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Jahrhundertleben Der Hundertjährige, der gern in den Stadtpark geht

Der frühere Schwaneweder Polizeichef Werner Kuck feierte im März seinen 100. Geburtstag. Das Geheimnis der Hochbetagten...
27.05.2022, 10:40 Uhr
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Der Hundertjährige, der gern in den Stadtpark geht
Von Patricia Brandt

Morgens kauft sich Werner Kuck den Weser-KURIER im Laden nebenan, nachmittags spaziert er mit seiner Freundin durch den Stadtpark in Osterholz-Scharmbeck. Nichts Besonderes? Für unter Hundertjährige vielleicht. Wie der frühere Chef der Schwaneweder Polizeistation es geschafft hat, so alt zu werden.  

Werner Kuck ist am 24. März 1922 geboren. Der runde Geburtstag liegt inzwischen schon einige Monate zurück, die ganze Familie war im Pflegeheim in Osterholz-Scharmbeck zu Besuch. Auch Werner Kucks „kleine“ Schwester Christa, die inzwischen 94 Jahre alt ist und in einem Bremer Pflegeheim wohnt.

Aufwachsen in den Goldenen Zwanzigern

Ursprünglich kommt Werner Kuck aus Wriezen in Brandenburg. „Mein Vater war bei der Eisenbahn, aber sein Hobby war das Eisgeschäft. Damals hat es noch kein Eis gegeben. Er hat damit angefangen, welches zu verkaufen.“ Die Mutter betrieb bei Festlichkeiten den Eisstand und der Junior wurde bei der Herstellung eingebunden: „Ich musste das Eis drehen." Als Werner Kuck sieben Jahre alt war, starb sein Vater plötzlich an einer Blinddarmentzündung: „Das wurde damals nicht operiert. Ich weiß noch, ich bin zum Krankenhaus hingefahren und habe durchs Fenster mit ihm gesprochen. Er lag da allein in einem Einzelzimmer.“ 

Immer mehr ältere Menschen

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2021 waren zuletzt 20.465 Menschen 100 Jahre und älter. Exakt 3523 mehr Hochbetagte als im Jahr 2019. Im Landkreis Osterholz ist Werner Kuck nicht der älteste: Eine Dame feierte laut Kreisverwaltung kürzlich ihren 109. Geburtstag. Ob es an der Lebensweise liegt oder ob neben strukturellen Geschlechterunterschieden auch genetische Aspekte eine Rolle spielen, dazu forscht die Wissenschaft noch. Werner Kuck hat nie speziell auf die Ernährung geachtet. „Es gibt nichts, was er nicht isst“, berichtet Werner Kucks Sohn Karl-Heinz Kuck.  

Als Panzerfahrer nach Russland

Dass er ein „Alles-Vertilger“ sei, habe mit dem Krieg zu tun gehabt, sinniert Werner Kuck, „weil es da so wenig zu Essen gab.“ Für den Kriegsdienst hatte sich der damals 21-Jährige nach seiner kaufmännischen Lehre bei den Neustettiner Stadtwerken freiwillig gemeldet. „Ich war bei den Panzerfahrern. Wir mussten nach Russland und wurden zwei Mal abgeschossen.“ Splitter einer Granate stecken noch in seiner Schulter. „Sie wollten sie damals nicht raus machen, aber sie stören mich auch nicht.“ Später wurden die Panzer per Güterzug quer durch Deutschland gefahren. Werner Kuck war gerade in Süddeutschland, als der Krieg endete: „Die Amerikaner haben mich nach Hause geschickt.“ Was denkt er heute über den Ukraine-Krieg? „Krieg ist immer schädlich, ich bin nicht dafür.“

Schnaps zur Hochzeit

Nachkriegszeit: Deutschland lag in Schutt und Asche. Werner Kucks Mutter war nach Brillit bei Bremervörde evakuiert worden. Werner Kuck bewarb sich deshalb in der Region bei der Polizei. Als Dorfpolizist in Rhade lernte er später seine Frau Gesine kennen. „Wir hatten nichts, in unserem ersten Zimmer gab es überhaupt keine Einrichtung.“ Als Überraschung spendierten Gäste schwarzgebrannten Schnaps zur Hochzeit. "Ich durfte nichts davon wissen", erinnert er sich lächelnd. Mit Gesine bekam er drei Söhne, feierte 2019 Gnadenhochzeit.

Polizei heute und früher

Werner Kuck wurde mehrfach befördert. 1964 sollte er die Polizei in Schwanewede aufbauen: „Da wollte ich aber nicht hin, da war ja nichts – außer Schotterwege und Baracken. Aber nachher war es ganz schön“, sagt der Hundertjährige. Kuck sorgte dafür, dass die Polizei ein eigenes Gebäude bekam und zog in die oberste Etage. Dort war er Tag und Nacht für die Schwaneweder erreichbar. Der Senior erinnert sich an einen Fall: „Jemand klingelte nachts, weil in der Gaststätte an der Ostlandstraße eingebrochen würde.“ Der Polizeichef stürzte raus und verfolgte den Täter zu Fuß. „Ich bin in ein Hasenloch getreten und habe mir das Knie verletzt, aber ich habe ihn gekriegt.“ Der Hundertjährige lächelt bei der Erinnerung. Kuck baute übrigens nicht nur die Polizeidienststelle mit auf, er war vor mehr als 70 Jahren auch Gründungsmitglied der Polizeigewerkschaft.

Das Geheimnis der Hochbetagten

Wie wird man 100 Jahre alt? Werner Kuck zuckt die Achseln. „Ich habe immer viel Sport gemacht.“ Als Mitbegründer der DLRG in Schwanewede gab er Schwimmunterricht und schwamm auch selbst viel. „Dann gab es den Waldlauf, 3000 und 5000 Meter. Da habe ich auch immer mitgemacht“, erinnert er sich. Dazu kamen Wanderurlaube: „Damals hatte meine Frau eine richtige Bergsteigerausrüstung angeschafft – mit Kniebundhosen.“ Tägliche Spaziergänge gehören noch heute zu seinem Programm. Morgens zum Zeitungsladen, nachmittags in den Stadtpark. Dort sitzt er oft auf einer Bank und klönt mit seiner Freundin aus dem Pflegeheim: „Der Geist muss angeregt werden", rät er allen, die ein langes Leben anstreben. Er selbst wünscht sich Gesundheit: "Ich bin froh, dass alles noch einigermaßen zusammenhält."

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