Buschhausen. Schon wieder dieser Moisander. Werders Bundesliga-Kapitän schwingt sich in diesen Wochen mit großer Vehemenz zum idealen Lehrbeispiel für die angehenden Schiedsrichter empor. Werder-Fan Tobias Wulff diskutiert schon auf der Hinfahrt zum sechsten Lehrabend leidenschaftlich jene Szene, die am Dienstag ganz Fußball-Deutschland beschäftigt hat. Elfmeter, Schwalbe? Tätlichkeit, Schauspielerei? Gelbe Karte, Rote Karte?
Auch der Osterholzer Schiedsrichter-Lehrwart Marcus Nettelmann eröffnet um kurz nach 19 Uhr den Abend mit der alles entscheidenden Frage: „Wie hättet ihr in diesem Moment entschieden?“ Die Antworten sind – es wundert wenig – ziemlich unterschiedlicher Natur. „Ganz viel, was uns bei der Regel 12 beschäftigt, war in dieser Szene drin“, sagt Nettelmann. Er selbst findet, dass Moisander großes Glück hatte, nicht mit Rot vom Platz gestellt worden zu sein.
Der Anwärterkurs geht mittlerweile dem Ende entgegen. Die vierte Woche ist rum, am Donnerstagabend werden die letzten noch nicht behandelten Regeln durchgesprochen. Zunächst Regel 9: Ball aus dem Spiel. „Einfach, oder?“ fragt Nettelmann. Zustimmendes Nicken. Weiß ja mittlerweile jeder: Wenn der Ball mit vollem Umfang hinter der Linie ist, ist er im Aus, oder im Tor. Doch dann zeigt der Lehrwart ein Foto, wo der Ball etwa einen Meter in der Luft ist, direkt über der Auslinie. Oder knapp dahinter? „Wie wollt ihr das entscheiden ohne Linienrichter?“ Ratlose Blicke.
In der Regel 10 geht es schließlich um die „Bestimmung des Spielausgangs“ und die exakte Durchführung eines Elfmeterschießens. Dann ist es geschafft. Alle 17 Regeln des DFB-Regelbuchs wurden durchgearbeitet. Am Montag steht ein Wiederholungsabend an, ehe dann am Donnerstag die Vorprüfung über die Bühne gehen soll. Tobias Wulff geht – im Gegensatz zu vielen anderen – positiv gestimmt aus diesem Abend. Er hat in dem heutigen Kontrolltest lediglich drei Fehler gemacht. Sein bestes Ergebnis bisher. „Da hätte ich im Leben nicht mit gerechnet“, zeigt sich der Scharmbeckstoteler selbst etwas überrascht. Doch so langsam scheint er wie ein Schiedsrichter zu denken. Anders übrigens als viele andere der jungen Anwärter. 15 von 30 Teilnehmern wären an diesem Abend durchgefallen, teilweise mit 18 Fehlern bei den 30 Fragen. Was Marcus Nettelmann für einen eindringlichen Appell nutzt: „Stellt euch mal vor, auf dem Platz sind von 30 Pfiffen 18 falsch. Da müsst ihr aber schnell laufen können . . .“
In unserer wöchentlichen Serie „Der Weg zum Sündenbock“ begleitet die Sportredaktion den Scharmbeckstoteler Tobias Wulff durch den Schiedsrichterlehrgang des Osterholzer Kreisverbands und dokumentiert dessen Weg bis hin zum ersten Schiedsrichtereinsatz.
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