Zweimal sechs Punkte – es sind genau diese beiden Werte, die besser als alles andere verdeutlichen, wie extrem die abgelaufene Spielzeit des VSK Osterholz-Scharmbeck in der Fußball-Bezirksliga Lüneburg 3 verlaufen ist. Die Hinrunde beendete die Mannschaft von Trainer Thorsten Westphal auf dem elften Tabellenplatz, mit sechs Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang. Ein knappes halbes Jahr später hatten die VSK-Kicker erneut sechs Zähler Vorsprung – diesmal allerdings als unangefochtener Spitzenreiter der Rückrundentabelle auf den Tabellenzweiten.
Den eher mageren 20 Punkten aus der Hinrunde ließen die Kreisstädter herausragende 37 Zähler im Frühjahr folgen. Mit zweimal 37 Punkten wäre der VSK in dieser Spielzeit mit großem Abstand Meister geworden. "In der Rückrunde haben wir gezeigt, was mit dieser Mannschaft möglich ist und was passiert, wenn sich alle dem Teamerfolg unterordnen", bringt Thorsten Westphal die entscheidende Lehre der vergangenen zwölf Monate auf den Punkt.
Mit großen Zielen waren die Grün-Weißen in die Spielzeit gestartet, wollten einen weiteren Anlauf Richtung Landesliga-Aufstieg wagen – und mussten ganz früh einen herben Dämpfer hinnehmen. Das 0:1 beim späteren Absteiger TSV Fischerhude-Quelkhorn, der am Ende überhaupt nur drei Saisonspiele gewinnen konnte, war für Thorsten Westphal allerdings nur eine logische Konsequenz: "Das war das Ergebnis unserer wirklich durchwachsenen Sommervorbereitung, in der vieles nicht gut lief. Aber danach sind wir dann ja eigentlich ganz gut ins Rollen gekommen", erinnert sich der VSK-Coach. Mit vier Siegen und einem Remis spielte sich das Team in die Spitzengruppe und schien auf einem guten Weg, den äußeren und eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Umso mehr wurde Westphal von dem dann folgenden Absturz überrascht.
"Es ging zeitweise wirklich gar nichts mehr", blickt der Trainer zurück auf die katastrophale Phase im Herbst, in der die Grün-Weißen in neun Partien nur noch einen einzigen Sieg einfahren konnten. Zwar waren auch einige unglückliche Spielverläufe dabei, alles in allem stellt Westphal aber klar: "Wir hatten uns andere Ergebnisse auch nicht wirklich verdient. Das war eine wirklich harte Zeit für alle Beteiligten." Zu wenig zog sein Team in diesen Wochen an einem gemeinsamen Strang, zu sehr waren einzelne Akteure mit sich selbst beschäftigt und auf der Suche nach ihrer Form.

Die kam dann nach und nach in der Wintervorbereitung zurück. Bei zahlreichen Hallenturnieren holten sich die VSK-Kicker Selbstvertrauen, Höhepunkt war der verdiente Sieg nach einem tollen Auftritt beim Schmolke-Cup. Verletzte Spieler kehrten zurück, die Fluktuation in der Startelf wurde sukzessive kleiner. Allerdings hatte das Westphal-Team auch diesmal noch einen herben Rückschlag zu verkraften. Denn nach dem 2:2 in Unterstedt folgte im zweiten Punktspiel des Jahres ein 0:3 gegen den FC Hambergen. Doch trotz dieser Enttäuschungen kippte das Pendel nun zum Positiven – und das war keineswegs ein Zufall.
"Wir waren in der Rückrunde wieder ein Kollektiv, sind konstanter aufgetreten und haben nicht mehr so viel wechseln müssen", bringt es Thorsten Westphal auf den Punkt. Zudem zeigten sich einige Akteure im Vergleich zur Hinrunde stark verbessert. Die Routiniers Marlo Burdorf und Marius Bosse spielten endlich so auf, wie man es aus ihren besten Zeiten gewohnt war. Bei Stürmer Christoph Oberschelp ging plötzlich der Knoten auf, Innenverteidiger Tjerk Johannsen spielte eine sehr stabile Rückrunde. Und endlich konnte der hoch veranlagte Felix Westphal mal über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei spielen und zeigte dabei, wie sehr er den Takt in der Offensive vorgeben kann.
Die Sehnsucht wird befeuert
Und dann waren da ja auch noch die diversen A-Junioren, die immer wieder ins kalte Wasser geworfen wurden und das Vertrauen durch engagierte Leistungen zurückzahlten. "Da können wir uns auf viele gute Jungs freuen", sagt Thorsten Westphal mit Blick auf Spieler wie Ilja Ryabko, Nico Rudolph, Dominik Meinert oder Michel Duddeck.
Zwölf Siege fuhren die VSK-Kicker von Anfang März bis zum Ende der Saison ein, unterbrochen nur von der 1:2-Niederlage in Hülsen am drittletzten Spieltag. Abgerundet wurde die Serie dann passenderweise mit einem 3:2-Auswärtssieg bei Meister TSV Ottersberg. Die dortigen Feierlichkeiten rund um den Landesliga-Aufstieg der Ottersberger dürfte bei den Kreisstädtern noch einmal die große Sehnsucht nach dem eigenen Happy End zusätzlich befeuert haben. Trotz des Abgangs von Marlo Burdorf (zurück zum FC Hagen/Uthlede) und Felix Westphal, der sich der Herausforderung bei Oberliga-Aufsteiger FC Verden 04 stellt, dürfte der VSK-Kader kaum schlechter sein in der kommenden Spielzeit. Und nach dieser so wechselhaften Saison sollten sie beim VSK Osterholz-Scharmbeck endgültig wissen, was es braucht, um am Ende ganz oben zu stehen.
"Du wirst aus dieser Liga niemals rauskommen, wenn du glaubst, es einzig und allein mit deinen fußballerischen Qualitäten zu wuppen", sagt Thorsten Westphal und fügt hinzu: "Wenn ich etwas erreichen will, dann muss ich einfach bereit sein, mehr zu investieren als alle anderen." Insofern sei diese Spielzeit am Ende eben doch noch extrem lehrreich gewesen.