„Die Bauarbeiten haben begonnen.“ Dass dieser Satz mal in Verbindung mit dem Kaffee Worpswede ausgesprochen wird, darauf haben in Worpswede und umzu viele Menschen gewartet. Doch nun ist das Gebäude durch Bauzäune abgesperrt, und sowohl innen als auch außen wird fleißig gearbeitet, sodass das Bauwerk bald in neuem Glanze erstrahlen kann. „Wir kommen gut voran und es geht schneller als gedacht. Bislang gab es nur wenige Überraschungen“, sagt der zuständige Architekt Kim Wortelkamp vom Leipziger Büro Quartier vier.
Das Kaffee Worpswede ist wohl eines der ungewöhnlichsten Bauwerke Worpswedes. Als das von Bernhard Hoetger geschaffene Haus 1925 eröffnet wurde, diente es dem Zweck, die Worpsweder Kunst und das Kunsthandwerk bekannt zu machen und zu vermarkten. Nach jahrzehntelanger Nutzung, vielen Umbauten, einigen Restaurierungen und nachhaltiger Abnutzung ergab sich im Jahr 2019 die Gelegenheit, den Gebäudezustand und die Funktionalität umfassend zu betrachten. Das Ergebnis: Es ist eine baulich sehr komplexe Renovierung notwendig. „Bislang wurden verschiedene schadstoffbelastete Bauteile abgetragen, und auch der Rückbau verschiedener Bereiche hat begonnen“, sagt Wortelkamp und ergänzt: „Durch die Bauarbeiten haben wir herausgefunden, dass es sich bei dem Kamin im Inneren des Gebäudes um ein Plagiat handelt. Ein eifriger Fliesenleger hat es wohl irgendwann mal gut gemeint und das zerstörte Original detailgetreu nachgebildet.“
Warum die Wiederinbetriebnahme des Kaffee Worpswede so schwierig ist, wird bei einem Blick in die Innenräume deutlich. So sah das ursprüngliche Farbkonzept im Hauptraum neben dem vorherrschenden Ockerton ein helles Zitronengelb im unteren Bereich vor. Davon ist nichts mehr zu sehen, aber es finden sich auf alten Zeichnungen und Berichten Hinweise darauf. Ein weiteres Beispiel ist der Tresenbereich, hinter dem sich ein weitgehend abgetrennter Gastraum für geschlossene Gesellschaften befindet. Dieser ist nachträglich eingebaut worden, denn in der Zwischenwand lagen zwei reich verzierte Fenster hinter Verbretterungen verborgen, die zeigen, dass es sich vormals um eine Außenwand gehandelt hatte. Geht es nach der Kulturstiftung, sollen solche Details nun wieder sichtbar werden.
Weitreichender aber waren andere Eingriffe: Der Durchgang zur Großen Kunstschau wurde irgendwann zugemauert, genau dies sei aber die Schnittstelle, die das Gesamtwerk aus Sicht von Beate Arnold, wissenschaftliche Leiterin des Barkenhoff sowie künstlerische Leiterin der Großen Kunstschau, ausmache: die Verbindung von Kaffee und Museum; die „einladende Geste“ und die Möglichkeit, den Besuch des einen Teils mit dem des anderen als ein Ganzes zu betrachten. „Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, wird das Kaffee ein Besuchermagnet werden, da bin ich mir ganz sicher“, so Arnold.
Bauzaun erzählt Geschichte
Beim Design der Bauzäune, die das Kaffee Worpswede umrahmen, hat sich der Worpsweder Museumsverbund etwas Besonderes einfallen lassen. Die Farbe und die Schriftart ähneln den Details, die im und um das Gebilde zu erkennen sind. Darauf zu finden sind etwa verschiedene Sätze wie „Traditionen brechen und Neues schaffen“, „Ich umgebe mich mit meiner selbst“ oder „Hier wird im Namen der Kunst gebaut“. Außerdem werden einige Kunstwerke abgebildet und die Geschichte hinter dem Kaffee wird ausgiebig beschrieben. „Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht, wie wir den Zaun bespielen können, sodass es nicht wie eine typische Baustelle aussieht, sondern dass das Interesse der Touristen und Museumsbesucher geweckt wird. Auf den Zäunen wird der Mensch und Künstler Bernhard Hoetger beschreiben. So kann jeder verstehen, wer er war und warum er nach Worpswede gekommen ist“, sagt Daniela Guhl, Geschäftsführerin der Kulturstiftung Osterholz.
Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes soll rund 2,8 Millionen Euro kosten und aller Voraussicht nach im Laufe des Jahres 2025 abgeschlossen werden – genau 100 Jahre nach seiner ursprünglichen Eröffnung. So zumindest der Plan, der bereits Ende vergangenen Jahres im Kreistagsausschuss für Wirtschaft, Kultur und Tourismus vorgestellt wurde. „Dann gibt es etwas zu feiern und ich bin mir sicher, dass sich die umfangreichen Arbeiten lohnen werden. Auf das Ergebnis können wir uns, glaube ich, alle sehr freuen“, sagt Beate Arnold.