Worpswede/Grasberg. Er wäre die zehnte Generation, die den Hof der Familie übernimmt: Jürgen Brüning aus Moorende. Der Konjunktiv kann allerdings gestrichen werden, denn er ist fest davon überzeugt und arbeitet, seit er ausgelernt hat, im Familienbetrieb mit. Ebenso wie seine Eltern und seine Frau. "Es wird uns zwar nicht leicht gemacht, trotzdem war es keine schwierige Entscheidung", sagt er.
Früher in der Schule habe das anders ausgesehen. "Ich war das einzige Kind aus einer Landwirtschaftsfamilie und hatte deshalb keine leichte Schulzeit." Aus diesem Grund stand der Beruf in der Zeit vom zehnten bis zum 16. Lebensjahr nicht auf Platz eins, als es aber nach der Schule ernst wurde, entschied sich Brüning trotzdem für die Ausbildung. "Es ist der schönste Beruf der Welt", sagt er heute. Während der Ausbildung lernte er seine Frau kennen. Sie leben gemeinsam mit zwei Kindern auf dem Hof der Familie. Brünings Eltern sind in ein anderes Haus gezogen. Die Arbeit verrichten sie dennoch alle gemeinsam.
Als Brüning nach seiner Ausbildung begann, auf dem Hof zu arbeiten, fing er auch an, vieles zu verändern. "Wir hatten früher Milchkühe, das hat sich aber wirtschaftlich nicht gerechnet", sagt er. Aus diesem Grund habe er seinen Vater davon überzeugt, den frisch abbezahlten Kuhstall abzureißen und stattdessen eine Kartoffelhalle zu errichten. Seither konzentriere sich der Betrieb komplett auf die Erdäpfel – die "Worpsweder Perle" – aber auch auf Zwiebeln und seit Neuestem auf Knoblauch. Außerdem nimmt der Hof an einem Naturschutzprojekt teil und pflanzt deshalb eine Blühwiese – dafür gibt es eine Vergütung."Wenn ein Umdenken von uns gefordert und gewünscht ist, mache ich das gerne mit", sagt Brüning.

Jürgen Brüning deckt das Flies von seinen Kartoffeln ab.
Er frage sich immer, wie sich der Betrieb verbessern könnte und ist davon überzeugt, dass regionale Produkte biologisch angebauten Produkten in nichts nachstehen. Seine Landwirtschaft bezeichnet er als Hybridmodell: Bei den Zwiebeln und dem Knoblauch hackt und striegelt er den Acker, statt mit Chemie zu hantieren. Bei den Kartoffeln allerdings bringt er Pflanzenschutzmittel auf. "Das Risiko eines Ausfalls ist bei einem reinen Bioanbau zu groß", sagt er. Seine Ernte müsse drei Generationen und drei Angestellte versorgen. Die Kartoffeln vermarktet er direkt, sowohl in seinem Hofladen, als auch in den umliegenden Supermärkten. Seit rund einem halben Jahr betreiben die Brünings außerdem einen Onlineshop.
Feldertausch mit Kollegen
Um einer Monokultur vorzubeugen, tauscht er seine Felder mit der Familie Böschen, die in Grasberg eine Milchviehhaltung betreiben. So würden sie immer abwechselnd mit Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Futtermais und Getreide bewirtschaftet. Bei Böschens ist der Nachwuchs bereits in die Geschäftsführung eingestiegen. Janek Böschen hat den Milchviehhof übernommen und ist nun seit sechs Jahren gemeinsam mit seiner Mutter verantwortlich für 800 Tiere und 600 Hektar Land. Wie sich das anfühlt? "An den meisten Tagen sehr gut", sagt der 25-Jährige.

Janek Böschen leitet den Milchviehbetrieb seiner Familie. Angst vor der Verantwortung hat er keine.
Für ihn ist die Landwirtschaft das Traumberufsfeld schlechthin, vor allem weil er sein eigener Chef sein kann und kein Tag dem anderen gleicht. Insgesamt 18 Menschen kümmern sich um die Kühe, den Hof und das Land. "Wir müssen mit dem Fortschritt gehen", sagt der Landwirt. Aus diesem Grund versuchen Böschens, einen Kreislauf herzustellen: Das Futter für die Kühe pflanzen sie auf ihren Äckern an. Die Gülle, die die Tiere ausscheiden, landet entweder in der Biogasanlage, die Wohnhäuser beheizt, oder auf den Äckern, wo eben jenes Futter wächst. "Wir Landwirte leben mit und von der Natur und mit und von den Tieren", sagt er. Aus diesem Grund sei es wichtig, darauf aufzupassen.
Vergrößert habe sich der Betrieb in den vergangenen 20 Jahren: "Mit Größe kommt auch Freizeit", sagt Böschen. Ein kleiner Betrieb könne sich keine Angestellten leisten und auch nicht drei Brüdern die Möglichkeit zum Einstieg geben. Schlechter als in einem kleinen Betrieb ginge es den Kühen außerdem nicht. "Wir achten darauf, dass jede Kuh einen eigenen Futter- und Schlafplatz hat", sagt er. Außerdem wären die Ställe nicht bis auf den letzten Platz belegt. Bei einem Gang durch die Stallungen bestätigt sich diese Annahme. Die Kühe stehen mit großem Abstand zueinander, manche liegen auf Heu. Der Stall ist hell und luftig, an der Decke hängen Ventilatoren, für die richtig heißen Tage. Ein paar Tiere sonnen sich im Freilauf, der für alle zugänglich ist. "Wenn ich mich gut um meine Tiere kümmere, geben sie auch mehr Milch", sagt Böschen.
Was ihn manchmal ärgere, seien Vorurteile der Bevölkerung, gehe es nun um Tierwohl oder um Pflanzenschutzmittel. "Das meiste ist Unwissenheit, die ganz schnell ausgeräumt werden kann", sagt er. Wünschen würde er sich, dass landwirtschaftliche Berufe eines Tages so gut vergütet werden könnten wie Stellen in der Industrie. "Wichtig wäre auch, dass verstanden wird, dass wir Landwirte sehr viel umsetzen wollen, manchmal geht es aber nicht sofort", sagt er. Auch dafür wünscht er sich mehr Verständnis.