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Redaktions-Zweikampf PRO! Eine Chance für den Fußball

PRO: Sportredakteur Thorin Mentrup über die Vorteile der beschlossenen Spielreform im Kinderfußball.
24.02.2022, 09:20 Uhr
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PRO! Eine Chance für den Fußball
Von Thorin Mentrup

In unserer neuen Rubrik "Redaktions-Zweikampf" nehmen zwei Sportredakteure ganz bewusst gegensätzliche Standpunkte ein. Ziel ist es, ein aktuelles Thema aus zwei unterschiedlichen Blickrichtungen zu betrachten – um damit zu verdeutlichen, wie kontrovers gewisse Themen angegangen werden können und wie wichtig es ist, beide Seiten einer Medaille zu betrachten. In der aktuellen Ausgabe widmen sich die Sportredakteure Thorin Mentrup und Tobias Dohr der beschlossenen Spielreform im Kinderfußball.

Kennen Sie eigentlich Kevin Krowiorsch? Wahrscheinlich nicht. Warum ich Ihnen bei so etwas einschneidendem wie einer Jugendfußballreform dann mit ihm komme? Ganz einfach: Krowiorsch ist nicht nur Jugendleiter beim SC Twistringen aus dem Kreis Diepholz, sondern auch der Funino-Pionier der Region. Er hat die Spielform aus Spanien - quasi das Äquivalent zu der Idee, die der Deutsche Fußball-Bund nun umsetzen will - in seinen Fußballkreis getragen und sie dort salonfähig gemacht. Als er sie kennenlernte, besorgte er sich mit Hilfe eines Sponsors 36 kleine Fußballtore und ließ ab sofort viel Funino spielen. Erst im Training seiner damaligen U6 - und später auf Turnieren, die er organisierte.

Und natürlich erntete er skeptische Blicke. Etwas Neues hat es in einer Sportart wie Fußball, in der Traditionen eine große Rolle spielen, nicht leicht. Genau das ist auch bei der DFB-Reform der Fall. Die geht noch einen Schritt weiter, revolutioniert das Spielsystem im Bereich der jüngsten Kicker komplett. Das ist ein harter Bruch. Aber einer, der wichtig für die Zukunft des Sports ist.

Selbst der Fußball muss mittlerweile hart kämpfen. Die Zahlen der gemeldeten Mannschaften gehen auch im Juniorenbereich zurück, Jugendspielgemeinschaften haben längst Einzug in den Landkreis Osterholz gehalten. Der DFB hat verstanden, dass Fußball attraktiv bleiben muss - und dass sich etwas ändern muss. Ganz am Anfang schon. Mit Blick auf die Kinder heißt das: Fußball muss Spaß machen. Wenn darüber hinaus auf spielerische Art und Weise ihre sportliche Entwicklung gefördert wird, ist das nicht nur im Sinne des Verbandes, sondern auch seiner Vereine.

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Eines garantieren die neuen Spielformen: In einem Drei-gegen-drei oder einem Vier-gegen-vier ist jeder Spieler wichtig. Dank fester Wechsel kommt jeder zum Einsatz. Kein Kind wird das Blümchen-Pflücken mehr spannender finden, weil es mittendrin im Geschehen ist. Die Aktionsdichte ist viel höher. Es geht schnell, es fallen viele Treffer. Das bedeutet Erfolgserlebnisse. Sie sind nicht alles, aber sie fördern Spaß. Bei den Spielen, mit denen die älteren Generationen groß geworden sind, reichte manchmal schon ein Spieler mit einem guten Schuss, um über die kleinen Keeper in einem Jugendtor hinweg zu treffen. Ist das im Sinne des Spiels und vor allem im Sinne aller Kinder? Wohl kaum. Es mag ein Sieg dabei herausspringen - aber gelernt hat kein Kind etwas.

Mit jedem 1000. Ballkontakt, so heißt es, wird ein Spieler besser. Wie viel schneller geht das auf kleineren Feldern?! Die Kinder verbessern ihr Passspiel und ihr Dribbling, lernen das Umschalten nach Ballgewinn und erkennen neue Spielsituationen und Räume schneller. Im Prinzip holen die Spielreformen auch das zurück, was man so lange vermisst hat: ein Stück Straßenfußball. Etwas Schnelles, Unvorhergesehenes, Atemloses - etwas, das den Sport so begeisternd macht.

Dafür braucht es in den untersten Altersklassen keinen Torhüter. Diese werden nun erst einmal fußballerisch ausgebildet. Das ist heute essenziell. In dieser Hinsicht sind die Nationaltorhüter Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen über jeden Zweifel erhaben. Letzterer war übrigens zunächst Feldspieler und ist erst mit zehn Jahren fest ins Tor gewechselt. Eine Weltkarriere hat er trotzdem hingelegt.

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Entscheidend ist bei der Umsetzung ein Gedanke, den vor allem Trainer und Eltern verstehen und vorleben müssen: Ergebnisse sind bei den Jüngsten nicht alles. Trainer sind Ausbilder, Eltern Unterstützer, beide sind Förderer des Spaßes. Diese Rolle müssen sie annehmen. Ebenso ist klar: Der DFB muss mit seinen Landesverbänden und seinen Kreisen die Umsetzung zum Beispiel durch Schulungen unterstützen und sich finanziell an der Anschaffung der Tore beteiligen. Die Reform muss von Beginn an richtig umgesetzt werden.

Die neuen Spielformen werden es nicht leicht haben. Vielleicht muss man auch positiv verrückt sein wie Kevin Krowiorsch, um von ihnen direkt begeistert zu sein und sie bedingungslos zu fördern. Er hat vor allem eins getan: Er hat etwas Neuem eine Chance gegeben. Und das sollte man mit den neuen Spielformen ebenfalls tun.

Zur Sache

In unserer neuen Rubrik "Redaktions-Zweikampf" nehmen zwei Sportredakteure ganz bewusst gegensätzliche Standpunkte ein. Ziel ist es, ein aktuelles Thema aus zwei unterschiedlichen Blickrichtungen zu betrachten – um damit zu verdeutlichen, wie kontrovers gewisse Themen angegangen werden können und wie wichtig es ist, beide Seiten einer Medaille zu betrachten. In der aktuellen Ausgabe widmen sich die Sportredakteure Thorin Mentrup und Tobias Dohr der beschlossenen Spielreform im Kinderfußball.

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