Osterholz-Scharmbeck. Da hat man es wieder: Freunde und Bekannte von auswärts kommen zu Besuch, die Gruppe macht einen Spaziergang durch die Kreisstadt, und die Gäste stellen Fragen: „Warum heißt die Eiche Kaiser Wilhelm-Eiche? Nach wem ist die Kirche benannt? Wer lebte auf Gut Sandbeck?“
Zugegeben, diese Fragen dürfte so gut wie jeder und jede Osterholz-Scharmbeckerin beantworten können. Kniffeliger wird es, wenn der Spaziergang mit den Gästen sowohl informativ wie auch kurzweilig werden soll. Dann lohnt es sich, eine Gästeführerin zu bitten, etwas aus der tausendjährigen Geschichte der Ortschaften Osterholz und Scharmbeck sowie der Teufelsmoorregion zu erzählen.
Von Juni bis Oktober haben fünf engagierte, an der Geschichte der Region interessierte Frauen ihren Kurs als Gästeführerin gemacht und bestanden. Die Ausbildung wurde vom Citymanagement für die Stadt organisiert und vom Innenstadtbeirat aus Osterholz-Scharmbeck und dem Verein Kulturland Teufelsmoor aus Worpswede unterstützt.
Fünf unterschiedliche Themen
Im Rahmen einer kleinen Auftaktveranstaltung, bei der die Gästeführerinnen kurz ihr eigenes Konzept vorstellen konnten, übergaben Ute Marx und Julia Schäfer vom City Management der Kreisstadt den Absolventinnen ihre Zertifikate.
Die Innenstadt müsse mehr sein als nur merkantil, hatte Ute Marx erklärt, es solle Freude bereiten, durch die Stadt zu schlendern. „Nach einer Gästeführung gibt es oft die Möglichkeit, zum Abschluss irgendwo einzukehren – auch das ist gut für die Region!“
Die fünf neuen Gästeführerinnen, von denen an diesem Abend krankheitsbedingt zwei abwesend waren, haben sich unabhängig voneinander auf unterschiedliche Themen eingelassen.
So nimmt Agnes Lenz aus der Ortschaft Teufelsmoor die Gäste mit auf eine Führung durch „das kleine Haus im Moor“ und meint damit die alte Dorfschule Teufelsmoor mit dem dahinter angelegten Torfabstich. Von ihr erfuhren die etwa 50 Gäste der Auftaktveranstaltung, dass bereits 20 Jahre nach Ende des 30-jährigen Krieges im Teufelsmoor die Kinder in Lesen, Rechnen und Heimatkunde unterrichtet wurden.
Von Magd bis Prinzessin
Heike Habeck erschien in der mittelalterlichen Gewandung einer Bäuerin aus dem Teufelsmoor. Sie hat sich den Sagen, Mythen und Legenden aus dieser Region verschrieben und entführt ihre Gäste auf eine Zeitreise, gewährt Einblicke in das tägliche Leben der alten Moorbauern und lässt Legende und Wirklichkeit sich miteinander verweben.
Wer Lust an Rätseln und Aktionen hat, bucht künftig seine Gästeführungen bei Stefanie Nass. Mit ihr erkunden die Gäste die Kreisstadt sehr aktiv und stellen dabei vielleicht fest, was sie selbst an Details in der Stadt noch gar nicht entdeckt haben. Nass lässt ihre Gäste zunächst ein Bild zusammenpuzzeln, etwa die Bilderwand am Eingangsbereich des Lernhauses im Campus. Das gibt Stefanie Nass dann Gelegenheit, Interessantes und Nachdenkenswertes über die Bildungseinrichtung zu berichten.
Auch Ulrike Morisses Beitrag zur Gästeführung ist ein spannendes Thema. Da sie selbst an diesem Abend nicht vor Ort sein konnte, musste Julia Schäfer kurzerhand in die Rolle der schwedischen Prinzessin schlüpfen, die im 17. Jahrhundert Landgräfin von Osterholz wurde. Morisse zeichnet bei ihrer Gästeführung das Bild einer starken Frau, der es gelang, trotz des frühen Todes ihres Gatten ihren eigenen Erbanspruch und damit ihr Auskommen und das Auskommen ihrer drei Töchter zu sichern – keine leichte Aufgabe zu dieser Zeit.
Charmant und dichterisch geht Christina Rapp-Wessels ihre Gästeführungen an. Sie agiert als angesehene Gerbermeister-Gattin, die mit Gedichten auf den Spuren ihrer verliebten Magd wandelt. An verschiedenen Haltepunkten, etwa am Scharmbecker Bach, im Stadtpark oder am Marktplatz liest sie zu Zeit und Örtlichkeit passende Gedichte im Geist der damaligen Zeit. Mit Sicherheit eine Führung, die die romantische Zweisamkeit fördert.
Die Gästeführungen sollen ab dem nächsten Saisonstart im Mai 2024 regelmäßig angeboten werden. Über die Webseite der Stadt www.osterholz-scharmbeck.de sind dann die Gästeführungs-Angebote individuell buchbar.