Erschüttert, entsetzt, enttäuscht – so hat die Politik in Schwanewede am Mittwoch auf die bekanntgewordenen Pläne der Logistikschule in Garlstedt reagiert, den Standortübungsplatz in Schwanewede für das Fahrtraining teilweise weiterhin nutzen zu wollen. Von Wortbruch ist die Rede. Davon dass die Planungen für die Nachnutzung der Kaserne bei Null wieder anfangen müssten. Wenn sie denn überhaupt weitergehen sollen.
In Stellungnahmen zeigten sich die Vorsitzenden der Fraktionen und der Gruppe FDP/Linke überrascht und verärgert über die Ankündigung aus Garlstedt. Dass der Übungsplatz aufgegeben werden sollte, sei von der Bundeswehr bislang nie infrage gestellt worden, hieß es übereinstimmend. Im Gegenteil: "Die Zusage, dass das Gelände komplett freigezogen werden soll, ist immer wieder erneuert worden. Es war nie die Frage, dass, sondern wann es freigezogen wird", sagt SPD-Fraktionschef Björn Herrmann. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Ronald Grzeschik wird noch deutlicher: "Wir sind erschüttert, dass wir so kalt erwischt werden und man uns vorher nicht reinen Wein eingeschenkt hat." Dörte Gedat, die Chefin von Bündnis 90/Die Grünen, spricht von einem "Ding der Unmöglichkeit." Sie sei "entsetzt und enttäuscht, dass nicht Wort gehalten wurde." Auch der Zeitpunkt der Information aus Garlstedt könnte laut Gedat unpassender nicht sein. "Der Konversionsprozess läuft seit zehn Jahren. Und nun, kurz vor den anstehenden Kaufverhandlungen, platzt diese Ankündigung hinein."
Arnold Neugebohrn, Vorsitzender der Gruppe FDP/Die Linke, sagt: "Wir hatten uns darauf verlassen, dass die Bundeswehr zu ihrem Wort steht, das Gelände zu räumen. Was sich jetzt abspielt, ist skandalös." Verwaltung und Politik hätten viel Arbeit in die Konversionsplanung gesteckt, Geld sei investiert worden. "Jetzt, wo sich endlich etwas konkretisiert, wird alles hinfällig und wir müssen wieder bei Null anfangen", wettert Neugebohrn. Weniger emotional sieht es der Vorsitzender Wählergemeinschaft, Bernhard Wendelken. "Im ersten Moment waren wir erschrocken. Aber jetzt in Panik zu verfallen, halten wir für verfrüht." Bislang habe die Gemeinde nur die Informationen vom Vertreter der Logistikschule. "Wir sollten erstmal in Ruhe die Antwort des Verteidigungsministeriums auf das Schreiben der Bürgermeisterin abwarten."
Die Politik sieht den Konversionsprozess gefährdet
Wie und ob es weitergeht mit der Planung für die Nachnutzung der Kaserne, sollte das Übungsgelände weiterhin genutzt werden, das ist die Frage, die jetzt alle bewegt. Die Politik sieht den Konversionsprozess gefährdet. Aber nicht alle sehen ihn deshalb zwangsläufig vor dem Aus. Das Nachnutzungskonzept in der Form, wie es jetzt vorliege, werde nicht umgesetzt werden können, sollte die Bundeswehr weiter in Schwanewede üben, heißt es übereinstimmend vonseiten der Politik. Die Fahrschulstrecke liege direkt gegenüber der geplanten Wohnbebauung. Ob das mit Wohnen verträglich ist, sei fraglich, meinte etwa Ronald Grzeschik. Noch wisse man nicht, welche und wie viele Fahrzeuge auf dem Gelände üben werden. "Wir müssen schauen, ob wir ein anderes Konzept entwickeln oder die Konversionsplanung komplett einstampfen."
Er habe die Befürchtung, dass es nicht bei der Fahrschulausbildung auf den Bahnen nördlich der Straße An der Kaserne bleibe, sagt Björn Herrmann. Was, wenn die Bundeswehr auch den südlichen Teil des Übungsgeländes weiter nutzen wolle, der nach den Konversionsplänen Naturschutzgebiet vorsehe? "Das würde die Attraktivität der geplanten Wohnbebauung verschlechtern." Hinzu komme das Verkehrsproblem. Er sehe den Konversionsprozess gefährdet aber nicht unbedingt am Ende, so Herrmann. Wegen der zu erwartenden Nutzungskonflikte zwischen der Wohnbebauung und dem Bundeswehrbetrieb werde man um eine neue Planung nicht umhinkommen, so sieht es auch Arnold Neugebohrn. "Im Prinzip ist erstmal alles infrage gestellt." Die Gemeinde sollte die Kaufoption für das Kasernengelände trotz der neuen Entwicklung "zurzeit nicht aufgeben." Es müsse aber geprüft werden, ob ein Ankauf des kompletten Kasernengeländes noch sinnvoll sei. "Das kostet wieder Zeit und Geld."
Es sollten deshalb besser "alle Hebel in Bewegung gesetzt werden", dass es nicht so kommt, wie es die Pläne der Garlstedter Logistikschule vorsehen, meint Neugebohrn. "Wir müssen die Pläne unbedingt verhindern. Sonst ist der Konversionsprozess begraben", so sieht es auch Dörte Gedat.