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Ausbauziele im Kreis Osterholz Behörde will mehr Windräder ermöglichen

Nach den neuen Zielvorgaben des Landes steht der Landkreis Osterholz vor einem Ausbau der Windenergie. Doch bis die Debatte über Ausmaß und Standorte beginnen kann, wird noch mehr als ein halbes Jahr vergehen.
14.02.2023, 10:58 Uhr
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Behörde will mehr Windräder ermöglichen
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Die Energiewende kommt später: Wann, wo und wie viele Windkraftanlagen im Landkreis Osterholz neu gebaut werden, steht auch nach der Flächenbedarfsberechnung des Landes Niedersachsen weiter in den Sternen. Wie in der Vorwoche berichtet, will Klimaschutz- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) jedem Landkreis einen maßgeschneiderten Gebietsanteil vorgeben, der mithilfe von Regionalen Raumordnungsprogrammen (RROP) spätestens Ende 2026 für den Ausbau einzuplanen ist. Gesetzeskraft hat das Ganze aber noch nicht.

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Während der Landkreis Rotenburg mit Meyers Zielzahl von 4,89 Prozent mindestens vor einer Verfünffachung seiner heutigen Windpark-Gebiete stünde, nennt das Ministerium für den Landkreis Osterholz 0,95 Prozent auszuweisende Landkreis-Fläche. Zufällig haben die Osterholzer derzeit bereits rund 0,95 Prozent des Kreisgebiets für die Windkraft-Nutzung reserviert. Trotzdem wird das nicht ausreichen, wie die Redaktion jetzt auf Nachfrage im Kreishaus erfuhr. Denn während die Verwaltung bei ihren Flächen-Berechnungen stets nach der "Rotor-in"-Methode verfährt, liegt den Quoten von Land und Bund die "Rotor-out"-Methode zugrunde. Bei dieser dürfen Masten bis an den Rand eines Vorranggebiets gebaut werden, sodass der Rotor darüber hinausragt.

Mehr Windkraft nötig und möglich

Die Folge: Die 0,95 Prozent der Kreisverwaltung genügen den Maßstäben aus der Potenzialstudie des Landes nicht: Aus den jetzigen Osterholzer Vorranggebieten muss zunächst der Rotor-Radius herausgerechnet werden. Beim Zuschnitt der künftigen Gebiete will der Landkreis gleichwohl an der Rotor-in-Methode festhalten, auch wenn die Prozentzahlen damit weiterhin nicht vergleichbar bleiben. Wie groß der Zubaubedarf tatsächlich ausfällt, ist damit heute noch unklar. Es könnte aber auf eine Verdoppelung hinauslaufen, wie es die Kreisbehörde schon im Vorjahr vermutet hatte. Das neue Ziel aus Hannover halte man jedenfalls für erreichbar.

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Aber es wird noch komplizierter: Auch Einzelstandorte und Gebiete aus kommunalen Flächennutzungsplänen können Folgen für die jeweils anrechenbare Fläche haben. Zudem stützen sich Meyers Ausbau-Vorgaben bislang nur auf ein Gutachten; sie müssen erst noch in die Form eines Landesgesetzes gegossen werden. Die Gesetzgebung enthält manche Unwägbarkeiten, was Fristen und Inhalte angeht, zumal sie mit dem üblichen Beteiligungsverfahren einhergeht. Der Landkreis Rotenburg hat bereits angekündigt, man werde die Bau-Ziele des Ministeriums kritisch überprüfen. Dort würde man die Sache gern binnen weniger Monate durchziehen. Aber wie schnell es letztlich geht, bleibt abzuwarten.

Über das Minimalziel hinaus

Der Landkreis Osterholz will sich seinerseits durchaus nicht nur auf das Nötigste beschränken, teilt Landkreis-Sprecher Sven Sonström per E-Mail mit. Darin heißt es: "In Verantwortung für Klimaschutz, Energiewende, Versorgungssicherheit und Sicherung des Industriestandorts Bremen wird der Landkreis auch anstreben, nach Möglichkeit über das vorgegebene Teilflächenziel hinaus zu gehen." Die Verwaltung rechnet damit, dass der geplante Ausbau der Windstrom-Produktion bei vielen Anwohnern nicht auf Gegenliebe stoßen wird. Dazu werde es aber im Rahmen der bereits seit Jahren schmorenden RROP-Neuaufstellung umfangreiche Beteiligungen geben, verspricht Sonström und setzt hinzu: "Der Landkreis möchte durch Information die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen."

Am Ende werden Planungsausschuss und Kreistag eine Güterabwägung zu treffen haben, denn naturgemäß konkurriert die Windkraftnutzung mit anderen Interessen: Wohnen und Gewerbe, Naturschutz und Landschaftspflege, Erholung und Kultur oder auch mit anderen Flächenanforderungen der Energiewende. Das Baurecht kennt viele Abstandsgrenzen.

Rotenburger Landrat übt Kritik

Der Rotenburger Landrat Marco Prietz (CDU) hatte sich in einer ersten Einschätzung konsterniert gezeigt, dass das Land die Latte für den Wümme-Kreis so hoch legen wolle, während andere Landkreise mit weniger als einem Prozent ihrer Fläche auskommen sollen. Auch wenn man zur Energiewende stehe: "Ein Ausbau der Windenergie in diesem enormen Umfang wird nur dann möglich werden, wenn hinter dieses Ziel andere Belange deutlich zurückgestellt werden", hatte Prietz erklärt und beispielhaft Abstände zur Wohnbebauung sowie das Landschaftsbild und den Artenschutz genannt. Die Rotenburger Kreispolitik werde sich am 1. März mit dem Thema befassen.

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Bis unterdessen die Osterholzer Verwaltung den Bürgern und Abgeordneten einen ersten RROP-Entwurf vorlegen kann, in den die Windkraft-Vorgaben und Nutzungsinteressen einfließen, wird es noch dauern. "Frühestens im Spätsommer" wird es Sonström zufolge soweit sein. Zu Einzelstandorten wie dem Muna-Gelände, dem Sankt Jürgensland oder dem Heudorfer Norden, nach denen die Redaktion gefragt hatte, werde die Kreisbehörde bis zur Vorlage des Entwurfs keine Auskunft geben.

Neuauflage längst beschlossen

Auf mögliche Anreize für Bürger und Kommunen, die nach den Vorstellungen des Ministers von neuen Windparks finanziell profitieren sollen, ging der Landkreis-Sprecher auch nicht weiter ein. Ohne neues RROP kann der Kreis neue Wind- oder auch Solarparks nicht genehmigen. Der Grundsatzbeschluss, die seit 2011 geltende Planungsbibel fürs Osterholzer Kreisgebiet neu zu schreiben, geht auf einen mehr als fünf Jahre alten SPD-Antrag zurück; er wurde auf Drängen der Gemeinde Grasberg am 25. September 2018 im Kreisausschuss gefasst. Vorausgegangen war eine Beschwerde von Windpark-Gegnern aus dem Norden der Gemeinde Schwanewede.

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