"Die Schwaneweder Schulen brauchen dringend Hilfe." Der Appell von Thorsten Lesemann im Schulausschuss der Gemeinde war eindringlich, fast flehend. Lesemann ist Vorsitzender des Bildungsverbundes Schwaneweder Schulen (BISS). Der fordert von der Gemeinde vier Vollzeitstellen für Schulsozialarbeiter. Die Politik sah durchaus den Bedarf der Schulen, aber auch die Haushaltsnot der Kommune. So drehte sich im Ausschuss alles um die Frage: Wer soll die Schulsozialarbeiter bezahlen? Nach langer Diskussion lautete der Beschluss: Die Gemeinde soll Fördermöglichkeiten prüfen.
Angespannte Personallage
Derzeit gibt es nach Angaben der Gemeinde an der Waldschule in Schwanewede eine Sozialarbeiterin, außerdem eine Dreiviertel-Stelle an der Grundschule Heideschule, beide finanziert vom Land Niedersachsen. Für den Bildungsverbund erläuterten Heideschulleiter Thorsten Lesemann und Waldschulleiter Eugen Kolodziej, warum die Schwanewede Schulen vier zusätzliche, von der Gemeinde finanzierte Stellen, fordern. "Die personelle Situation in den Schulen ist angespannt", sagte Lesemann. Er nannte mehrere Gründe: die Aufnahme von Flüchtlingskindern in den vergangenen Jahren, Ausfälle von Lehrkräften durch die Corona-Pandemie, dazu kämen nun als weitere Herausforderung Flüchtlingskinder aus der Ukraine. "Die Krise trifft auf ein Schulsystem, das in den vergangenen Jahren ausgezehrt und ausgedünnt wurde. Wir wollen die neuen Schüler aufnehmen und willkommen heißen. Dazu braucht das System Schule aber Unterstützung."
Bislang hätten die Schwaneweder Schulen "mehr schlecht als recht" dank guter Ganztagsarbeit und mit viel Engagement die Situation gemeistert, sagte Waldschulleiter Eugen Kolodziej. "Aber jetzt geht das einfach nicht mehr." Kolodziej zog einen Vergleich: Für 1350 Schwaneweder Waldschüler gebe es eine vom Land bezahlte Schulsozialarbeiterin, eine Schule in Bremen mit halb soviel Schülern habe hingegen fünf Schulsozialarbeiter.
Flüchtlinge besser integrieren
Die Schwaneweder Schulen versprechen sich viel von den geforderten Gemeinde-Schulsozialarbeitern. Im Antrag des Bildungsverbundes heißt es dazu: Sie sollen helfen, dass Flüchtlingsfamilien besser in der Gemeinde ankommen und sich schneller integrieren, bei Behördengängen unterstützen, eine Brücke schlagen zwischen Schule, Schülern und Elternhaus, bei schulischen, psychosozialen und familiären Problemen beraten. In Zusammenarbeit mit Lehrkräften sollen die Gemeinde-Schulsozialarbeiter "Konzepte für den Umgang mit sozial-emotional auffälligen Schülerinnen und Schülern erarbeiten". Auch eine Verzahnung mit der Jugendsozialarbeit in der Gemeinde ist vorgesehen.
Vier Stellen für sechs Schulen
Die Vorstellungen des Bildungsverbundes sehen vor, die vier Vollzeitstellen zeitlich gestaffelt auf sechs Schulen zu verteilen. Eine volle Stelle für die Waldschule und eine Dreiviertel-Stelle für die Dreienkampschule sollen noch im laufenden Schuljahr geschaffen werden, eine weitere Dreiviertel-Stelle für die Heideschule ab dem Schuljahr 2022/23 sowie jeweils eine halbe Stelle für die Grundschulen in Neuenkirchen und Beckedorf ab dem Schuljahr 2022/23 und für die Grundschule Meyenburg ab dem Schuljahr 2023/2024.
Vier Schulsozialarbeiter würden die Gemeinde jährlich rund 240.300 Euro kosten, hat die Verwaltung ausgerechnet. "Das gibt der Haushalt derzeit nicht her" sagte Andreas Wellborg, Leiter des Fachbereiches Finanzen bei der Gemeinde. Hier sieht man ohnehin das Land Niedersachsen in der Pflicht. "Das Land ist zuständig, die Stellen zur Verfügung zu stellen und zu finanzieren", sagte Wellborg. Dem widersprach Thorsten Lesemann. "In Niedersachsen wird Schulsozialarbeit vor allem durch das Land sowie die Landkreise und Kommunen finanziert", zitierte er eine Aussage der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Niedersachsen.
Frage der Finanzierung
Die Finanzierungsfrage war der Dreh- und Angelpunkt in der Diskussion. Da half auch der Appell von Lesemann nichts, das Problem "nicht zu verschieben" und zu warten, bis das Land Stellen schafft: "Wie brauchen jetzt Unterstützung. Wir bitten Sie inständig darum, ihre Schulen wetterfest zu machen." Lediglich Arnold Neugebohrn sagte für Die Linke: "Wir unterstützen den Antrag der Schulen uneingeschränkt." Die übrigen Fraktionen sahen zwar die Not der Schulen, hatten aber auch die Haushaltslage der Gemeinde im Blick. "Die Notwendigkeit für Schulsozialarbeiter steht für uns überhaupt nicht infrage", meinte Ulrich Klein (Bündnis 90/Die Grünen). "Wir haben aber akut keine Lösung, wie wir das mit unserem Haushalt vereinbaren können." Kerstin Knoll (CDU) sagte: "Wenn wir ein Plus im Haushalt hätten, würden Sie auch sechs Schulsozialarbeiter von uns bekommen. Wir haben aber ein Minus." Eine Förderung oder Kostenübernahme vom Land für die Stellen sollte geprüft werden, meinte Dominik Schmengler (SPD) und erhob das zum Antrag. Der wurde mehrheitlich angenommen. In der Sitzung am 8. Juni will sich der Fachausschuss erneut mit dem Thema befassen.