Landkreis Osterholz. An den Grundschulen im Osterholzer Kreisgebiet wird es infolge steigender Schülerzahlen eng. Leidtragende sind die Förderschüler vom Klosterplatz, die bislang in sogenannten Koop-Klassen angedockt waren, um zeitweise den Alltag mit den Grundschülern zu teilen. Wie die Kreisverwaltung auf Anfrage der Redaktion mitteilt, werde es im kommenden Schuljahr voraussichtlich nur noch sieben Kooperationsstandorte im Primar- und Sekundarbereich geben; zwei laufende Kooperationen im Grundschulsektor könnten hingegen nicht weitergeführt werden. Problem: Auch am Klosterplatz, wo die Schüler mangels Alternativen ab nächstem Schuljahr unterrichtet werden sollen, fehlen die Räume.
Während in der Elternschaft bereits mit dem Aufstellen von Klassencontainern gerechnet wird, ist man im Kreishaus noch nicht so weit. Zwar sei am Klosterplatz-Standort mit steigenden Schülerzahlen zu rechnen, aber die Verwaltung möchte um eine Mobilbau-Lösung gerne herumkommen. Zunächst einmal solle "ein bisher ungenutzter Unterrichtsraum wieder in Betrieb genommen werden", heißt es aus dem Kreishaus. Zusätzlich prüfe der Landkreis als Schulträger momentan "alternative Unterbringungsmöglichkeiten". Vorübergehend müssten womöglich auch anders genutzte Räume am Standort als Unterrichtsräume herhalten.
Andauernde Unsicherheit
Eltern von Schülern mit Förderbedarf betrachten die Entwicklung mit Sorge und auch Unverständnis. Erster Kritikpunkt: Die Anmeldungen fürs kommende Schuljahr laufen bereits seit März und viele Betroffene hätten noch immer keine Klarheit über den künftigen Schulweg. Der Landkreis bestätigt dazu auf Nachfrage, das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Wie sich die Schülerzahlen im kommenden Schuljahr genau darstellen werden, lasse sich daher noch nicht konkret sagen. Aktuell werden 49 der 128 Klosterplatz-Schüler am Osterholzer Hauptsitz unterrichtet; dabei handelt es sich nicht um Grundschüler, sondern um Kinder- und Jugendliche aus dem Sekundarbereich.
Zweiter Kritikpunkt aus Elternsicht: Mobilbauklassen könnten, wenn sie denn schon unvermeidbar seien, dann doch besser an Grundschul- und Kooperationsstandorten platziert werden. Mag es auch zu Lasten von Stadtbild und Pausenhof gehen: Alles andere wäre ein Rückschritt in Sachen Teilhabe, sagen Betroffene. Nach Informationen der Redaktion hat sich der Landkreis als Schulträger bereits bei der einen oder anderen Kommune im Landkreis erkundigt, die für die Grundschulen zuständig sind. Überall habe man sich einen Korb geholt, so auch in Wallhöfen und Scharmbeckstotel. Die Kreisverwaltung nennt keine Standorte und legt Wert auf die Feststellung: "Der Landkreis als Schulträger und die Schule am Klosterplatz stehen immer in guten Gesprächen mit anderen Schulleitungen und anderen Kommunen."
Größere Baumaßnahme
Da sich Container kurzfristig kaum beschaffen und aufstellen lassen werden, könnte der Klosterplatz-Standort zum neuen Schuljahr also vor großen Raum-Problemen stehen. Das befürchten vor allem die Eltern behinderter Kinder, die das Koop-Modell als gute Zwischenlösung zwischen Förderschule und Inklusionsklasse favorisieren. Erschwerend hinzu kommt, dass der Standort am Klosterplatz ohnehin vor größeren Umbauten steht: Das Flachdachgebäude hinter dem denkmalgeschützten Altbau gilt schon seit einigen Jahren als "wahrscheinlich abgängig"; es hat rund 50 Jahre auf dem Buckel und beherbergt zentrale Bereiche des Förderschullebens, darunter Forum, Fachräume, Küche und Verwaltung.

Der sanierungsbedürftige Flachdachbau der Förderschule ist rund 50 Jahre alt und sanierungsbedürftig.
Für die überfällige Modernisierung hat der Kreistag erst Anfang Dezember eine halbe Million Euro im Haushalt 2023 bereitgestellt, wobei es mit diesem vorläufigen Betrag zwar nicht getan sein dürfte, aber die Planungskosten ließen sich damit jedenfalls bestreiten. Der Landkreis teilt dazu auf Anfrage mit, noch sei nichts konkret. Die Verwaltung hoffe, erste Skizzen zu den Baumaßnahmen vorlegen zu können, wenn kommenden November über den Haushalt 2024 beraten werde. Nach Schließung der kreisgetragenen Förderschulen "Lernen" in Schwanewede (2015), Lilienthal (2016) und Osterholz-Scharmbeck (2018) ist nur noch die Förderschule "Geistige Entwicklung" am Klosterplatz übrig geblieben.
Inklusionsrückläufer kommen hinzu
Eine Leserin aus Osterholz-Scharmbeck, die namentlich nicht genannt werden möchte, weist auf einen weiteren Umstand hin, der vor allem im Sekundarbereich die Zahl der Klosterplatz-Schüler sowie den Personalbedarf steigen lasse. Weil der Landkreis die Inklusion an den Regelschulen weiter mit dezimierten Schulassistenten durchsetze, gebe es inzwischen sogenannte Inklusionsrückläufer, die an die Förderschule quasi retour gehen. Dieser Behauptung widerspricht der Landkreis in seiner Stellungnahme: Das Phänomen sei weder neu, noch sei es heute häufiger zu beobachten als früher. Es handele sich um ein bis zwei Schüler pro Jahr, die aus der Inklusion an die Schule am Klosterplatz kommen.
Im Kreiselternrat hatte die zuständige Dezernatsleiterin Heike Schumacher zuletzt Anfang Juni auf Nachfrage einer Mutter bekräftigt, bei den Inklusionshelfern werde nicht gespart: Wenn bei Schülern mit Förderbedarf die jeweilige Einschränkung nicht anders ausgeglichen werden könne, gewähre der Landkreis jede nötige Hilfe, ungeachtet möglicher Kosten. Dies werde im Einzelfall durch die Fachstelle entschieden, wobei neben Hospitationsergebnissen auch vorliegende Gutachten zurate gezogen würden. "Ich denke, das läuft zufriedenstellend", sagte Schumacher.