Ritterhude. Abergläubisch? Sei er nicht, sagt Timo Schneider. Aber manchmal, das gibt der Trainer zu, hadere er schon mit dem Fußball-Gott, wenn es ihn denn gibt. "Natürlich fragst du dich, was du verbrochen hast. Warum alles gegen dich läuft." Dass vielleicht nicht alles, aber mindestens vieles gegen Schneiders Mannschaften läuft, verrät ein Blick in eine für ihn schmerzhafte Statistik: Mit dem FC Hansa Schwanewede gewann er als Coach in der Fußball-Bezirksliga nur drei seiner 25 Punktspiele und verlor 17. Mit der TuSG Ritterhude, bei der er seit diesem Sommer als Co-Trainer tätig ist, stehen nach zehn Partien in der Liga lediglich ein Sieg und zwei Remis zu Buche. Überspitzt formuliert hat sich also nichts geändert für Schneider: Die Vereinsfarben sind weiterhin Blau und Weiß, die Ergebnisse weiterhin sehr bescheiden. Und doch sagt er: "Ich fahre noch immer mit einem Lächeln zu jedem Training und jedem Spiel." Seine Freude am Fußball hat er nicht verloren, genauso wenig wie den Glauben daran, dass er bald erfolgreichere Zeiten mit den Hammestädtern erleben wird.
Angesichts dieser Bilanzen spricht erst einmal sehr wenig dafür. Dabei hätte es, so Schneiders Hoffnung, doch besser laufen sollen als beim FC Hansa, seinem Heimatverein, für den er als Spieler, Teammanager und Trainer aktiv war und den er durchaus überraschend und abrupt im Frühjahr verließ. Diese Zeit habe er hinter sich gelassen, sagt er. Schneider trat danach vier Monate lang auf die Fußball-Bremse, genoss die Zeit mit seiner Familie und lehnte laut eigener Aussage die eine oder andere Anfrage ab. "Eigentlich hatte ich wenig bis gar keinen Kontakt mit Leuten aus dem Fußball", sagt er. Das habe gutgetan. Doch dann trat die TuSG auf den Plan. Trainer Richard Sass und einige Spieler kennt Schneider seit Jahren, darüber hinaus wohnt er in Ritterhude. Im Team mit Sass sei die organisatorische Last, ein oft unterschätzter Aspekt in der Trainerarbeit, auf mehrere Schultern verteilt. Auch sportlich empfindet er die Aufgabe bei der TuSG, die anders als der FC Hansa auf Bezirksebene etabliert ist, nach wie vor als reizvoll. Also sagte Schneider zu. Er war zurück im Fußball und voller Vorfreude. Allerdings holten ihn allzu schnell altbekannte Probleme wieder ein.
Geht denn das schon wieder los?
Einen vollen Kader hat Schneider seit Saisonbeginn durch Verletzungen, Erkrankungen und Urlaube bei der TuSG noch nicht erlebt. Schlimmer noch: Die Hammestädter blieben in den ersten acht Spielen sogar sieglos. Gegen Osterholz-Scharmbeck und Heeslingen II fielen die entscheidenden Gegentreffer erst in letzter Minute, beim Remis in Sottrum fühlte sich die TuSG um einen Elfmeter gebracht. "Ich habe tatsächlich ein paar Parallelen zu meiner Zeit in Schwanewede gesehen", gibt Schneider zu. Als ginge alles genau da weiter, wo er aufgehört habe. Gefangen im Negativlauf. "Ich habe irgendwie das Pech mitgebracht", sagt er. Sein Team ist Schlusslicht. Auch wenn er das in Schwanewede nicht in steter Regelmäßigkeit erleben musste: Neu ist das für Schneider nicht.
Was er ebenfalls festgestellt hat: Ein Co-Trainer leidet nicht weniger darunter, wenn es nicht läuft, als ein Chefcoach. "Jede Niederlage ärgert mich genauso wie in Schwanewede", sagt er und fügt hinzu: "Das ist ja das Blöde." Manchmal hilft ihm der Galgenhumor. Eigentlich zeigt sein Ärger nur: Schneider ist emotional schon voll dabei bei der TuSG. Also stemmt er sich mit Sass und dem Team gegen den Abstieg. Als Typ kommt er auch in Ritterhude gut an. "In Schwanewede haben wir unter erschwerten Bedingungen, gerade zur Corona-Zeit, auch Aufbruchsstimmung erzeugt", blickt er zurück. Von Dauer war sie allerdings nicht. Das soll jetzt anders werden.
Schneider sieht gute Voraussetzungen, mit der TuSG die Wende zu schaffen. "Die Spieler kommen alle Stück für Stück zurück. Wenn zehn, zwölf Jungs ausfallen, kann das in dieser Liga keine Mannschaft auffangen. Aber jetzt sieht man immer mehr, was für eine Qualität wir im Kader haben. In voller Montur ist das eine ganz andere Mannschaft. Auch die Jungs erkennen, was wir für Fortschritte machen", hat er schon jetzt einen kleinen Aufschwung registriert. Zudem sei das Team intern gefestigt. Das sei ein entscheidender Aspekt. Bis auf beim Sieg gegen Verden II – das ersehnte Erfolgserlebnis für die Mannschaft, aber auch für Schneider persönlich – hat sich das allerdings noch (zu) selten in Ergebnissen niedergeschlagen. Zuletzt setzte es eine Niederlage bei Spitzenreiter Worpswede.
Die wirklich wichtigen Spiele warten jetzt auf die TuSG. In den Duellen mit den Aufsteigern Anderlingen und Lilienthal-Falkenberg steht sie unter Zugzwang. "Das sind Spiele, in denen wir punkten müssen, und das werden wir auch schaffen", sagt Schneider. Er bleibt positiv. Pech hätten er und seine Mannschaften schließlich schon genug gehabt, wirft er ein. Und auch er selbst hat ja noch etwas zu beweisen: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ich als Trainer nicht so schlecht bin, wie die letzten zwei Jahre gelaufen sind."