In der Gemeinde Schwanewede sollen die Ortsräte abgeschafft und durch Ortsvorsteher ersetzt werden. Zumindest will das die CDU-Ratsfraktion, sie hat dazu einen Antrag vorgelegt. Über den diskutieren jetzt die, die betroffen sind: die Ortsräte. Jüngst stand das Thema im Ortsrat Schwanewede auf der Tagesordnung.
Ortsratsmitglied und CDU-Fraktionsvorsitzender Ronald Grzeschik (CDU) erläuterte noch mal, warum seine Fraktion auf die Ortsräte verzichten will. Verwaltungsressourcen sollen gespart, politische Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Die Bedeutung der Ortsräte habe sich im Vergleich zu vor 50 Jahren, als die Gremien im Zuge der Gebietsreform eingeführt wurden, geändert. Als Informationsvermittler zwischen Bürgern und Gemeinde spielten die Ortsräte keine wichtige Rolle mehr. "Heute können sich Bürger über das Internet informieren und Hinweise an die Gemeinde geben." Auch politisch haben die Ortsräte nach Ansicht der CDU an Gewicht verloren. "Ob eine Parkbank oder eine Laterne aufgestellt wird, darüber dürfen wir noch entscheiden, über vieles andere aber nicht mehr", meinte Grzeschik.
Zwölf Ortschaften hat die Gemeinde Schwanewede. Sechs haben Ortsräte. Die sollen durch Ortsvorsteher ersetzt werden, wie es sie jetzt schon in den sechs anderen Ortschaften gibt. Dass Meinungsvielfalt verloren geht, wenn eine Person an die Stelle eines mehrköpfigen Gremiums tritt, diese Bedenken hat die CDU-Fraktion laut Grzeschik nicht. Zu wichtigen Themen könne es Bürgerversammlungen geben. "Da kann dann alles gesagt werden.
Kritik von Grünen und SPD
Das sahen die Grünen und die SPD anders. "Die Vielschichtigkeit der Meinungen wird verloren gehen", befürchtete Dörte Gedat bei einem Wegfall der Ortsräte. Mit einem Ortsvorsteher werde nach außen "nur noch eine Meinung repräsentiert". Bürgerversammlungen sind für die Grüne keine Alternative. Da sei es dann abhängig von den jeweiligen Ortsvorstehern, ob die Bürger angehört würden oder nicht. "Ortsräte sind deutlich verbindlicher." Gerade bei Planungsfragen zeige sich immer wieder, wie wichtig der Ortsrat als Forum auch der Bürgerbeteiligung sei. "Beim Thema Sandabbau hatten wir hier die Hütte voll. Wo sich Menschen betroffen fühlen und Ängste haben, kommen sie in den Ortsrat." Viele Bürgeranträge hätte es ohne das Gremium nicht gegeben, ist Gedat überzeugt. Dem Argument der CDU, dass der politische Entscheidungsprozess durch den Verzicht auf Ortsräte beschleunigt werde, hielt sie entgegen: "Demokratie braucht auch die Zeit, gründlich zu diskutieren"
Die Bedeutung der Ortsräte als Ansprechpartner für die Bürger betonte Tammo Löffler (SPD). "Der Ortsrat ist die kleinste Einheit der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Das sollten wir erhalten. Wenn wir das nicht mehr haben, geht ein Stück politische Beteiligung von Bürgern verloren." Er wies auf das neue Jugendparlament hin, mit dem Schwanewede gerade eine weitere Beteiligungsmöglichkeit geschaffen hat. "Und dann soll eine Institution wie die Ortsräte, die sehr gut gearbeitet haben, abgeschafft werden – dazu gibt es von uns ein klares Nein." Löfflers Parteikollege Benjamin Behrje ergänzte: "Es darf nicht darauf hinauslaufen, dass es eine einzelne Person gibt, die Meinungen der Bürger sammelt und an das Rathaus weitergibt." Zu einer "Filterung" von Bürgerwünschen dürfe es nicht kommen.
Für Überraschung in den Reihen des Ortsrates sorgte Brigitte Aschemann von der Wählergemeinschaft. Die WG hatte in der vergangenen Wahlperiode selbst einen Antrag zum Thema eingebracht. Darin forderte sie Ortsräte für alle Ortschaften. Der Gemeinderat hatte den Antrag 2021 zurückgestellt, er sollte in der aktuellen Wahlperiode beraten werden. Im Ortsrat waren von der stellvertretenden WG-Fraktionsvorsitzenden jetzt andere Töne zu hören. "Dem Antrag der CDU, die Ortsräte ganz abzuschaffen, werden wir uns nicht anschließen." Ortsräte seien ein Bestandteil lebendiger Demokratie. Aber sie würden auch Geld kosten und das habe die Gemeinde nicht. Die Wählergemeinschaft sei deshalb in einem Zwiespalt. "Einerseits möchten wir die Ortsräte nicht aufgeben, andererseits sehen wir auch die Kosten."
Ortsbürgermeister Martin Grasekamp (SPD) hielt am Ende der Diskussion als Fazit fest: Die Mehrheit im Ortsrat Schwanewede sei für die Beibehaltung der Ortsräte. Ein formeller Beschluss war nicht zu treffen.