Der 27. Januar ist auch als Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts bekannt. An diesem Tag befreite die Rote Armee 1945 die Gefangenen des Konzentrationslagers Auschwitz, in dem unzählige Menschen während des Nationalsozialismus gequält und ermordet wurden. Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung werden bundes- und landesweit Gedenkveranstaltungen organisiert. Auch in Worpswede ist eine Aktion geplant. Zudem befasst sich in der Galerie Altes Rathaus eine Ausstellung mit der Thematik.
„An die Opfer und die Verbrechen der Nazis und ihrer Mitläufer zu erinnern, verharrt nicht in der Vergangenheit. Erinnern und Gedenken müssen mit der politischen Situation in unserem Land verbunden werden“, heißt es in einem Schreiben der Worpsweder Initiative „Nie wieder – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts“. Darin ruft die Initiative außerdem alle Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Worpswede dazu auf, sich am Montag, 27. Januar, um 17 Uhr auf dem Rosa-Abraham-Platz zu versammeln. Der Platz soll dabei in ein Kerzenlichtermeer verwandelt werden. Die Begrüßung übernimmt der Worpsweder Jochen Semken, danach gibt es noch eine Rede von Pastor Jörn Contag.
Vom Rosa-Abraham-Platz geht es danach für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Richtung Galerie Altes Rathaus. Dort wird derzeit die Ausstellung „Gegen das Vergessen“ gezeigt. Hans-Roland Becker präsentiert eine Foto-Dokumentation, die das Kriegsgefangenenlager Stalag X B in Sandbostel und die Abläufe im Kreis Osterholz-Scharmbeck, insbesondere in Worpswede, während der NS-Zeit thematisiert. Sie entstand unter Beteiligung des Heimat- und Geschichtsvereins Worpswede. „Die Ereignisse dürfen nicht in Vergessenheit geraten, auch die jüngeren Generationen sollen in der Ausstellung ein Gefühl dafür erhalten, was damals passiert ist“, sagt der Fotograf.
Hans-Roland Becker wohnt seit 25 Jahren auf der Schweizer Seite des Bodensees. Dass er nun einige seiner Fotografien in Worpswede ausstellt, ist einem kurzen Abstecher in den Künstlerort am Rande einer Seereise geschuldet. „Nie hätte ich gedacht, dass sich aus dieser Begegnung eine lange und innige Beziehung zur Landschaft, zum Ort und zu den dort lebenden Menschen entwickeln sollte“, sagt Becker. Seit einigen Jahren ist Becker Mitglied der Gruppe „Worpsweder Masterclass“, einem Zusammenschluss engagierter und erfahrener Freizeitfotografen. Auf der Motivsuche im Rahmen der Treffen ist sein Interesse an der Gedenkstätte Stalag X B in Sandbostel geweckt worden. „Es stellte sich mir die Frage, ob man dort fotografieren darf und wie es auf mich wirken würde. Je länger ich auf dem Gelände mit den Aufnahmen beschäftigt war, umso mehr fühlte ich, wie sich Betroffenheit und Ratlosigkeit breitmachten“, sagt Becker.
Schwierige Spurensuche
Die Suche nach Spuren der NS-Vergangenheit in Worpswede gestaltete sich für Becker schwierig. Er habe gemerkt, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg in vielen deutschen Gemeinden die Tendenz gab, die NS-Vergangenheit bewusst vergessen zu wollen. „Während und nach dem Krieg wurden zahlreiche Dokumente und Beweise in der Absicht vernichtet, die Verbrechen des NS-Regimes zu verbergen oder abzumildern. Die Veränderungen der Landschaft über Jahrzehnte hinweg macht es ebenfalls schwierig, jetzt noch historische Spuren zu finden“, so der Fotograf.
Becker bereitete es nach eigener Aussage Kopfzerbrechen, etwas visualisieren zu wollen, das teilweise nur in Fragmenten oder überhaupt nicht vorhanden ist. Er entschied sich in seiner Ausstellung für eine symbolische Darstellung, etwa einen Weg, der ins Leere führt, oder gekreuzte Bahnschwellen, die das Ende des Weges symbolisieren. Ergänzt werden die Bilder durch historische Aufnahmen aus den unterschiedlichen Archiven und mit Objekten aus der Gedenkstätte Sandbostel.
„Die Fotodokumentation soll als Mahnung für die Zukunft verstanden werden. Die Ausstellung fordert dazu auf, wachsam zu bleiben und aus der Geschichte zu lernen. Sie erinnert und außerdem daran, dass Freiheit, Menschenwürde und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind“, sagt Becker. Im Anschluss an die Versammlung auf dem Rosa-Abraham-Platz wird Burckhard Rehage vom Heimat – und Geschichtsverein Worpswede durch die Ausstellung führen.