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Verzögerung beim Start Baustoffkrise trifft Grasberger Großprojekt

Die Corona-Pandemie und gestiegene Baustoffpreise wirken sich auf den Grasberger Convivo-Park aus. Mitte August sollen in Eickedorf aber endlich die Erdarbeiten für die Seniorenwohnanlage beginnen.
11.06.2021, 07:00 Uhr
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Von Undine Mader

Grasberg. Mohnblumen wiegen sich zwischen hüfthohen Gräsern. Die Holunderbüsche stehen vor der Blüte, und der Baustromkasten ist von üppigem Grün umwuchert. Auch der Schutthügel aus Ziegeln, Wegplatten und Betonsteinen ist mittlerweile bewachsen - die Natur erobert sich ihr Terrain zurück. Wäre es nach den Plänen der Projektgesellschaft Vitacura Invest und der Bremer Convivo-Gruppe gegangen, würde an der Grasberger Ortseinfahrt in Eickedorf längst der Bagger rollen. An dieser Stelle soll eine Seniorenwohnanlage entstehen. Doch zuerst kam die Corona-Pandemie, dann wurden die Baustoffe knapp. Noch vor einer Woche sah Michael Frerks von Vitacura Invest den nunmehr für Mitte August geplanten Start der Erdarbeiten wegen fehlender Kanalgrundrohre gefährdet. Die kann der Generalunternehmer nun aber doch besorgen, wie es heißt. Allerdings zu einem weitaus höheren Preis. Und das ist nicht der einzige Preissprung für Baumaterial, den er im Zuge des Großprojekt stemmen muss..

Michael Frerks ist einer der fünf Vitacura-Invest-Mitgesellschafter. Er rechnet nach aktuellem Stand mit einem Anstieg der geplanten Materialkosten um 600.000 bis 700.000 Euro für die Seniorenwohnanlage. Auf rund 20.000 Quadratmetern soll der Convivo-Park mit mehr als 70 Wohneinheiten, verteilt auf 15 Doppelbungalows und 39 Wohnungen im Haupthaus gebaut werden. Rund 22,8 Millionen Euro beträgt das gesamte Investitionsvolumen, so Frerks.

Im November hatte die zuständige Behörde im Kreishaus die Baugenehmigung für das Projekt erteilt und Frerks lobt die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Osterholz. Zu einer zwei- bis dreimonatigen Verzögerung sei es anschließend durch Corona-Fälle beim Generalunternehmer gekommen, und bereits Mitte Januar habe sich abgezeichnet, dass es Probleme mit dem Baumaterial gebe.

Manchmal werde er nachts wach davon, erzählt Frerks. In der Hand hält er eine Liste, die ihm der Generalunternehmer zusammengestellt hat. Demnach kosteten Kanalgrundrohre 2018 noch 1420 Euro pro Tonne, jetzt seien es 2335 Euro. Ein Anstieg um 64 Prozent. Ähnlich sei der Preis für Dämmstoffe gestiegen und der Preis für Holz habe sich seit Mai 2020 sogar versechsfacht.

Aber gerade Dämmstoffe seien wichtig. "Wir wollen energetisch nachhaltig bauen", sagt Mitgesellschafter Frerks, und Holz werde in den Doppelbungalows viel benötigt. Rasant gestiegene Holzpreise und deren Auswirkungen auf lokale Baustellen meldete jüngst auch die Samtgemeinde Tarmstedt. Die Preise für Roheisen und Rohstahl haben um 24 Prozent zugelegt, Kupfermatten um 67 Prozent, so Frerks, der als Ursache der Preisexplosion auch eine "künstlich hergestellte Knappheit" vermutet. Angebot und Nachfrage eben – oder wie Frerks sagt: "Die Gesetze der freien Marktwirtschaft langen hier voll zu."

Es nützt aber nichts. "Wir wollen in die Erde", betont er. Die Nachfrage nach den Seniorenwohnungen sei groß, er erhalte bereits viele Anrufe von Menschen, die sich dafür interessieren. Er rechnet mit einer Bauzeit von 22 bis 24 Monaten und einer Fertigstellung in der wärmeren Zeit des Jahres. Das sei auch so gewollt. Im Herbst oder Winter zögen ältere Menschen weniger gerne um, so Frerks.

Die ursprüngliche Überlegung, die Wohneinheiten auch an Einzelpersonen zu verkaufen, sei inzwischen verworfen worden. Dies rechne sich bald nicht mehr, sagt der Mitgesellschafter. Stattdessen werde aktuell mit drei Fonds verhandelt, die ausschließlich im Bereich von Sozialimmobilien aktiv seien, und nicht mit Hedgefonds zu vergleichen seien. Eine finale Entscheidung bezüglich der Fonds solle in drei bis vier Wochen fallen.

An künftige Mieter werde die  Preissteigerung der Baumaterialien nicht weiter gegeben. Frerks sagt: "Die Steigerung der Baukosten schlucken wir als Investor, sonst ist es irgendwann nicht mehr vermietbar." Trotz der ungeplanten Verteuerung des Projekts nennt er als Trost: "Man baut etwas für ältere Leute." Den Wohnpark sieht er als "schöne alternative Wohnform", die eine andere Form des Alterns darstelle. Notwendige ambulante Pflege oder andere Dienstleistungen seien zubuchbar, aber: "Man hat immer noch seine Freiräume." Dies solle erschwinglich bleiben. Oder wie Frerks sagt: "Nicht teurer als in einer stationären Einrichtung im Umkreis." Jedoch mit dem Vorteil, dass Partner auch dann noch zusammenbleiben können, wenn einer der beiden pflegebedürftig sei oder werde.

In den kommenden Wochen soll auch ein Bauschild mit der Kontaktnummer für Fragen zum Convivo-Park aufgestellt werden. Derzeit klingelt das Telefon noch bei Michael Frerks (04208/541). Er habe schon mal eine Liste mit Interessenten angelegt.

Auch an anderer Stelle wird in Grasberg die Preisentwicklung für Baumaterial beobachtet. Der Allgemeine Stellvertreter der Bürgermeisterin, Stefan Ritthaler, sagt: "Wir blicken sorgenvoll auf unseren Feuerwehrneubau." Die Kommune erwarte innerhalb der kommenden ein bis zwei Monate die Baugenehmigung für den Neubau des Gerätehauses der Feuerwehr Grasberg. Und auch für die Sanierung der Rautendorfer Dorfscheune könnte der Trend spürbare Mehrkosten bedeuten. "Das ist komplett ein Holzbauprojekt", so Ritthaler.

Zur Sache

Grasberg spürt den demografischen Wandel

Ausgehend vom Demografiebericht des Landkreises Osterholz erwarte die Gemeinde Grasberg in den kommenden Jahren eine erhebliche Zunahme der Zahl von Bürgerinnen und Bürgern im Alter von über 65 Jahren, so der Allgemeine Stellvertreter der Bürgermeisterin, Stefan Ritthaler. Es müssten nicht alle gepflegt werden, vielmehr sei es das Ziel vieler Älterer, möglichst lange eigenständig zu leben. Aber Wohnraum für Ältere müsse im Ort vorgehalten werden. Auch bei ihm seien schon mehrfach von Grasberger Senioren Anfragen wegen des Convivo-Parks eingegangen. "Die Versorgung von Senioren sieht im Moment ganz gut aus", sagt Ritthaler. Die Convivo-Wohnanlage in Eickedorf sei ein "großer Meilenstein", aber auch an anderen Stellen, wie etwa am Wörpedorfer Kreisel werde barrierefrei gebaut. Hinzu kämen die beiden Häuser der Seniorenwohnanlage in der Speckmannstraße, die Linden-Villa mit betreutem Wohnen sowie zwei Altenheime.

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