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Raumbedarf wächst Gymnasien brauchen mehr Platz

Als die Riesschule vor wenigen Jahren saniert wurde, da galt das sogenannte Turbo-Abitur. Die Rückkehr zur 13. Jahrgangsstufe hat nun handfeste räumliche Folgen - nicht nur in Ritterhude.
21.01.2018, 14:13 Uhr
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Von Brigitte Lange, Gabriela Keller und Ulrike Schumacher

Das Abitur nach zwölf Jahren: Die schwarz-gelbe Landesregierung führte es 2004/2005 ein, Rot-Grün schaffte es 2015 als erstes Bundesland wieder ab. Dass Niedersachsens Schüler ihre Hochschulreife an Gymnasien nach 13 Jahren erwerben können, gilt folglich erstmals wieder für den Abschlussjahrgang 2021. Doch bereits jetzt machen sich die Weichenstellungen der Landesregierung im Landkreis Osterholz bemerkbar: Im Ritterhuder Gymnasium wird es eng. Die Gemeinde muss an der Riesschule neue Klassenzimmer schaffen. Die Kosten dafür übernimmt der Landkreis Osterholz. Er ist der Schulträger.

Ein Grund für die wachsende Raumnot ist, dass aus den Grundschulen mehr Schüler nachrücken. Zeitgleich mit der Wiedereinführung des Abiturs nach 13 Jahren hat die Regierung nämlich die Schullaufbahnempfehlung durch die Grundschulen abgeschafft. Nun liegt die Entscheidung, auf welche Schule sie ihre Kinder schicken, allein bei den Eltern. „Und viele glauben, ihr Kind müsse auf jeden Fall aufs Gymnasium“, sagt Gertrud Milthaler. Waren es früher etwa 30 Prozent eines Schülerjahrgangs, der von den Grundschulen ans Gymnasium wechselte, seien es heute gut 60 Prozent, berichtet die Leiterin des Ritterhuder Gymnasiums. Ob die Eltern ihren Kindern damit immer etwas Gutes täten, wisse sie nicht. „Am Ende gehen schließlich alle ins Zentralabitur.“

Am Gymnasium Lilienthal wird man die Raumnot in den kommenden beiden Jahren nicht spüren. Das Gymnasium ist sechszügig und wird es erstmal auch bleiben. „Wir gehen weiterhin von maximal sechs fünften Klassen aus“, sagt Wolfgang Jost, Noch-Schulleiter am Lilienthaler Gymnasium. Er geht zum 31. Januar in den Ruhestand. Ihm folgt ab 1. Februar Denis Ugurcu.

Die Schülerzahlen in den vierten Grundschulklassen ließen keinen sprunghaften Anstieg erwarten, sagt Jost. „Im nächsten und im übernächsten Jahr ändert sich nichts.“ Eine gewissen Raumbedarf gebe es am Gymnasium Lilienthal aber dennoch: Im kommenden Schuljahr werde der elfte Jahrgang wieder im Klassenverband unterrichtet, erhalte insofern einen eigenen Klassenraum, der dann für den Unterricht im Kurssystem ausfalle oder nur reduziert genutzt werden könne. Das führe dazu, dass der Stundenplan „ungeschmeidiger“ werde, wenn nicht mehr alle Räume eingeplant werden können.

Mit Platzmangel rechnet das Gymnasium Lilienthal allerdings defintiv für das Schuljahr 2020/21. „Dann müssen zehn bis 14 Unterrichtsräume hinzukommen“, blickt der Schulleiter voraus. Sowohl auf dem Grundstück der IGS als auch auf dem Schulhof des Gymnasiums soll es deshalb einen Erweiterungsbau geben. Der Schulausschuss habe die entsprechenden Vorschläge der Verwaltung schon befürwortet. Wolfgang Jost: „Spätestens 2019 müsste der Bagger loslegen.“

In Ritterhude werden schon früher Räume geschaffen. Bislang waren die fünften bis zehnten Klassen des Ritterhuder Gymnasiums am Standort Moormannskamp untergebracht, erklärt dessen Leiterin Gertrud Milthaler der Redaktion. Mit diesem Schuljahr ist jedoch der zehnte Jahrgang – der erste, der wieder nach 13 Jahren Abitur macht – an die Riesstraße ins Gebäude der Riesschule umgezogen. Aber selbst diese Maßnahme könnte eventuell nicht reichen, die Raumprobleme am Moormannskamp zu lösen. Sollten zum August 2018 mehr als 90 Fünftklässler am Gymnasium eingeschult werden, bräuchten sie vier Klassenzimmer. Milthaler: „Dann fehlt uns tatsächlich ein Raum.“ Noch lägen ihr die endgültigen Anmeldezahlen nicht vor. Sollte es wie befürchtet kommen, müsse sie mit dem Landkreis sprechen und das Raumproblem thematisieren. Ein Termin ist für Februar angepeilt.

Dass am Standort Riesschule bis zum Beginn des nächsten Schuljahrs neue Räume geschaffen werden müssen, ist unterdessen lange bekannt und unstrittig. Die Baupläne stünden, die Ausschreibungen für die Aufträge liefen, teilt die zuständige Sachgebietsleiterin der Gemeinde Ritterhude, Ute Marquardt, mit. 22 000 Euro hat die Gemeinde für den Umbau in ihren eigenen Haushalt eingestellt. Das Geld bekommt Ritterhude vom Landkreis erstattet, bestätigt Landkreis-Sprecherin Jana Lindemann der Redaktion.

„Als die Riesschule vor wenigen Jahren saniert wurde, galt das Abitur nach zwölf Jahren“, erklärt Ute Marquardt. Räume für eine 13. Jahrgangsstufe seien nicht vorgesehen gewesen. Auch sei das Gymnasium als zwei- bis dreizügige Schule geplant worden. „Jetzt sind wir drei- bis vierzügig; damit hatte niemand gerechnet“, ergänzt Gertrud Milthaler.

Marquart und Milthaler gehen von drei Klassenräumen aus, die in der Riesschule neu geschaffen werden müssen. „Zwei Räume haben wir noch“, bemerkt die Schulleiterin. Ein Reserveraum unterm Dach und der eigentliche Schüler-Aufenthaltsraum im Erdgeschoss des Riesgebäudes. „Die Schüler nutzen ihn nicht.“ Für den noch fehlenden dritten Klassenraum wird die gut 90 Quadratmeter große Schülerbibliothek im Dachgeschoss umgebaut: Auf 60 Quadratmetern wird künftig unterrichtet. Auf den verbliebenen 30 Quadratmetern wird die Lehrerbibliothek untergebracht. Deren bisheriger, größerer Raum wird zur neuen Schülerbibliothek. Damit dürften die Möglichkeiten so gut wie ausgeschöpft sein. Milthaler: „Wir schwimmen nicht in Raum-Reserven.“

Anders stellt sich die Situation am Gymnasium Osterholz-Scharmbeck dar. „Wir haben ein relativ großes Schulgebäude“, bemerkt Stefan Stamp-Focke. Auch hätten sie derzeit recht geringe Schülerzahlen im Stadtgebiet. „Deshalb müssen wir jetzt nicht direkt bauen“, blickt der Leiter des Gymnasiums gelassen dem Übergang von G 8 (Abitur nach zwölf Jahren) zu G 9 (Abitur nach 13 Jahren) entgegen. „Aber umbauen müssen wir trotzdem irgendwann“, stellt er fest. Stamp-Focke weist auf die Statistiken zur Schülerentwicklung hin. „Stimmen die Prognosen, werden wir wieder auf 1000 Schüler anwachsen; zurzeit sind es etwa 800 Schüler, und dann kommt ja auch noch der 13. Jahrgang dazu.“ Dank ihres Raumvorrats besäßen sie allerdings den Luxus, Zeit zum Planen zu haben, so Stamp-Focke.

G 8 oder G 9 – die Leiterin der Integrierten Gesamtschule Osterholz-Scharmbeck Inge Kerlinski lässt dieses Thema kalt. „Der Kelch ist an uns zum Glück vorbeigegangen“, sagt sie und verweist sie auf die Tatsache, dass die IGS auch mit der Einführung des Abiturs nach zwölf Jahren weiterhin ihre Schüler in 13 Jahrgängen zur Hochschulreife geführt hat. Sie hätten den Wechsel nicht mitgemacht, müssten nun also nicht wieder umstellen, so Kerlinski.

Davon einmal abgesehen, geht es bei der IGS auch um mehr als um die Schaffung einiger weniger Klassenräume: Seit Jahren wird über die Sanierung des Gebäudekomplexes gesprochen. Bürgermeister Torsten Rohde hatte jüngst in Ausschicht gestellt, dass diese Baumaßnahmen eventuell ab 2019 in Angriff genommen werden könnten. Aktuell führe die Stadtverwaltung die dazu nötigen Vorgespräche mit der Schule, bestätigt Stadtdezernent Sven Uhrhan.

An der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Schwanewede wiederum sieht Eugen Kolodziej durch die Umstellung von G 8 auf G 9 für die Zukunft Baubedarf. „Wir werden ab dem Schuljahr 2020/21 mindestens vier zusätzliche Klassenräume brauchen, dazu Differenzierungs- und auch weitere Fachräume“, sagt der Leiter der Waldschule. Mit dem neuen Jahrgang durch die Wiedereinführung des Abiturs nach 13 Jahren werden die Zahl der Schüler von derzeit 1300 auf dann 1400 Schüler anwachsen.

Hinzu komme: „Wir werden zum Schuljahr 2020/21 Sport als Abitur-Prüfungsfach an unserer Schule einführen“, kündigt der Waldschulleiter an. Nach seinen Worten verlassen derzeit rund 30 Schüler eines Jahrgangs nach der zehnten Klasse die Waldschule und wechseln an eine andere Schule im Landkreis, wo sie in der Oberstufe Sport als Prüfungsfach belegen können. „Durch das neue Angebot steigern wir einerseits die Attraktivität unserer Schule. Andererseits wird es eng, wenn mehr Realschüler und Gymnasiasten nach der zehnten Klasse an der Schule bleiben.“

Angesichts des Baubooms in der Gemeinde Schwanewede und wegen bestehender Wohnbau-Pläne für das Gelände der ehemaligen Lützow-Kaserne rechnet der KGS-Leiter für die Zukunft mit einem weiteren Anstieg der Schülerzahlen. Die Schule müsse sich auch dafür wappnen. „Optimal wären für uns fünf zusätzliche Klassenräume mit entsprechenden Differenzierungsräumen“, meint Kolodziej.

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