Die Osterholzer Kreispolitik hat sich über den Vorschlag der Verwaltung hinweggesetzt, die Planung für das neue Pflegeheim bis Ende 2025 auf Eis zu legen. Der Kreisausschuss (KA) entschied sich am Dienstag mit neun zu zwei Stimmen dafür, das Millionenprojekt trotz Bedenken der Behörde unverändert voranzutreiben. Sozialdezernentin Heike Schumacher hatte zuletzt vor knappen Personalressourcen sowie vor steigenden Investitions- und Betriebskosten gewarnt. Die Abgeordneten hingegen wollen wegen fehlender Heimplätze in der Region an dem Neubau festhalten, der hinter dem Kreiskrankenhaus entstehen soll. Die Einrichtung soll 40 Kurzzeitpflegeplätze haben sowie 20 Plätze für Bewohner mit demenziellen Veränderungen.
Die Linksfraktion und andere Kritiker des Verwaltungsvorschlags hatten erklärt, das Projekt dürfe nicht künstlich teuer gerechnet werden, um es dann schrittweise hinter verschlossenen Türen zu beerdigen. Als Argumente für einen vorläufigen Planungsstopp (ab Vorliegen einer Baugenehmigung) legte die Behörde den Abgeordneten im KA nun weitere Kalkulationsgrundlagen und Finanzprognosen vor – offenbar ohne eine Mehrheit damit überzeugen zu können. Zwar gilt das 27,7 Millionen-Euro-Vorhaben als planerisch durchfinanziert, jedoch um den Preis einer entsprechend höheren Kreditaufnahme.
Grundsätzlich nicht öffentlich
Inzwischen zeigt sich zwar, dass die Talfahrt der Kreisfinanzen etwas langsamer vonstattengeht als befürchtet; doch Überschüsse wird der Landkreis in absehbarer Zeit nicht erwirtschaften. Verwaltungssprecher Sven Sonström erklärt auf Nachfrage, die Abgeordneten im KA hätten sich wie schon der Sozialausschuss im April positioniert. Seinerzeit gingen die Politiker von einem noch größeren Haushaltsdefizit aus und trotzdem gab der große Bedarf an Heimplätzen den Ausschlag. Insofern gebe es da keinen aktuellen Zusammenhang.
Inhaltlich und formal sei das Vorgehen der Verwaltung auch nicht zu beanstanden, führt Sonström weiter aus. Der Sozialausschuss, in dem die Linke nicht stimmberechtigt ist, hatte die Entscheidung mit acht Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen an den KA überwiesen – und der tage nun mal hinter verschlossenen Türen. Mit anderen Worten: Die Abgeordneten hätten es so gewollt. "Ein Ermessensspielraum ergibt sich nicht", so der Landkreis-Sprecher. Im Übrigen unterscheide die Verwaltung zwischen nicht-öffentlich und geheim. Die Bitte des OSTERHOLZER KREISBLATT, die KA-Drucksache der Redaktion zu überlassen, und sei es mit Schwärzungen, lehnte Sonström ab.
Kritik an den Kritikern
Die Kritik, das Projekt werde zu groß und zu teuer geplant, fußt auf den wenigen Daten und Angaben, welche bisher überhaupt öffentlich kursieren. Demnach soll der Heimneubau eine Bruttogeschossfläche von 5174 Quadratmetern haben. Dazu erklärt der Landkreis nun in einer Pressemitteilung, der tatsächlich für die Wohnbereiche und Gemeinschaftsflächenanteile zur Verfügung stehende – und somit maßgebliche – Raumanteil "liegt deutlich darunter". Er entspreche in etwa der Ausstattung anderer Einrichtungen im Kreisgebiet. Zahlen, welche dies belegen würden, nennt der Landkreis nicht. Er räumt lediglich ein, dass sich aus dem geplanten Hausgemeinschaftsmodell von sechs Zehner-Gruppen "ein etwas höherer Raumbedarf" ergebe.
Regelrecht abgewatscht werden in der Landkreis-Mitteilung die Kritiker der Kostenkalkulation, zu denen der langjährige Eigentümer und Geschäftsführer von "Haus Christian" zählt. Karl-Heinz Müller, der bis zum Vorjahr das 65-Betten-Heim in Ritterhude führte, hatte aus der Brutto-Investition (27,7 Millionen Euro) gefolgert, die Gebäudeherstellungskosten lägen bei 5350 Euro pro Quadratmeter. Damit aber, belehrt ihn nun der Landkreis, würden Äpfel mit Birnen verglichen. Tatsächlich bewege sich der Quadratmeterpreis des Projekts unter 3500 Euro. Der Rest, also deutlich mehr als 9,6 Millionen Euro, entfallen auf Vorplanung, Planung, Außenanlagen, Mobiliar, Grunderwerb und einen Puffer für die Teuerung, so die Behörde.

Planskizze für das geplante Pflegeheim am Kreiskrankenhaus (links), Blick Richtung Norden.
In Sitzungsdrucksachen, die dem Bürger zugänglich sind, lässt sich all das nicht nachvollziehen. Auch Präsentationsfolien, die dem Ausschuss im August 2023 öffentlich vorgestellt wurden (wir berichteten), finden sich – entgegen dem Sitzungsprotokoll und anders als sonst üblich – nicht im Einwohnerzugang zum Kreistagsinformationssystem. Auf mehrfache Nachfrage erklärt der Landkreis dazu, Interessierte seien eingeladen, im Kreishaus nachzufragen oder an den öffentlichen Sitzungen als Zuhörer teilzunehmen.