Schwanewede. „Die Lage spitzt sich zu“, sagt Dieter von Bistram, Vertreter von Bürgermeisterin Christina Jantz-Herrmann und Leiter des Fachbereichs Ordnung und Sicherheit im Schwaneweder Rathaus. Gemeint ist der erhebliche Anstieg Asylsuchender, die von der Gemeinde aufgenommen werden müssten, für die aber noch kein Wohnraum gefunden worden ist.
Für die Sitzung des Ratsausschusses für Bau, Feuerschutz und Gefahrenabwehr an diesem Donnerstag (17 Uhr, Rathaus) hat von Bistram eine Mitteilung über die aktuelle Flüchtlingssituation in Schwanewede verfasst. Danach hat die Gemeinde nach einer Berechnung des Landkreises Osterholz, Stand 20. Januar, noch 60 Menschen aufzunehmen, um die Verteilungsquote zu erfüllen. Inzwischen seien zwar fünf von ihnen untergebracht worden, sagt von Bistram. Für die anderen aber gebe es aktuell keine Unterkunft oder Wohnung.
Ziel: Handlungsfähig bleiben
Im Ranking der Osterholzer Gemeinden nimmt Schwanewede damit den letzten Platz ein. Insgesamt konnte der Landkreis am 20. Januar 171 Flüchtlingen keine Unterkunft bieten, den er ihnen nach dem für Deutschland geltenden Verteilungsschlüssel hätte gewähren müssen. In der Stadt Osterholz und in Grasberg sind jeweils noch 17, in Hambergen acht, in Lilienthal 47, in Ritterhude 18, in Schwanewede 60 (55) und in Worpswede noch fünf Asylbewerber unterzubringen.
Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB) hatte Städte und Kommunen am 30. November 2021 gewarnt, dass die Zugangszahlen von Asylsuchenden sehr stark angestiegen seien. Deswegen und auch wegen der Corona-Pandemie, so die LAB, sei man an die Aufnahme- und Kapazitätsgrenzen gekommen. Und weiter: Um die Landesaufnahmebehörde aufnahme- und handlungsfähig zu erhalten, sehe man sich gezwungen, die Zahl von Asylbewerbern, die den Kommunen zugewiesen werden, unverzüglich und deutlich zu erhöhen. Das bedeutet konkret: Seit Anfang Dezember muss im Landkreis Osterholz wöchentlich zehn Asylsuchenden unterschiedlicher Herkunft ein Dach über dem Kopf angeboten werden. Für die Realisierung dieser Aufgabe sind die Gemeinden zuständig.
Schwanewede: Möglichkeiten ausgeschöpft
In Schwanewede leben rund 20.400 Einwohner, darunter aktuell 303 Geflüchtete. Weil aber momentan noch für 55 weitere Wohnraum gesucht wird, stehe die Gemeinde vor erheblichen Herausforderungen, sagt von Bistram. Zumal der angespannte Wohnungsmarkt, der Personal- und Platzmangel in den Kitas und Schulen sowie Rückschritte bei der Integration in Arbeit und Gesellschaft die Arbeit der Kommune schon jetzt erheblich erschwere. Und die Möglichkeiten, Geflüchtete in gemeindeeigenen Unterkünften oder gemieteten Wohnungen unterzubringen, seien ausgeschöpft.
Leider ist nach den Worten des Stellvertreters der Bürgermeisterin im Gegensatz zur Flüchtlingskrise 2015/16 auch die Bereitschaft in der Bevölkerung gesunken, privatem Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dieter von Bistram: „Deshalb will die Verwaltung jetzt die Diskussion anstoßen, wie Asylsuchenden Wohnraum angeboten werden kann.“ Man könne beispielsweise versuchen, Wohnungen oder Häuser zu kaufen, Wohncontainer mieten oder auch, zumindest vorübergehend, Kasernen im Gewerbegebiet Neuenkirchen nutzen. Obwohl Wohnen in Gewebegebieten eigentlich nicht erlaubt sei.