Bornreihe. Sie hatten es flach versucht, mit Doppelpässen, schnellen Kombinationen über die Außen und scharfen Flanken vor das Tor. Und sie hatten sich Chancen erspielt. Viele sogar. Und doch deutete alles darauf hin, als müsste sich der SV Blau-Weiß Bornreihe im Heimspiel der Fußball-Landesliga mit einem 1:1-Unentschieden gegen die fast ausschließlich mauernde SV Teutonia Uelzen begnügen. Doch dann segelte ein Ball aus dem Halbfeld in den Uelzener Strafraum, ein Verteidiger sprang unter ihm hindurch und Philip Bähr ließ ihn zu Kai Diesing tropfen. Der hätte sofort schießen können, ahnte aber offenbar instinktiv, dass ein Gegenspieler heranrauschte, um sich in den Abschluss zu werfen. Also touchierte der 30-Jährige den Ball mit der Sohle nur leicht, ließ den Uelzener ins Leere rutschen und markierte mit der Pike den Siegtreffer. Sein Geniestreich bescherte den "Moorteufeln" drei Punkte.
"Das ist Qualität", kommentierte Trainer Frank Meyer, der während seiner aktiven Zeit selbst einige späte Tore auf dem Platz bei Postels erlebt hat, den Treffer. Und er hatte recht: So abgezockt lösen wohl nur wenige Landesliga-Fußballer diese Situation unter diesem Druck. Denn ein Unentschieden wäre aus Bornreiher Sicht zu wenig gewesen. "Das hätten wir zur Not auch mitgenommen", sagte Nils Gresens, Meyers Trainer-Partner, zwar. Aber lange Gesichter hätte es im Lager der Blau-Weißen dennoch mit Sicherheit gegeben nach einem Spiel, das aus Sicht der Gastgeber niemals so spannend hätte werden dürfen. "Wir haben es uns selbst zuzuschreiben, dass es überhaupt in diese Richtung ging. Chancen waren genügend da, die muss man dann einfach mal nutzen – gerade wenn es ein Geduldsspiel ist. Das war das Problem", monierte Gresens.
Menger trifft die Latte
Gelegenheiten hatten die "Moorteufel" in der Tat zur Genüge gegen ganz tief stehende Uelzener. Vor deren Fünferkette reihte sich ein dichtes Mittelfeld auf, selbst die offensiver ausgerichteten Andre Lankau und Johannes Barisch standen meist ganz tief in der eigenen Hälfte. Dieses Bollwerk bespielten die Bornreiher vor allem zu Beginn sehr dominant und mit wenigen Kontakten. Loris Menger, Kai Diesing und Jeremy da Rocha Nunes hätten in den ersten 20 Minuten bereits treffen können. Danach verebbte der erste Schwung etwas, ehe sich Menger, der nach einem Doppelpass mit Diesing die Unterkante der Latte traf, die größte Gelegenheit vor der Pause bot (31.). Auf der anderen Seite startete Uelzen zwei Konter. Den ersten entschärfte Phillip Levitin gegen Barisch (31.), beim zweiten kam Kevin Kämpfer im Strafraum zu Fall. Es gab einen Kontakt, der reichte Schiedsrichter Tobias Frohböse aber offenbar nicht für einen Strafstoß (34.).
Viel mehr bot Uelzen lange Zeit offensiv nicht an. Dafür verteidigten die Gäste mit enormem Aufwand. Mit der Einwechslung von Philip Bähr zur zweiten Hälfte bekamen die Gastgeber mehr Präsenz im Strafraum, und das machte sich schnell bezahlt. Bähr behauptete sich nach einem Chipball von Fabian Linne stark und markierte die Führung (53.). Danach hätte der Joker die Partie allein entscheiden können. "Und wenn wir das 2:0 machen, dann passiert hier sehr wahrscheinlich auch nichts mehr", wusste Gresens. Doch was Bähr mit dem Fuß beim 1:0 gelungen war, wollte mit dem Kopf nicht klappen: Dreimal verfehlte er das Uelzener Tor. Die Teutonen wagten sich zwar weiterhin äußerst selten nach vorn, waren aber noch im Spiel und glichen tatsächlich durch David Böhms Distanzschuss aus (77.). "Wir haben es nach der Ecke schlecht verteidigt. Keiner rückt raus, alle parken am Sechzehner. Und dann passiert so ein Ding, das durch alle Mann durchfliegt", ärgerte sich Meyer. Allerdings lobte er ebenso wie Gresens die Reaktion der "Moorteufel" auf diesen Rückschlag aus dem Nichts.
"Wir sind ruhig geblieben und haben nicht kopflos gespielt", stellte Meyer zufrieden fest. Das, so Gresens, sei auch auf die bislang so erfolgreiche Saison zurückzuführen. "Durch die Siege und die Tabellenposition hast du das Selbstvertrauen, es weiter fußballerisch zu versuchen. Uns war bewusst, dass da noch was geht." Doch nachdem Bähr ein weiteres Mal gescheitert war (78.), Kämpfer beinahe ein Eigentor unterlaufen wäre (87.) und sowohl Diesing als auch Justin Dähnenkamp mit ihren Direktabnahmen keinen Erfolg gehabt hatten (88.), lief den Gastgebern die Zeit mehr und mehr davon. "Aber wir haben die Charaktere in der Mannschaft, die so ein Spiel dann noch entscheiden können", sagte Gresens. Und die auch die Qualität dazu haben, wie Diesing in der dritten Minute der Nachspielzeit eindrucksvoll unter Beweis stellte..