Osterholz-Scharmbeck. Der VSK Osterholz-Scharmbeck steht nach drei Spielen dort, wo ihn viele auch am Ende der Saison vermuten: an der Spitze der Fußball-Bezirksliga. Ein Grund, um ausgelassen zu feiern, war das für Trainer Thorsten Westphal am Mittwochabend allerdings nicht. Denn trotz des 3:2 (2:0)-Sieges über den TV Sottrum war er nicht vollkommen zufrieden damit, wie sich seine Mannschaft präsentiert hatte. Die hatte nämlich verpasst die Chance verpasst, sich einen entspannteren Abend zu machen. "Weil wir uns in der zweiten Halbzeit auf das Spiel von Sottrum eingelassen haben", ärgerte er sich. So wurde es trotz der 2:0-Halbzeitführung noch einmal spannend.
Der VSK brannte im ersten Durchgang kein Feuerwerk ab, "aber wir waren trotzdem die bessere Mannschaft", fand Westphal. Er verwies auf die größeren Spiel- und Ballbesitzanteile, die seine Mannschaft hatte. Auch ein Chancenplus – wenn auch nur ein kleines – verzeichneten die Gastgeber in den ersten 45 Minuten. Bis auf zwei Schreckmomente, den ersten direkt zu Beginn, als Helge Osmers einen Lupfer nach verunglückter Kopfballrückgabe von Tjerk Johannsen viel zu hoch ansetzte (2.), und den zweiten, als Patrick Brillowski an die Latte köpfte (24.), hatten die Gastgeber viel Kontrolle. Sie ließen den Ball gegen einen giftigen Gegner laufen und verlagerten das Spiel mehr und mehr in die Hälfte der Gäste.
Elfmeter – oder doch Abseits?
Das erste Mal gab es nach rund einer Viertelstunde Aufregung im Sottrumer Strafraum. Nach überragendem Zuspiel von Johannsen war Patrick Hirsch auf und davon und kam im Duell mit Keeper Sinan Reiter zu Fall. Schiedsrichter Adrian Oestreich entschied zunächst auf Elfmeter, nahm die Entscheidung dann aber zurück, weil sein Assistent eine Abseitsstellung anzeigte – eine äußerst umstrittene Entscheidung. TV-Kapitän Eike Buckenberger dürfte das Abseits aufgehoben haben. Umstritten wäre angesichts des Zweikampfes zwischen Hirsch und Reiter aber auch der Elfmeterpfiff gewesen.

Freude über die Führung: Torschütze Felix Westphal (l.) lässt sich von Karim Kanafani beglückwünschen.
Letztlich war es eine Standardsituation, die den VSK auf die Siegerstraße führte – und wieder einmal war es Felix Westphal, der einen Freistoß aus halblinker Position mit viel Gefühl unhaltbar im Kasten versenkte (28.). Mit der Führung im Rücken agierten die Gastgeber noch sicherer, drängten Sottrum noch weiter zurück und legten nach. Wieder einmal war es Innenverteidiger Tjerk Johannsen, der andribbelte und mit seinem Pass Patrick Hirsch fand. Der Angreifer, der den Freistoß vor der Führung herausgeholt hatte, fasste sich aus der Distanz ein Herz, und sein ganz krummer Abschluss fand den Weg in die rechte untere Ecke (36.). Und hätten die Grün-Weißen wenige Augenblicke später ihre Doppelchance durch Felix Westphal und im Nachsetzen Karim Kanafani genutzt, dann wäre es wohl wirklich der entspannte Abend für die Kreisstädter geworden.
Der VSK verliert die Kontrolle
Doch so passierte das, was den VSK-Coach so ärgerte: Seine Mannschaft gab die Führung nach dem Seitenwechsel her. Sie gab die Kontrolle aus der Hand und ließ sich von den Gästen immer wieder in Zweikämpfe verwickeln, die sie in den meisten Fällen auch noch verlor. "Sottrum hat es gut gemacht, keine Frage. Sie haben nicht umsonst die ersten beiden Spiele gewonnen. Viele Bezirksligisten werden mit ihnen Probleme haben", lobte Westphal den Gegner. In erster Linie haderte er aber mit dem Auftritt seiner Elf in den ersten rund 20 Minuten nach Wiederanpfiff. "Wir haben unseren Weg verlassen. Das darf uns nicht passieren", sagte er.
Die Sottrumer hatten eine Umstellung vorgenommen: Sinan Reiter stand nun nicht mehr im Tor, sondern stürmte stattdessen. Er kann beide Rolle spielen, wurde als Keeper einst in Achim sogar zum Vertragsamateur gemacht, ehe er sich vom Torverhinderer zum Torjäger entwickelte. Dass ihm diese Rolle liegt, bewies er auch gegen den VSK: Er holte gegen Johannsen selbst den Freistoß an der Strafraumgrenze heraus, den er dann frech mit links im Torwarteck unterbrachte (56.). Zuvor hatte Tim Bormann einen Befreiungsschlag der Gäste per Kopf in Richtung des eigenen Tores verlängert und damit seine Verteidiger auf dem falschen Fuß erwischt. "Wir schenken uns die Gegentore selbst ein. Das kann auf Dauer, auch mit Blick auf die gesamte Saison, nicht immer gutgehen", meinte Westphal. Denn auch beim zweiten Gegentor trugen die Grün-Weißen eine erhebliche Mitschuld. Tobias Stöhr verlor den Ball an Reiter, ehe Matthias Michaelis Michel Stelljes umspielte und den Ball zwischen Pfosten und Johannsen zum Ausgleich platzierte. "Natürlich muss Tobi den Ball schlagen, das weiß er auch", sagte Westphal, sprach aber auch dessen Mitspieler nicht frei von Schuld: Die hätten sich zu wenig bewegt, dem Routinier keine Anspielstation angeboten. Also drehte Stöhr ab – und dann war Reiter beim Pressing zur Stelle (64.).
Hirsch an allen VSK-Toren beteiligt
Nun stand die Partie auf Messers Schneide und das zur Pause scheinbar vorentschiedene Match wurde zum Charaktertest für den VSK: Was man den Grün-Weißen zugutehalten muss: Sie schüttelten sich kurz und rissen die Partie wieder mehr an sich. "Ich hatte nie das Gefühl, dass wir das Spiel aus der Hand geben könnten. Dafür waren wir zu dominant", sagte Thorsten Westphal. Die von ihm angesprochene Dominanz kam mit zunehmender Spielzeit wieder mehr zum Tragen. Und auch aufseiten der Gastgeber erwies sich eine Umstellung als sehr guter Griff: Als Marlo Burdorf ins Spiel kam, rückte Tim Bormann von der Sechserposition weiter nach vorne. Mit seiner Grätsche, mit der er einen Pass tief in der Sottrumer Hälfte abfing, leitete er den Siegtreffer ein, den er selbst erzielte: Über Hirsch, der an allen drei VSK-Toren beteiligt war, erhielt er den Ball zurück und ließ mit seinem Rechtsschuss ins lange Eck die Kreisstädter jubeln (79.).
"Danach müssen wir das Spiel entscheiden, aber wir spielen unsere Konter zu schlecht aus", sagte Westphal mit Blick auf einige Gegenstöße, die sich seinem Team gegen nun aufgerückte Gäste boten, die es aber schwach ausspielte. Bormann mit einem Kopfball und Felix Westphal ließen die Entscheidung liegen. So musste der VSK bis zum Schluss zittern, ehe der Sieg und die Tabellenführung eingetütet waren. Und auch wenn Thorsten Westphal mit dem Auftritt insgesamt nicht komplett glücklich war, wusste er doch eins: "Wichtig sind die drei Punkte." Die hat sein Team.