Landkreis Osterholz. 407 sogenannte Jobcenter kümmern sich in Deutschland seit mehr als 14 Jahren darum, Hartz-IV-Bezieher in Lohn und Brot zu bringen. Die Behörden nennen das Arbeitslosengeld II oder auch Grundsicherung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Aber Jobcenter ist nicht gleich Jobcenter: Bundesweit sind drei von vier Jobcentern bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) angesiedelt, so etwa auch in Bremen und Cuxhaven, die jeweils als Kooperationspartner der BA-Einrichtungen fungieren. Andere Landkreise, darunter Osterholz, Rotenburg und Verden, haben eigene kommunale Jobcenter für längerfristig Arbeitslose gegründet. Frank Bohling, Leiter des Kreis-Sozialamts, zog kürzlich im Sozialausschuss ein positives Fazit: „Es war die richtige Entscheidung, den Weg als Optionskommune zu gehen.“
Die damaligen Gründe seien bis heute gültig: Für Leistungsempfänger und potenzielle Arbeitgeber verkürzen sich die Wege. Herzstück des Jobcenters ist die Pro-Arbeit an der Bahnhofstraße 36 in Osterholz-Scharmbeck; die kommunale Anstalt öffentlichen Rechts managt Qualifizierung und Arbeitsvermittlung, während die Leistungssachbearbeitung in den Rathäusern der Gemeinden erfolgt. „Wir sind damit näher dran an den Kunden“, so der Behördenchef. Zudem gebe es eine Bindung der Fallmanager an ihre Kommune. Dadurch habe das Osterholzer Jobcenter eine geringe Mitarbeiter-Fluktuation zu verzeichnen. „Bei uns hat jede Akte ein Gesicht, und der Kunde ist nicht nur eine Nummer.“
Direkter Draht
Statt Vorgaben aus der Nürnberger Zentrale umzusetzen, ließen sich individuelle Maßnahmen des Förderns und Forderns gestalten, fuhr Bohling fort. „Es gibt viele Schnittmengen mit dem Sozialamt, aber auch mit dem Jugendamt und der Wirtschaftsförderung.“ Das kommunale Jobcenter habe sich daher bewährt. Sein kurzer Draht zu anderen Abteilungen der Kommunalverwaltung könne da kaum mithalten, sagte Bohling. Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof die Jobcenter der Arbeitsagenturen wegen Fehlern beim Umgang mit den zahlreichen sogenannten Fallabschlüssen beanstandet. Sozialdemokraten und Linke kritisierten zudem wiederholt die Sanktionspraxis der Hartz-IV-Verwaltungen.
Grund genug also für die landesweit 16 kommunalen Jobcenter, zusammen mit dem niedersächsischen Landkreistag ihr Profil als Beschäftigungsagentur zu schärfen. In einem sogenannten Zukunftsbild wurden bereits einige Leitsätze verabschiedet, an denen sich die Jobcenter in Zukunft messen lassen wollen. Demnach sehe man sich auch künftig als „Garant für soziale Sicherung und Arbeitsmarktintegration“. Weiter heißt es: „Gleichzeitig wollen wir aktiv verhindern, dass Menschen nur passiv Leistungen beziehen. Stattdessen setzen wir die notwendigen Anreize und Impulse für Veränderung, ermöglichen Teilhabe und verlieren dabei nicht den ganzheitlichen Blick auf die Lebenssituation der Menschen.“ Die kommunalen Jobcenter leisteten damit „einen unverzichtbaren Beitrag zum sozialen Frieden in den Regionen“.
Die Ausschussvorsitzende Marianne Grigat (SPD) bemerkte, es sei womöglich kein Zufall, dass sich der Begriff Jobcenter im Kreisgebiet gar nicht recht durchgesetzt habe, sondern der Markenname ProArbeit damit verknüpft werde. Dabei handelt es sich beim Osterholzer Jobcenter durch die Einbeziehung der Kommunen um ein durchaus eigenwilliges Konstrukt, wie die Sozialdezernentin Heike Schumacher einräumte. Im Landkreis Verden seien die Abläufe zentral organisiert. „Wir haben unser Modell überprüfen lassen und festgestellt, dass es für die hiesigen Strukturen passt.“ Alle mit Langzeitarbeitslosigkeit und Hartz IV befassten Mitarbeiter sähen sich als Teil des Jobcenters, ob sie bei der Pro-Arbeit, beim Landkreis oder einer Gemeinde angestellt sind, so die Sozialdezernentin Heike Schumacher.