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TuSG Ritterhude Sass kommt seinem Rauswurf zuvor – und schmeißt selbst hin

In der vergangenen Woche gewann die TuSG Ritterhude beim VSK Osterholz-Scharmbeck - und nur kurz darauf wirft Trainer Richard Sass hin. Wie es nun weitergeht beim Bezirksligisten.
16.12.2022, 20:00 Uhr
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Sass kommt seinem Rauswurf zuvor – und schmeißt selbst hin
Von Thorin Mentrup

Ritterhude. Ein 2:1 gegen den VSK Osterholz-Scharmbeck ist nun wahrlich kein Ergebnis, um die Brocken hinzuschmeißen. Ganz im Gegenteil. Vielmehr war der Derby-Sieg bei den Kreisstädtern für die TuSG Ritterhude der versöhnliche Abschluss einer schwierigen Herbstserie in der Fußball-Bezirksliga Lüneburg. Und doch: Keine Woche später stehen die Hammestädter ohne ihren bisherigen Cheftrainer da. Richard Sass hat seinen Rücktritt erklärt – und kam damit seinem Rauswurf zuvor.

Vom Zeitpunkt her mutet das durchaus kurios an. Nicht nur wegen des Sieges beim VSK. Ritterhude erlebte eigentlich seine beste Phase unter Sass. Sieben Zähler aus drei Spielen hatte es unter dem Coach nur einmal, im Frühjahr, gegeben. Insgesamt stimmt seit Ende Oktober die Richtung wieder bei der zuvor taumelnden TuSG. Sie hat sich im Kampf um den Klassenerhalt zurückgemeldet, belegt nur wegen der schwächeren Tordifferenz einen Abstiegsplatz. Und trotzdem ist das gemeinsame Kapitel zwischen den Hammestädtern und Sass nun beendet. "Hut ab vor Richard und dem, was er geleistet hat", sagt Fußball-Spartenleiter Mirko Gatz. Schließlich kam Sass im vergangenen Winter in der wohl denkbar schwierigsten Situation zum Bezirksligisten, der gerade den überraschenden Tod von Chefcoach Bastian Haskamp verarbeiten musste. Das, so Gatz, hätten sich nicht viele zugetraut. Und auch Kapitän und Führungsspieler Patrick Brouwer weiß: "Als alle geschockt waren, war Richard da. Er hat uns bis zum Sommer wieder zu einer Einheit geformt."

Als alle geschockt waren, war Richard da. Er hat uns bis zum Sommer wieder zu einer Einheit geformt.
Kapitän Patrick Brouwer

Allerdings, so Gatz, sei der sportliche Erfolg in der aktuellen Saison oft ausgeblieben. Ritterhude hinkt trotz des jüngsten Aufschwungs den eigenen Erwartungen hinterher, auch wenn Sass durchaus zurecht auf einige schwierige Begleitumstände seiner Amtszeit hinweist: den Umbruch im Sommer mit mehr als jeweils zehn Zu- und Abgängen etwa, oder auch die vielen Corona- und besonders Verletztenfälle. "Trotzdem sind wir sportlich wieder nah am Soll. Wir haben den Anschluss hergestellt", betont Sass. Das war seine Forderung. Allerdings: Nüchtern betrachtet, hat er die Ziele nicht erreicht: 20 Punkte hatte der Trainer nach dem 1:2 gegen Anderlingen Mitte Oktober als Ziel bis zur Winterpause ausgegeben, 19 sind es geworden. Die vor der Saison angepeilte obere Tabellenhälfte ist sieben Punkte entfernt. Trotz des sportlichen Erfolgs zuletzt und dem, wie Gatz sagte, "geilen Sieg" beim VSK verläuft die Spielzeit enttäuschend.

Dass angesichts einiger ernüchternder Auftritte bereits im Herbst die Spartenleitung auf den Plan trat, verwundert daher wenig. Gatz führte Gespräche mit Sass und Co-Trainer Timo Schneider. Auch von der Mannschaft erhoffte er sich Antworten. "Wir mussten hinterfragen, warum wir diesen Negativlauf haben", erklärt er. Schließlich rangierte die TuSG zeitweise auf dem letzten Platz. Der Kreisliga-Abstieg war und ist ein Szenario, mit dem sich die Hammestädter beschäftigen müssen.

Wie groß war Sass' Rückhalt?

Auch deshalb wuchs der Gedanke: Es muss sich etwas ändern. Offenbar, wenn auch etwas zögerlicher, in der Mannschaft. Brouwer betont zwar: "Es war auf keinen Fall so, dass jemand aus der Mannschaft gesagt hat, wir brauchen unbedingt einen neuen Trainer." Sass habe auch von den Führungsspielern immer Rückendeckung erhalten. "Wir als Mannschaft sind verantwortlich für die Situation, und das waren wir auch, als es ganz schlecht lief", bekräftigt Brouwer. Dennoch seien ein paar Stimmen lauter geworden, dass man vielleicht etwas Neues probieren müsse. Er habe offen mit der Spartenleitung kommuniziert, aber auch mit Sass. Laut Gatz seien die Befürworter einer Veränderung auf dem Trainerstuhl in der Überzahl gewesen. Von nur einem Fürsprecher im Team für Sass, wie es zuletzt rund um Ritterhude die Runde machte, will der Spartenleiter nichts wissen. Stattdessen sollte die Zusammenarbeit bis zum Winter weitergehen – und das tat sie bekanntlich auch. Dann wollte Gatz Sass mitteilen, dass es nicht mehr weitergeht.

Bevor die Spartenleitung Sass das Ende der Zusammenarbeit mitteilen konnte, zog der Trainer allerdings selbst die Reißleine. Er begründet seinen Rücktritt damit, menschlich enttäuscht zu sein "über Dinge, die hinter meinem Rücken gelaufen sind". Was das genau gewesen sein soll, verriet er auf Nachfrage nicht. Sass sei keinesfalls ein Buhmann, so Gatz. Es sei normal, dass Gespräche im Hintergrund liefen. Er habe befürchtet, dass der eine oder andere Spieler im Winter gehen würde. Brouwer sagt: "Ich glaube, er ist nicht aufgrund der Trennung enttäuscht, sondern aufgrund anderer Geschichten, die nicht aus der Mannschaft kamen." Am Ende habe es eine gewisse Unzufriedenheit gegeben.

Das ist der neue Chef

Eigentlich hätte er bis zum kommenden Sommer weitermachen wollen, erklärt Sass. Um womöglich dann an Timo Schneider zu übergeben? Damit rechneten zumindest viele, als dieser im Sommer als Co-Trainer zum Team stieß. Sass und Schneider kennen sich seit mehr als 20 Jahren, die gemeinsame Zeit bei der TuSG war dagegen von kurzer Dauer. "Das hatte ich im Sommer anders geplant", sagt Schneider. Eigentlich hätte er nach seinem Aus beim FC Hansa Schwanewede im Frühjahr ein Jahr komplett pausieren wollen, doch dann überzeugte ihn Sass von der Aufgabe bei der TuSG. Als Chef im Winter habe er sich selbst nicht gesehen, so Schneider. Letztlich gab aber auch die Familie das Ja-Wort für die Beförderung. "Ich freue mich über das Vertrauen und über die Aufgabe", sagt er. Schließlich hätte er auch im Herbst, als die Kritik am lautesten und die Ergebnisse am schlechtesten waren, schon gehen können, wenn der Verein gewollt hätte. Dann gemeinsam mit Sass.

Für Gatz ist der neue Chef, der unter anderem von Martin Haskamp unterstützt wird und bereits einen Co-Trainer sucht, eine naheliegende Lösung. Zudem genieße Schneider innerhalb der Mannschaft hohes Ansehen. "Viele Spieler sagen, was Timo mache, habe Hand und Fuß. Sein Training macht Spaß, er setzt sich für die Mannschaft ein", schildert Gatz seine Eindrücke aus den Gesprächen mit dem Team. Die bekräftigt Brouwer: "Timo passt super in die Mannschaft, das hat man sofort gemerkt. Er hat zu allen eine Bindung aufgebaut." Die wird im Abstiegskampf auf die Probe gestellt werden. "Ich glaube, er hat einen etwas moderneren und emotionaleren Stil, der gut nach Ritterhude passt", teilt Gatz mit. Das wird Schneider in der Rückserie beweisen müssen. Erst einmal bleibt er bis Sommer in der Chefrolle. "Wie es weitergeht, darüber wird man im Frühjahr sprechen", betonen er und Gatz unisono. Der Spartenleiter verbreitet Optimismus. "Ich glaube schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagt er. Nun nur noch mit Schneider, nicht mehr mit Sass.

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