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Mehr Nachhaltigkeit Weniger wegwerfen – mehr reparieren

Ob Bohrmaschine, CD-Player oder Fritteuse: Das Team des Repaicafés vom Seniorenbeirat Schwanewede versucht jedes Gerät zu reparieren. Die Ehrenamtlichen wollen damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.
06.02.2022, 18:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt

Auf den Tischen des Werkraums liegen eine Bohrmaschine, die nicht mehr bohrt und eine Fritteuse, deren Arm sich weigert, die Pommes zu wenden. Dahinter eine Kaffeemaschine, die kein Wasser mehr ansaugt, und ein alter Plattenspieler, bei dem ein Hebel abgebrochen ist. Es folgen ein CD-Player, bei dem die Schublade klemmt und die sich nur mit viel Überredungskunst öffnen lässt, und auch ein Telefon, das mit Alsterwasser übergossen wurde, so dass auf dem Display keine Anzeige mehr erscheint.

Mehr als 40 Leute hatten sich zum ersten Repaircafé des Seniorenbeirats Schwanewede angemeldet, um Elektrogeräte oder Haushaltsgegenstände reparieren zu lassen – kostenlos, durch ehrenamtliche Helfer. Bezahlt werden nur Ersatzteile, die eventuell bestellt werden müssen. Käte Baumann, Vorsitzende des Seniorenbeirats, hat zusammen mit dem Ideengeber Heinz Zimmermann ein halbes Jahr lang das neue Projekt geplant. „Für diesen Tag können wir nur 32 Leute berücksichtigen, doch wir wollen das Repaircafé jeden Monat stattfinden lassen“, sagt Heinz Zimmermann, der in der Begegnungsstätte Seniorenberatung macht.

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Insgesamt zehn Techniker und fünf Helfer stehen zur Verfügung, um die vielen Anfragen nach einem strengen Zeitplan zu bearbeiten, darunter auch ein Radio- und Fernsehtechniker. „Und ein weiterer Ehrenamtlicher unterstützt bei der Einstellung von Handys“, sagt Käte Baumann, die mit zwei weiteren Frauen im Café für Helfer und Besucher Kaffee kocht.

Nach den Corona-Vorschriften darf nur eine begrenzte Zahl von Leuten in den Werkraum im Keller der Begegnungsstätte, in dem die Reparaturen stattfinden. Auch ein Sicherheitscheck war angesichts der vielen Elektroartikel notwendig, den ortsansässige Firmen durchgeführt haben.

Wer etwas reparieren lassen wollte, musste sich spätestens eine Woche vorher anmelden und auch vermerken, welche Geräte er oder sie mitbringen wird. Im Zehn-Minuten-Takt wurde dann eine begrenzte Zahl von Leuten mit ihren Geräten in den Raum gelassen. „Wir haben nach einer Anmeldung vorab schon ein Feedback gegeben, ob der Gegenstand reparierbar ist oder nicht“, sagt Heinz Zimmermann, „doch manchmal waren die Angaben auch zu ungenau, wenn zum Beispiel jemand nur vermerkt hat, dass der Rasierapparat kaputt ist.“

Angesichts der immensen Vielfalt an Geräten, die heute in Wohnungen stehen, kann jedoch beileibe nicht jeder Besucher zufriedengestellt werden: „Wir verfügen zwar über eine Werkstatt, aber über kein Lager für Ersatzteile“, sagt Zimmermann. Deshalb müssten manche Teile erst bestellt werden. Doch Daniel Stingl, der als Techniker beim Repaircafé im Einsatz ist, hat noch eine andere Lösung aufgetan: „Zuhause verfüge ich über einen 3D-Drucker, mit dem ich viele Ersatzteile selber ausdrucken kann“, sagt er, „zum Beispiel für Kleingeräte wie diesen Fenstersauger, mit dem sich Glasscheiben reinigen lassen.“ Mittlerweile seien die einst teuren 3D-Drucker für 200 bis 300 Euro zu haben, und mit ihnen lassen sich Objekte von sehr stabiler bis flexibler Konsistenz ausdrucken. „Ich habe damit zum Beispiel eine kleine Schaufel für meine Tochter ausgedruckt, was sich allerdings finanziell kaum lohnte – effektiv sind diese Drucker vor allem, wenn es um Ersatzteile oder schwer zu beschaffende Gegenstände wie zum Beispiel eine spezielle Lampenhalterung geht“, sagt Daniel Stingl.

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Ob in einem Elektrogerät noch Leben steckt, kann er mit einem Oszilloskop ermitteln: Es macht elektrische Spannungen in ihrem zeitlichen Verlauf auf einem Bildschirm sichtbar und ist für alle möglichen Elektrogeräte einsetzbar, so Stingl.
Die ehrenamtlichen Helfer verfügen zwar über ein großes Sortiment an Werkzeugen, wie zum Beispiel eine Präzisions-Schrauben-Werkstatt, die mit großen bis winzigen Schrauben bestückt ist – dennoch kann nicht alles, was in den Werkraum gebracht wird, erfolgreich repariert werden. „Dann müssen die Leute ihre Sachen wieder mitnehmen, schließlich können wir hier kein Lager einrichten“, sagt Heinz Zimmermann.

„Wir möchten erreichen, dass die Leute weniger wegschmeißen und damit etwas in Richtung Nachhaltigkeit bewirken“, sagt Heinz Zimmermann. „Man weiß natürlich nicht, wie viele Sollbruchstellen oder schnell verschleißende Teile absichtlich von den Firmen eingebaut werden, um den Absatz zu steigern. Aber es gibt auf jeden Fall solche Artikel, bei denen ein frühes Kaputtgehen gleichsam vorprogrammiert ist“, sagt Mitarbeiter Daniel Stingl.

Zur Sache

Reparatur mit Anmeldung

Das Repaircafé in der Begegnungsstätte Schwanewede, Ostlandstraße 25, findet jeden ersten Sonnabend im Monat, von 14 bis 17 Uhr, statt. Wer etwas reparieren lassen will, kann sich unter Telefon 0 42 09/91 46 53 oder unter der E-Mail-Adresse repaircafe@seniorenbeirat-schwanewede.de anmelden. Bei einer Anmeldung, die spätestens eine Woche vor dem jeweiligen Termin erfolgen muss, ist anzugeben, was repariert werden soll und eine Telefonnummer zu hinterlassen. Wer sich angemeldet hat, wird per Rückruf informiert, ob eine Reparatur möglich ist und zu welcher Uhrzeit sie an dem jeweiligen Termin stattfinden wird.

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