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Bauprojekt in Scharmbeckstotel Frust und Freude über Ausschussvotum zur Neubausiedlung "Wulfsküche"

Der Bauunternehmer freut sich über die Unterstützung aus der Politik für seine Wulfsküche-Pläne. Gegner bemängeln unter anderem, dass eine Verkehrszählung aus Pandemie-Zeiten stammt. Wie es jetzt weitergeht.
03.01.2025, 05:00 Uhr
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Frust und Freude über Ausschussvotum zur Neubausiedlung
Von Christian Valek

Viele Menschen in Scharmbeckstotel fragen sich zu Jahresbeginn, wie es mit der Ortsentwicklung weitergeht. Nachdem sich Ratspolitiker im Fachausschuss mehrheitlich für den Wulfsküche-Vorentwurf der Firma Koenen Bau ausgesprochen haben, bereiten sich die Kritiker des Bauprojekts auf die kommenden Monate vor. Schon jetzt deutet sich an, dass sich der Widerstand neu ordnet. Die Firma Koenen Bau aber sieht sich in ihrem Kurs bestätigt.

Am Vorentwurf der Firma Koenen Bau scheiden sich die Geister. Während im Planungsausschuss die Vertreter von SPD, CDU, FDP und Bürgerfraktion dem Projekt Beifall zollten, lehnten Politiker von Linksfraktion und Grünen den Vorschlag ab (wir berichteten). Sie schließen sich der Ansicht vieler Scharmbeckstoteler sowie der Stadtplaner aus dem Rathaus an, die das Bauvorhaben für überdimensioniert halten. Vor allem die Folgen für die Infrastruktur bereiten vielen Menschen reichlich Kopfzerbrechen, sollte das Konzept den Verwaltungsausschuss (VA) am Donnerstag, 16. Januar, passieren.

"Konstruktive Gespräche"

Nicht so bei der Baufirma. Jörg Elfers, einer von zwei geschäftsführenden Gesellschaftern der Koenen Bau Immobilien GmbH, blickt nunmehr optimistisch in die Zukunft. „Wir freuen uns über die Empfehlung des Planungsausschusses, den von uns eingereichten Vorentwurf anzunehmen.“ Das vorgelegte Konzept sei „das Ergebnis intensiver Planungsgespräche, Verhandlungen und Untersuchungen“ in den vergangenen Monaten. „Wir haben mit der Stadtplanung konstruktive Gespräche geführt“, betont Elfers auf Nachfrage der Redaktion.

Auffällig ist, dass sich die Stadtverwaltung mit deutlicher Kritik an der Dimension des Bauprojektes neuerdings zurückhält. "Wir befürworten eine etwas verträglichere Bebauung", sagte Bauamtsleiter Frank Wiesner in der öffentlichen Fachausschuss-Sitzung, an der unter anderem Unternehmer Ulrich Koenen und sein Prokurist Marcel Wiechmann sowie mehr als 70 weitere Zuhörer teilnahmen. Diese Formulierung seitens der Verwaltung und der Hinweis auf "sehr, sehr intensive Abstimmungsgespräche" lassen darauf schließen, dass es hinter den Kulissen offenbar hart zur Sache geht.

Will Koenen den Dialog?

Koenen Bau sieht sich in seinem Vorgehen bestätigt. Während die Stadt weniger als 100 Wohneinheiten für verträglich hält, will Koenen Bau mehr als 130 Wohneinheiten dort errichten. Mit der vorliegenden Entscheidung sei „der Weg frei, die Bedenken und Anregungen im weiteren Verlauf im gemeinsamen Dialog“ zu klären, ist der Koenen-Geschäftsführer überzeugt. „Die Hinweise der Anwohner sind uns im Detail nicht bekannt, aber wir nehmen sie ernst und werden aufgeworfene Fragen Schritt für Schritt abarbeiten“, kündigt Elfers an. Sein Fazit: „In einem solchen Planungsprozess sind immer auch unterschiedliche Sichtweisen und Ansichten zu berücksichtigen. Wichtig ist ein gutes Ergebnis, und das liegt mit dem Konzept vor.“

Die Mitglieder der Bürgerinteressengruppe Scharmbeckstotel, kurz Big Schasto, sehen das anders. Ihrer Meinung nach liegt mit der nun erfolgten Empfehlung, den Koenen-Vorentwurf anzunehmen, kein „gutes Ergebnis“ vor, wie Helma Schröder vom Bündnis betont. Die Empfehlung des Planungsausschusses, den Vorentwurf anzunehmen, beruht ihrer Meinung nach auf irreführenden Daten. Sie spricht von einer "Mogelpackung" für die Scharmbeckstoteler. Dass Koenen anführt, die "Hinweise der Anwohner sind uns im Detail nicht bekannt", hält sie überdies für unglaubwürdig. Alle Kritikpunkte seien wiederholt vorgetragen worden.

Die Kritiker haben erneut vier Fragenkomplexe ausgearbeitet. Diese drehen sich um die Menge der Wohneinheiten, die Entwässerungsproblematik sowie die Bevölkerungs- und Verkehrsprognose für Scharmbeckstotel. Vor allem das von Koenen Bau vorgelegte Verkehrskonzept sei mangelhaft: Die Verkehrszählung für den Kreuzungsbereich an der Buchtstraße stamme nämlich vom 18. November 2021 und sei somit inmitten der Corona-Pandemie erfolgt. Aufgrund der Ausgehbeschränkungen und verpflichtender Homeoffice-Regelungen seien die Zahlen demnach zu niedrig. Die Fahrzeugbewegungen für den Knotenpunkt lägen in Wahrheit weitaus höher, so die Kritiker. „Dieses Verkehrsaufkommen zur Spitzenzeit von Corona ist nicht repräsentativ für den normalen Verkehr“, zitiert Helma Schröder aus dem Protestschreiben von Big Schasto. "Inwiefern ist ein Verkehrsgutachten, welches aus Daten der Corona-Zeit erstellt wurde, geeignet, um die aktuelle Verkehrsbelastung zu beurteilen“, will man bei Big Schasto wissen.

Kritik am Bodengutachten

Kritik üben die Gegner auch am Bodengutachten, welches das Bremer Ingenieurbüro Underground im Auftrag von Koenen Bau angefertigt hat. In diesem Gutachten werde dem Baugebiet eine „normale Sickerfähigkeit“ bescheinigt, so die Kritiker. Sie beurteilen die Sachlage anders und stellen fest, dass sich schon nach gewöhnlichen Regenfällen große Wasserflächen auf dem Gebiet bildeten. Als Referenzen werden benachbarte Grundstücke und Schilderungen von Anwohnern der Straßen Am Rosenmoor und Buchstraße herangezogen. „In diesem Jahr und den Jahren davor kam es bereits zu zahlreichen Überschwemmungen, und das Wasser fließt nicht von den Straßen ab.“ Die Ereignisse seien auf einer digitalen Karte vermerkt worden, lässt die Bürgerinitiative weiter mitteilen. All diese Überschwemmungen träten nicht etwa nach Starkregen, sondern nach normalen Regenfällen auf und seien für jedermann sichtbar.

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Und wie beurteilt die Osterholzer Kreisbehörde die Sachlage? Die Kreisverwaltung möchte derzeit keine Einschätzung zum Bauvorhaben geben. Die Verwaltungssprecherin Sabine Schäfer teilt mit: „Der Landkreis Osterholz wird sich gegenüber der Stadt Osterholz-Scharmbeck zum Projekt äußern, wie es üblich ist, im Zuge der offiziellen Beteiligung im Bebauungsplan-Verfahren.“

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