zum Beispiel dürften die Osterholzer allenfalls aus den Medien kennen. Die Partei hat in der Region keine organisatorischen Strukturen und war im Wahlkampf auch nicht zu sehen, zumal sie auch keine Direktkandidatin aufstellte. Trotzdem haben sich im Landkreis Osterholz 3079 Menschen entschieden, ihre Zweitstimme dem BSW zu geben – 4 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Besser noch lief es für die AfD. In der Region ist die Partei selten zu sehen, gewählt wurde sie trotzdem. Im Kreis Osterholz kam die AfD auf 13.253 Zweitstimmen (17,3 Prozent). Lokal hatte sie sogar die Nase vorn: So lag die AfD im Wahllokal im Gymnasium Osterholz-Scharmbeck bei den Erststimmen fast neun Punkte und bei den Zweitstimmen mehr als elf Punkte vor der CDU. In den fünf Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Hambergen war die AfD durchweg stark. In Vollersode hat sie ähnliche Werte, wie die SPD und CDU. In Hellingst, einer Ortschaft von Holste, lag die AfD bei den Erst- und auch bei den Zweitstimmen vorn.
Lilienthal eher grün als blau:
Weniger erfolgreich als in anderen Regionen war die AfD in Lilienthal. Die Partei (11,6 Prozent der Zweitstimmen) und auch Direktkandidatin Susanne Rosilius (10,9) fuhren in dieser Gemeinde ihre schwächsten Werte im Landkreis ein. Dafür sind dort die Grünen erfahrungsgemäß stärker. Direktkandidatin Lena Gumnior erzielte mit 17,2 Prozent der Erststimmen, die Partei mit 17,5 Prozent der Zweitstimmen die jeweils besten Ergebnisse im Landkreis Osterholz. Die Grünen können schon länger auf die Lilienthaler bauen. Erklärung dafür kann das urbane Milieu infolge vieler Zuzügler aus Bremen sein. Aber auch das Winterhochwasser vor 14 Monaten und das daraus resultierende Bewusstsein für Klimawandelfolgen könnten das Ergebnis bewirkt haben.