Das Konventshaus mitten im Lilienthaler Ortskern ist zu einem vielfältigen Veranstaltungsort geworden. Das Büro der Freiwilligenagentur befindet sich dort, vor Kurzem hat die Jugendgruppe Lilis Wohnzimmer ihren selbst organisierten Treff im Altbau eröffnet. In der großen Halle nebenan gibt es von Oktober bis März den Winterspielplatz, aber auch Yoga-Kurse, Breakdance-Training, Vereinstreffen oder Impro-Theater-Vorstellungen finden dort statt. "Der Standort hat sich toll entwickelt", sagt Pastor Jens Stangenberg von der Bremer Zellgemeinde beim Blick auf den Belegungsplan.
Seit drei Jahren trägt die zu den Baptisten gehörende Kirchengemeinde die Verantwortung für das Gebäude am Konventshof 4, dem sie den Namen Konventshaus verpasst hat. Die Bremer haben es von der Lilienthaler Philippusgemeinde nach deren Auflösung übernommen. Die Übergabe war nicht selbstverständlich, gehen die Ursprünge der Zellgemeinde doch auf einen Konflikt innerhalb der Philippusgemeinde vor 20 Jahren zurück. Im Streit um die konzeptionelle Ausrichtung kam es zur Spaltung: Ein Teil der Mitglieder machte in Bremen den Neuanfang, der andere blieb der Philippusgemeinde treu. Darauf, dass die eine Gemeinde der anderen eines Tages die Nutzung ihrer Räumlichkeiten anbieten würde, hätte 2005 wohl niemand gewettet. Am Ende kam es doch dazu. "Eine Versöhnungsgeschichte", wie Pastor Stangenberg sagt.
Die Zellgemeinde hatte länger überlegt, ob sie die Verantwortung für das Gebäude tragen soll. Auch sie ist mit aktuell 63 Mitgliedern nicht die größte, was auch für die Finanzkraft gilt. Staatliche Zuschüsse aus Kirchensteuer-Einnahmen lehnt sie ab, die Baptisten treten für eine strikte Trennung von Kirche und Staat ein. In Fragen des Glauben solle der Staat keine Rolle spielen, sind sie überzeugt. Die Arbeit wird aus Spenden finanziert und aus dem, was die Mitglieder je nach eigenen finanziellen Verhältnissen an Beiträgen beisteuern können.
Die Entscheidung, die Räume zu übernehmen und daraus einen lebendigen Ort mit vielen Akteuren und Kooperationspartnern zu machen, hat die Zellgemeinde nicht bereut. Sie nutzt die Halle auch für eigene größere feierliche Gottesdienste, aber eigentlich entspricht eine feste Bleibe nicht ihrem Selbstverständnis: "Wir brauchen kein Haus, um uns als Kirchengemeinde zu verstehen. Die Kirche, das sind für uns die Menschen", sagt Pastor Stangenberg. Bibel-Abende, so erzählt er, fänden durchaus auch in Wohnzimmern der Mitglieder statt. Und für größere Veranstaltungen werden sonntags regelmäßig zwei Etagen im Konsul-Hackfeld-Haus gemietet, wahlweise geht es auch nach Lilienthal, wo es reichlich Platz gibt für Familien und interaktive Gottesdienste und andere Aktivitäten. Christliche Symbole wie zum Beispiel ein großes Kreuz sind im Konventshof nicht zu finden. Das einzige Objekt mit eindeutigem Kirchenbezug ist im Boden versenkt: Das große Taufbecken für Ganzkörpertaufen, das sich bei Bedarf schnell aufbauen lässt.
Unter der Woche werden die Räume gern anderen zur Verfügung gestellt. Man verstehe sich als Gastgeber, ein kirchlicher Bezug sei nicht nötig, man sei offen für andere Sichtweisen. Wichtigstes Kriterium: "Die Veranstaltungen müssen demokratie- und gemeinwohlorientiert sein", sagt Pastor Stangenberg. David Cramer, der sich um die Finanzen der Zellgemeinde kümmert, formuliert den Grundsatz für Kooperationen so: "Wir arbeiten mit Menschen zusammen, die Gutes wollen."
Die Räume im Konventshaus gibt es nicht umsonst, die Zellgemeinde achtet darauf, dass die Kosten wieder reinkommen. Mittlerweile sei es möglich, durch die Einnahmen die Ausgaben für den laufenden Betrieb zu decken. Alles läuft auf Vertrauensbasis. Das gilt auch für den pfleglichen Umgang mit den Räumlichkeiten. "Bei uns gehört es dazu, dass die Gruppen nach den Veranstaltungen auch selbst den Staubsauger in die Hand nehmen", berichtet Stangenberg.
Das Ziel ist klar: Die Zellgemeinde will das Konventshaus halten. Ob dies auf Dauer möglich ist, muss sich zeigen. Denn fest steht, dass in den nächsten zehn Jahren kräftig in das Gebäude investiert muss: Eine Wärmepumpen-Heizung, Fotovoltaik-Anlage und Fassadendämmung sind fällig, ohne dass es dafür bisher einen Geldgeber gibt oder Fördergelder in Aussicht stehen. Ein Verkauf des Hauses kommt für die Zellgemeinde nicht infrage, obwohl es nach ihren Angaben schon Interessenten gegeben hat, die das alte Gebäude in begehrter Lage am liebsten abreißen und etwas Neues und Gewinnversprechendes errichten würden. Alle Angebote wurden abgelehnt und so soll es auch bleiben.