In das alte Pfarrhaus in Meyenburg zieht neues Leben ein. Im ehemaligen Jugendraum entsteht ein Malort. Ab September können Erwachsene, Kinder und Jugendliche dort in besonderer Weise kreativ tätig werden.
Barbara Junghans, Künstlerin und Kunsttherapeutin aus Meyenburg, hat das Projekt initiiert und wird es auch begleiten. Derzeit ist sie dabei, die Räumlichkeiten am Meyenburger Damm 9 herzurichten, die ihr die Kirchengemeinde nach eigenen Angaben gegen ein geringes Nutzungsentgelt zur Verfügung stellt. "Der Malort ist kein Kursprojekt", betont sie. Den Begriff Malort hat der Pädagoge und Forscher Arno Stern (1924 bis 2024) geprägt. Die Idee dazu entwickelt er aus Erfahrungen, die er 1946 in einem Waisenheim bei Paris sammelte. Dort sollte er die Kinder beschäftigen. Stern ließ sie malen und erkannte, wie wichtig das freie Malen für sie war. In den 1950er-Jahren richtete er in Paris ein Malatelier für Kinder ein, daraus entstand der Malort. Bundesweit, aber auch in anderen Ländern gibt es heute solche Einrichtungen. Nun demnächst auch in Meyenburg.
Dabei können Kinder und Erwachsene in einem geschützten Raum ohne Vorgaben, Erklärung, Belehrung und Bewertung malen. "Im Malort kommt jeder mit Leichtigkeit in einen spontanen, freien und genussvollen Malprozess, der sich in Ruhe entfalten darf. Die eigene innere Fülle an Bildern, Farben und Formen kann in diesem geschützten und wertfreien Raum frei herausgemalt werden", erklärt Barbara Junghans. Im Malort gebe es kein richtig oder falsch, gelungen oder missraten, begabt oder unbegabt.
"Es ist eine andere Art des Vorgehens", sagt die Meyenburgerin, die 2021 bei Arno Stern eine Ausbildung in der Methode des Malortes absolvierte. Sie spricht von einem Malspiel – auch ein von Arno Stern geprägter Begriff. Ein Spiel, bei dem es feste Regeln gibt. "Die Bilder verlassen den Malort nicht. Sie werden weder ausgestellt, noch Verwandten oder Freunden gezeigt." In der Malgruppe selbst werde nicht über die Bilder gesprochen. Junghans, die seit 2021 auch in der diakonischen Jugendhilfe-Einrichtung Petri und Eichen in Bremen einen Malort betreut, hat festgestellt: "Viele erleben es als Befreiung, für sich selbst zu malen und ihre Bilder nicht der Bewertung anderer auszusetzen." Es gehe darum, beim Malen dem eigenen inneren Impuls zu folgen und wahrzunehmen: Das, was dabei entsteht, ist gut. "Das fördert auch das Selbstbewusstsein".
Barbara Junghans versteht sich denn auch nicht als Leiterin, die Techniken vermitteln, Tipps gibt oder korrigiert. Sondern als "Maldienende", die Blätter, Farben, Pinsel und alles andere bereitstellt, was es für das Malen braucht.
Im Stehen malen
Für das Malspiel wird der Malort, der über einen eigenen Eingang verfügt, besonders ausgestattet. Junghans hat dafür den 20 Quadratmeter großen ehemaligen Jugendraum komplett verkleidet: auf Holzlatten angebrachte, mit Packpapier bespannte Pinnwände bedecken die über drei Meter hohen Wände und sogar die Fenster. An diese Pinnwände werden die Malenden weiße Blätter heften und dann im Stehen malen. Der gesamte Raum steht ihnen dabei zur Verfügung. "Die Bilder können vom Fußboden bis zur Decke wachsen, das lässt sich dort ausprobieren", sagt Junghans. Solche im Malspiel gewonnenen Erfahrungen könnten auch dazu ermutigen, im eigenen Leben mehr zu wagen.
Derzeit ist sie dabei, den Palettentisch vorzubereiten. Der wird in der Mitte des Raumes platziert. 18 Farben werden zur Wahl stehen, für jede Farbe wird es drei Pinsel in unterschiedlichen Stärken geben. Eine spezielle Tageslichtbeleuchtung sorgt für eine gleichbleibende Ausleuchtung des zur Außenwelt hin abgeschirmten Raumes.
Zum Konzept des Malortes gehört der generationsübergreifende Ansatz. Erwachsene, Kinder, Jugendliche oder Großeltern – alle könnten mitmachen. Das Malen in gemischten Gruppen habe den Vorteil, dass es nicht zu Vergleichen untereinander komme. Für den Start plant Junghans mit einer Gruppe von sieben Personen, die sich einmal in der Woche treffen. Sie denkt dabei zunächst an 20 Termine. Sich einzulassen auf den Malort mit seinem besonderen Ansatz – "das braucht etwas Zeit", sagt sie.
Anfang September soll das Projekt starten, das die EWE-Stiftung mit 5000 Euro unterstützt. Für die Malenden ist die Teilnahme nicht kostenlos, ein Kostenbeitrag ist laut Junghans geplant.