"Für die Baracke Wilhelmine war 2023 ein schwieriges Jahr" sagt Julia Schmengler. Mit dem Tod von Björn Herrmann im vergangenen April verlor die Gedenkstätte in Neuenkirchen ihren Leiter, Ideengeber und Motor zahlreicher Projekte. Im Sommer starb mit Cornelia Naceur ein weiteres Mitglied des Teams. Der Verlust von gleich zwei Aktiven traf die ohnehin kleine Riege ins Mark. Hinzu kam, dass mit Harald Grote ein über viele Jahre sehr engagierter Ehrenamtlicher aus Altersgründen kürzer trat. Es war ruhig geworden um den Dokumentations- und Lernort, in dem eine Dauerausstellung über die Rüstungslandschaft und das Lagersystem zwischen Schwanewede und Farge in der NS-Zeit und die Nachkriegsnutzung des Geländes informiert.
Doch nun geht es wieder voran in der Baracke Wilhelmine, die seit 2004 vom Verein Heimatfreunde Neuenkirchen betrieben wird. Mit Julia Schmengler ist eine neue Leiterin für die Gedenkstätte gefunden worden. Die 39-Jährige ist Geschichtslehrerin an der Waldschule Schwanewede. Seit vier Jahren arbeitet sie ehrenamtlich in der Baracke Wilhelmine mit. "Als Geschichtslehrerin finde ich es wichtig, sich mit der Geschichte vor Ort zu beschäftigen", sagt Julia Schmengler, die nach eigenen Worten schon im Studium einen Schwerpunkt auf die neuere und neueste Geschichte und besonders auf die NS-Zeit legte.

Die Geschichtslehrerin möchte die Gedenkstätte verstärkt zu einer Anlaufstelle für Schülergruppen entwickeln.
Die neue Leiterin der Gedenkstätte hat sich mit ihrem Team, zu dem neben Harald Grote auch Ronald Bartscherer gehört, einige Ziele gesetzt. Die aufgrund der Umbrüche im vergangenen Jahr heruntergefahrenen Aktivitäten sollen wieder angeschoben werden. "Wir wollen zeigen, dass es uns noch gibt und die Baracke wieder zugänglicher für die Öffentlichkeit machen", sagt Julia Schmengler. Ein neues Faltblatt mit Informationen zur Gedenkstätte, der Ausstellung und zur Geschichte der Baracke sei in Arbeit.
Feste Öffnungszeiten geplant
Derzeit ist die Baracke nur nach vorheriger Anmeldung für einzelne Besucher oder Gruppen geöffnet. Feste Öffnungszeiten sind deshalb das Ziel. "Wenn wir das hinkriegen könnten, wäre das ein guter Schritt." Die Leiterin denkt dabei an stundenweise Öffnungszeiten, wöchentlich oder zweiwöchentlich. Dafür brauche es aber eine Kraft. Vielleicht auch eine Festangestellte? Sie sei in Gesprächen mit der niedersächsischen Gedenkstättenstiftung, lässt Julia Schmengler wissen. "Wir überlegen gemeinsam, wie wir die Arbeit künftig auf stärkere Beine stellen können." Dabei gehe es auch um eine finanzielle Unterstützung.

Die Gedenkstätte Baracke Wilhelmine in Neuenkirchen.
Schulklassen und Schülergruppen können die Gedenkstätte für Projekte nutzen. So beschäftigten sich Schüler aus der Waldschule Schwanewede, aus Bremen und Italien im Rahmen des mehrjährigen, preisgekrönten Erinnerungsprojektes "In Ricordo" mit dem Schicksal ehemaliger italienischer Militärinternierter, die im Zweiten Weltkrieg für den Bau des U-Boot-Bunkers "Valentin" in Bremen-Farge eingesetzt wurden. Bei der Nutzung als Lernort sieht Julia Schmengler noch Potenzial. "Wir möchten die Baracke Wilhelmine verstärkt für Schülergruppen, aber auch für Studierende zur Verfügung stellen." Lehrkräfte können Klassen durch die Ausstellung führen, zur Vorbereitung für die Pädagogen gebe es auch eine Mappe mit Informationen zu den jeweiligen Themenbereichen. "In der Ausstellung lernen die Schüler, was in der NS-Zeit vor Ort in Schwanewede passierte." Das Thema Nationalsozialismus, das im Geschichtsunterricht für Schüler meist eher abstrakt bleibe, werde dadurch anschaulicher.
Seminarraum renoviert
Die Ausstellungsthemen können laut Schmengler außerdem in Workshops in der Baracke Wilhelmine vertieft werden. Dafür haben sie in der Gedenkstätte in den vergangenen Monaten einiges in die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung investiert. Der Seminar- und Vortragsraum ist renoviert und kommunikationstechnisch aufgerüstet worden. Monitor, Lautsprecher, Flipchart Moderationspult und -koffer stehen für Vorträge und Workshops zur Verfügung. Das Geld steuerten die Gemeinde Schwanewede und die Heimatfreunde Neuenkirchen bei.
Für Studenten, die für ein Studienprojekt in der Baracke recherchieren wollen, soll noch ein Arbeitsplatz im Archivraum eingerichtet werden. "Wir haben viele Originaldokumente, die eingesehen werden können", sagt Schmengler. Mit ihrem Team hat sie in den vergangenen Monaten im Archiv Ordnung geschaffen. "Wir haben alle Dokumente durchgesehen, sortiert und entsprechende der Ausstellungschronologie archiviert." In einem nächsten Schritt wollen wir alles digitalisieren und auch überlegen, wie wir das eine und andere in die Ausstellung integrieren können."
Was die neue Leiterin besonders freut: "Es haben sich drei Interessenten gemeldet, die ehrenamtlich in der Baracke mitarbeiten wollen." Im April wird es ein erstes Kennlerntreffen geben, dort soll dann auch darüber gesprochen werden, wer sich wie einbringen will.