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Loccumer Kreis Julia Kollspricht über Herausforderungen für die Kirche

Die Zukunft der Kirche im gesellschaftlichen Wandel: Julia Koll, Direktorin der Evangelischen Akademie Loccum, spricht über die Herausforderungen und Chancen.
30.10.2024, 15:00 Uhr
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Von Friedrich-Wilhelm Armbrust

Sowohl die evangelische wie die katholische Kirche leben nicht in einem luftleeren Raum. Sie sind eingebettet in Politik, Gesellschaft, in geistigen, kulturellen und sozialen Wandel, die auch die Kirchen betreffen. Unter der Frage „Evangelische Kirche – wohin?“ beschrieb Julia Koll, Direktorin der Evangelischen Akademie Loccum, im Gemeindehaus St. Willehadi ihre Sicht zum Stand der Dinge.

Dabei ging sie von einer generellen Entkirchlichung der Menschen aus. Die Kirchen seien vielen Menschen in den vergangenen Jahrzehnten als Institutionen immer „ferner und fremder“ geworden, so die Theologieprofessorin. „Am spürbarsten wird diese Entwicklung, die in Deutschland in den späten 1960ern startete, an der sinkenden Zahl der Kirchenmitglieder und am Rückgang des Kirchensteueraufkommens.“

Profilbildung der Gemeinden

Eine Folge sei die Tendenz, nicht mehr alles an allen Orten anzubieten, sondern stärker auf „Profilbildungen“ zu setzen. „In einer Kirchengemeinde ist Kirchenmusik und Kulturarbeit wichtig, in einer anderen gibt es vor allem Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien.“ Dabei schwinge auch die Frage mit, wie es gelingen könne, starke lokale Gemeinschaften zu pflegen und zu entwickeln.

Wenngleich die große Zukunftsaufgabe der Kirche von den einen mit der Formel „Minderheitlich werden“ beschrieben würde, hätten andere „Bauchschmerzen“ mit dieser Formel. „Der eigentliche Prozentsatz sagt eigentlich noch nicht viel darüber, welche Bedeutung und Strahlkraft die Kirchen möglicherweise auch in Zukunft für die Gesellschaft als Ganze behalten oder neu erlangen können.“

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Weiter ging die Referentin auf das „gesellschaftliche Grundrauschen“ hinter und inmitten aller kirchlichen Probleme ein. Unsere Gesellschaft bezeichnete sie als eine "Gesellschaft unter Druck". Dafür ständen die Begriffe wie Pluralisierung, Individualisierung und Säkularisierung. Sie machten den Menschen gesellschaftlich wie kirchlich zu schaffen. Die Motoren der stärksten Veränderungen sind der Theologin zufolge dabei der menschengemachte Klimawandel und der demografische Wandel. „Diese beiden Motoren sind zwar schon lange bekannt, sind aber politisch nicht annähernd adäquat bearbeitet worden.“

Polarisierung der Gesellschaft

Darüber hinaus sei unsere Gesellschaft zwar nicht gespalten, aber zunehmend polarisiert. Die Polarisierung zeigt sich laut Koll entlang den Achsen Oben-Unten, Innen-Außen, Wir-Sie und Heute-Morgen. Dabei stünde die ökonomische Ungleichheit weniger stark im Fokus als die kulturell-weltanschauliche. Aus dem, auch angesichts von Veränderungsmüdigkeit und Zumutungsaversion, zog sie den Schluss: „Die Bedeutung privater, teilweise auch lokaler Gemeinschaften ist gerade in Zeiten der Pandemie weiter gewachsen.“

Dementsprechend verhalte sich die Kirche zwischen „Experiment und Beharrung“. An drei Trends werde dies deutlich. Der erste Trend ist laut Koll: Die Kirche segnet. Kollegen machten erfreuliche Erfahrungen mit neuartigen Segensfeiern. „Kirchliche Agenturen werden ins Leben gerufen, um individuell stimmige Segensfeiern auf dem Lebensweg zu kreieren und 'holy moments' (Anm. der Redaktion: Heilige Momente) zu stiften.“ In Berlin betreibe die Kirche sogar ein Segensbüro.

Kirchenmusik als Klassiker

Sozialraumorientierung sei der zweite Trend, so die Referentin. Sie lässt sich ihr zufolge von der Frage leiten, welche Themen den Menschen vor Ort unter den Nägeln brennen. „Kirche im Sozialraum heißt, sich mitten darunter zu mischen und daran mitzuwirken, dass ein gesellschaftliches Leben in Vielfalt gelingt.“

„Ein Klassiker“ sei dagegen der dritte Trend, der kirchenmusikalischen Bereich. Angesichts dieser Trends reagiere die Kirche „sehr“ auf die gesellschaftlichen Herausforderungen.

Theologisch bezeichnete Koll das Evangelium, die Botschaft von Jesus Christus, als Haltung. Insofern träume sie von einer evangelischen Kirche, die das Evangelium als Haltung verkörpert und dies als Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt versteht.

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