Worpswede. „Ohne euch hätte er nicht zu Hause sterben dürfen“, lautet mehr als eine der positiven Rückmeldungen, die die Palliativ-Versorgung Osterholz (PVO) für die von ihr geleistete Arbeit erhält. Der noch junge Verein ermöglicht 95 Prozent der bei ihnen eingeschriebenen Patienten mithilfe von Palliativmedizinern, Koordinatoren, Palliativ-Care-Schwestern und Pflegekräften ein Sterben in Würde und zu Hause. Ihr Auftrag sei die Krankenhausverhinderung, macht Désirée Himmelmann-Hoeft deutlich. „Wir gewährleisten die Symptomkontrolle und Versorgung zu Hause“, so die erste Vorsitzende, Koordinationsleiterin, examinierte Krankenschwester, Consultant of Palliative Care Universität Bremen und Trauerbegleiterin. „Und wir haben ausreichend Zeit für Patienten und Angehörige.“ Denn die Betreuung der Angehörigen ist ebenfalls Bestandteil der von der PVO geleisteten Arbeit. Für sie sei es Luxus, sich Zeit nehmen zu können, um intime Situationen zu begleiten. Daraus aber schöpfen die Mitarbeiter auch ihre Kraft, sagt Désirée Himmelmann-Hoeft. Mit dem Tod ist ihre Arbeit noch nicht beendet, auf Wunsch folgt Trauerbegleitung.
Um mit den schwierigen Situationen umgehen zu können, haben die Mitarbeiter das Ritual des „Trauerkreises“ entwickelt: ein Tablett mit Kerzen und den Namen der Verstorbenen. An diesem Nachmittag brennen 14 Kerzen auf dem Tablett im Büro der PVO. Neben den Kerzen erinnern 14 Namenszettel an die Verstorbenen und rufen so manche ihrer Eigenarten in Erinnerung. Untereinander pflegen die Mitarbeiter ein kollegiales, demokratisches Miteinander auf Augenhöhe. Das ist ihnen wichtig und Teil ihrer Strategie, um die Situationen mit sterbenden und trauernden Menschen verarbeiten zu können.
Bundesdeutsche Realität ist, dass 60 Prozent der Menschen im Krankenhaus sterben. Im Normalfall findet Sterben in aller Ruhe statt. Die 2007 spezialisierte ambulante Palliativversorgung SAPV aber sei für andere Fälle zuständig, betont der Arzt Christian Jacobsen. Wenn die Betreuung den kassenärztlichen Aufwand überschreitet, dann setzt sich der Hausarzt mit der PVO in Verbindung. „Wir sind immer on top zum Hausarzt“, macht Himmelmann-Hoeft deutlich. Denn die Betreuung sterbender Menschen ist, das weiß Jacobsen aus eigener hausärztlicher Erfahrung, in der Finalphase zeitlich und qualitativ vom Hausarzt nicht mehr leistbar. Als er noch ohne Palliativausbildung war, fühlte sich Christian Jacobsen völlig überfordert. Jetzt kann er mit der Situation umgehen und auf Ressourcen des Vereins und Palliativ-Care-Schwestern zurückgreifen.
24 Stunden, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr sind die Mitarbeiter unter der Notrufnummer erreichbar. Noch am Tag des Anrufs fahren die Mitarbeiter zu den Patienten. Das verwendete Dokumentationssystem der PVO erlaubt allen Mitarbeitern Zugriff auf die Patientendaten, sodass ein schnelles Reagieren vor Ort gewährleistet ist.
Seit einem Jahr zugelassen
Ein Jahr gibt es die Palliativ-Versorgung Osterholz in Worpswede: Am 15. September 2018 erhielt sie ihre Zulassung durch die Krankenkassen. Es sei nötig gewesen, im Landkreis für eine vernünftige Palliativversorgung zu sorgen, betont Jörn Hock, zweiter Vorsitzender des jungen Vereins und Facharzt für Anästhesie, Schmerztherapie und Rettungsmedizin. Besonders wichtig sei es ihnen gewesen, die Palliativversorgung auf die Basis eines gemeinnützigen Vereins zu stellen. Voraussetzung für die Kassenzulassung sind mindestens drei Palliativmediziner und ausgebildete Palliativ-Koordinatoren mit mindestens zwei Jahren Erfahrung. Das alles bringt der junge Verein mit.
„Wir legen Wert darauf, dass unsere Schwestern übertariflich bezahlt werden“, unterstreicht der zweite Vorsitzende. Vom ersten Tag an arbeitete die PVO mit eigenem, qualifizierten Personal. „Das ist unser Qualitätsmerkmal“, betont auch Désirée Himmelmann-Hoeft. Den Hausärzten nimmt die PVO Notfall- und Nachtdienste ab und entlastet deren Budget, für das Personal in Senioreneinrichtungen sind sie Unterstützung in der Sterbephase. Mit der Hamberger Apotheke arbeitet die PVO Hand in Hand. Wenn es darauf ankommt, könnten Team und Apotheker sehr schnell reagieren, so Jörn Hock.
Aber auch bei der PVO gibt es Wartelisten und Kapazitätsgrenzen. „Bei großem Leidensdruck aber gehen wir auch über unsere Grenze“, versichert Hock. Für Spenden von Angehörigen und Trauernden, die ihnen damit diverse Anschaffungen und die Teilnahme an Fortbildungen ermöglichen, sind die Mitarbeiter der PVO dankbar.
Palliativ-Versorgung Osterholz
e.V.
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Hembergstraße
12, 27726 Worpswede, Telefon 04792/95 55 80, info@palliativ-ohz.de, www.palliativ-ohz.de.