Schwanewede. Auf den weißen, gut einen Meter hohen Stelen steht senkrecht in Großbuchstaben das Wort „TODESMARSCH“. Der führte ab dem 10. April 1945 zu Fuß von Bremen-Farge über Schwanewede, Meyenburg, Uthlede und Hagen bis hin zum Bahnhof in Bremervörde. Es sind zwei Stelen, die das Gedenken an die dadurch gestorbenen Menschen aufrecht erhalten soll. Aufgestellt am Küsterhaus Schwanewede und am Dorphuus in Meyenburg – eingeweiht am selben Tag, am Sonntag, 27. März. Die Teilnehmenden dieser offiziellen Gedenkrunde wanderten zwischen den Aufstellungsorten zwar nicht zu Fuß, aber doch teilweise mit dem Fahrrad von einem Ort zum anderen.
Eingeladen hatten die politischen Gemeinden Schwanewede und Meyenburg, die evangelische Johannes-Gemeinde und Verantwortliche der Gedenkstätte Lager Sandbostel zur Einweihung einer Stele am Küsterhaus, Damm 8. Ebenfalls wurde Sonntagvormittag eine Stele am Dorphuus in Meyenburg eingeweiht. „Das waren wahrscheinlich zwischen 2500 und 3000 Menschen, alles KZ-Häftlinge“, gibt Werkstudentin Muriel Nägler zu diesem sogenannten Todesmarsch Hintergründe preis. Nägler ist gemeinsam mit Lilja Girgensohn Projektleiterin der Stelenaktion, ausgehend von der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Leider gebe es nicht so viele Dokumente, die diese Zahlen sicher belegten, sagt sie. Diese Menschen, die diesen Marsch antreten mussten, stammten aus den KZ-Außenlagern von Neuengamme sowie von Außenlagern im Bremer Stadtgebiet.
In Bremervörde wurden die Häftlinge aufgeteilt zum Weitertransport in das Stammlager Neuengamme oder in das Kriegsgefangenenlager Stalag X B Sandbostel. Nach Sandbostel kamen die nicht mehr marschfähigen Häftlinge. „Die KZ-Häftlinge sind auch hier langgelaufen“, erzählt Muriel Nägler zur Einführung. Viele von ihnen hätten den Marsch nicht überlebt.
Zur Einweihung und zum Gedenken hatten sich auch Bürger und Bürgerinnen eingefunden. „Wir dürfen nie vergessen, was vor 77 Jahren hier passiert ist“, sagte Friedrich Humborg als stellvertretender Ortsbürgermeister. Das sei „eine unrühmliche Geschichte“, die aber in Erinnerung zu halten sei.
Schwanewedes Gemeindebürgermeisterin Christina Jantz-Herrmann sprach ihr Dankeschön an die Beteiligten der Aktion aus. Jetzt sei hier Sichtbarkeit für die gemeinsame Geschichte geschaffen worden. Friede und Freiheit seien ein Geschenk, betonte sie. Aber sie könnten auch schnell angegriffen werden. Insofern sei es wichtig, „dass wir uns Tag für Tag für Freiheit und Nächstenliebe einsetzen müssen“. Dabei begrüßte die Bürgermeisterin die in weiß gehaltene Stele. Weiß bedeute Licht und Hoffnung. „Die sollten wir uns nicht nehmen lassen.“
Der Geschäftsführer der Gedenkstätte Lager Sandbostel, Andreas Ehresmann, verwies darauf, dass nunmehr die erste Stele ins Erdreich eingelassen worden sei. Dies würde das „historische Bewußtsein“ fördern. Leider könne Geschichte auch missbräuchlich „benutzt werden“, bedauerte er.
Lilja Girgensohn machte deutlich, dass die Schwaneweder Stele eine von 15 sei, die noch aufgestellt werden sollen. Gefördert werde das Projekt vor dem Hintergrund des 75. Geburtstages des Bundeslandes Niedersachsen vom niedersächsischen Kultusministerium.
„Aber das Projekt selbst verdanken wir Lars Hellwinkel. Der ist ein Glücksfall für uns und hat genug Zeit dafür.“ Der Historiker und Gymnasiallehrer ist verantwortlich für die Gedenkstättenpädagogik des Lagers Sandbostel.
Angeregt worden sei er von einer Kennzeichnung einer Todesmarschstrecke im Harz. Die Schüler der Berufsfachschule „Bautechnik“ der Berufsbildenden Schulen (BBS) in Osterholz-Scharmbeck hätten die Stelen gegossen. „Die Zusammenarbeit mit den BBS war ein großes Glück für uns.“ Bisher sind laut Muriel Nägler acht Stelen fertig. Sie hofft, bis zum Sommer das Projekt abschließen zu können.
Vom Küsterhaus Schwanewede ging es anschließend mit dem Fahrrad oder mit dem Auto nach Meyenburg. „Wir haben bewusst die Stele am Dorphuus plaziert“, sagt Ortsbürgermeister Dominik Schmengler. Das sei ein „prominenter und populärer Platz“. Er hofft, dass gerade Jugendliche sich von der Stele „sensibilisieren“ lassen. Auch soll Schmengler zufolge noch eine Infotafel hinzukommen. „In Zeiten eines Angriffskrieges auf die Ukraine ist ein solches Gedenken aktueller denn je“, so der Ortsbürgermeister. So werde sich an diesem Tag auch eine unbedingte Solidarität für die Ukraine zeigen, betont er mit ukrainischer Flagge am Revers.
Die Aktion ist in den Gemeideräten und im Kirchenvorstand abgestimmt worden.