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Kaputter Fahrstuhl am Bahnhof Feuerwehr Osterholz-Scharmbeck verärgert über Bahn-Aussage

Die Feuerwehr Osterholz-Scharmbeck ist empört über die Aussage der Bahn. Bei einem kaputten Fahrstuhl sollen Behinderte die Feuerwehr rufen. Stadtbrandmeister Bernsdorf kritisiert diese Verantwortungsabwälzung.
04.07.2024, 05:00 Uhr
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Feuerwehr Osterholz-Scharmbeck verärgert über Bahn-Aussage
Von Lucas Brüggemann

"Hier wird die Verantwortung eines Großkonzerns für seine Kunden auf ehrenamtliche Strukturen abgewälzt", meint Jörg Bernsdorf, Stadtbrandmeister von Osterholz-Scharmbeck. Damit bezieht er sich auf die Aussage der Bahn, dass Menschen mit Behinderung bei kaputtem Fahrstuhl die Feuerwehr rufen sollten, um die Treppen am Bahnhof zu überwinden (wir berichteten).

Das "bemerkenswerte Statement" der Bahnsprecherin der Bahn sei ein Höhepunkt dessen, für was die Feuerwehr gerufen werde, so Bernsdorf. "Während jeder Bürger aufgerufen ist, in einer Notlage die 112 zu wählen, wächst die Zahl der Vorgänge, bei denen sich die Ehrenamtlichen fragen, was das noch mit Feuerwehr zu tun hat", sagt der Brandmeister. Die Feuerwehr leiste heute weitaus mehr, als ihr "originärer Grundgedanke" hergebe. Als aktuelles Beispiel verweist Bernsdorf auf den Müllcontainer, der aus dem Scharmbecker Bach gefischt wurde. "Sie tut dies gern und aus Überzeugung und in Städten und Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern besonders bemerkenswert: rein ehrenamtlich."

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400 freiwillige Feuerwehrleute

Allein in der Kreisstadt seien fast 400 Bürgerinnen und Bürger in den Freiwilligen Ortsfeuerwehren aktiv. Sie stellten sich in den "Dienst der guten Sache" und würden ihren Mitbürgern helfen und das rund um die Uhr und zum Teil in extremen Situationen, betont Bernsdorf: "Vor wenigen Tagen mussten die Einsatzkräfte die belastenden Bilder eines Personenunfalls unter einem Zug in Pennigbüttel bei ihrer Aufgabe in Kauf nehmen." Und vorige Woche seien über 120 Feuerwehrmänner und -frauen im Einsatz gewesen, um unzählige Keller nach dem Unwetter auszupumpen. Der bei den freiwilligen Helfern geflügelte Satz - nach uns kommt keiner mehr -, sei ein Kommentar, den man gelegentlich aus den Reihen der Freiwilligen höre, wenn man nach der Motivation frage, über sich hinauszuwachsen, erklärt Bernsdorf. Denn wenn sie, die Freiwillige Feuerwehr, als letzte in der Reihe, die man frage, nicht helfen könne, wer solle es denn dann noch?

Das niedersächsische Brandschutzgesetz umschreibt die Aufgaben der Feuerwehr in Paragraf 1 mit der Abwehr von Gefahren bei Bränden sowie der Hilfestellung bei Unglücksfällen. "Es steht dort nichts von Ölspuren, Unterstützung des Rettungsdienstes, Tierrettungen, Auspumpen von Kellern, Beseitigen von beschädigten Bäumen, in Autos eingeschlossenen Kindern", weist der Stadtbrandmeister hin und ergänzt: "Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen."

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Umso mehr ärgert Bernsdorf sich über die Position der Deutschen Bahn AG. "Auch die Einschränkung der Sprecherin, dass dies natürlich nur für Randzeiten gelte – hilft da nicht weiter." Ein Löschfahrzeug sei standardmäßig mit neun Leuten besetzt, die bei einer Alarmierung ihren Arbeitsplatz oder ihre Familien verlassen, um zu helfen. Oft werde der Dienst an der Allgemeinheit vor die privaten Bedürfnisse gestellt und das aus Überzeugung, wie Jörg Bernsdorf betont. Sie wüssten sich durch viele – leider nicht alle – Arbeitgeber und ihre Familien unterstützt, um Brände zu bekämpfen oder Menschen aus Notlagen zu befreien. "Ganz sicher ist dieses System weder dafür gedacht noch dafür geeignet, die Fahrstuhlwartungskosten der Deutschen Bahn zu verringern", betont Jörg Bernsdorf.

"Verantwortung nicht aushöhlen"

Die Feuerwehr habe qua Amt eine Garantenstellung. "Das heißt, sie ist dem Schutz der Bürger verpflichtet." Diese "noble Verantwortung" dürfe nicht ausgehöhlt werden, sonst bestehe die Gefahr, dass sich der allgegenwärtige Fachkräftemangel auch unter den Ehrenamtlichen bei der Feuerwehr verstärke, warnt Bernsdorf. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe Ehrenamtliche kürzlich mit den vielen Pfeilern, die die demokratische Gesellschaft tragen, verglichen. "Es wäre schön, wenn das jeder von uns – auch die Deutsche Bahn – im Hinterkopf hätte", so Bernsdorf.

Hintergrund für Bernsdorf Reaktion ist, dass der Fahrstuhl am Bahnhof in Osterholz-Scharmbeck über Wochen wegen Reparaturarbeiten außer Betrieb war – sehr zum Ärger von Pendlern und dem Kreisbehindertenbeirat (wir berichteten). Die Bahn rät Menschen mit Rollstuhl oder Rollator, im Ausnahmefall die Feuerwehr zu rufen, die dann bei der Überwindung der Treppen am Bahnhof helfen soll.

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