- Improvisation in Grasberg
- Kurze Nächte in Hepstedt
- Profi-Arbeit in St. Jürgen
- Ein Storchennest für Worphausen
- Neue Sitzbänke im Blockland
Donnerstagabend, kurz vor 18 Uhr, der Augenblick der Verkündung naht. Im Breddorfer Heimathaus sitzen etwa 40 Jugendliche und junge Erwachsene, allesamt Mitglieder der örtlichen Landjugend, sie scherzen und lachen. Gleich werden sie erfahren, was sich der Agent für sie ausgedacht hat, welche Projekte sie im Rahmen der landesweiten 72-Stunden-Aktion für ihr Dorf verwirklichen sollen. Da geht auch schon die Tür auf, herein kommt die Bürgermeisterin Susanne Schmiedel in Begleitung von Ulla Otten und Heinz Witten, zwei weiteren Ratsmitgliedern. Schmiedel spricht ein bisschen über das neue Turn- und Fitnessgerät, das erst vor einigen Tagen hinterm Sportzentrum aufgestellt wurde. Das Gebilde aus Stahl, mehrere zehntausend Euro teuer und kräftig vom Land gefördert, habe die Gemeinde auf Wunsch der jungen Leute im Dorf beschafft, erinnert sie an die Umfrage vor einem Jahr.
Spätestens an dieser Stelle ahnen die Anwesenden, wohin der Hase läuft, aber noch hat sich der geheime Agent nicht zu erkennen gegeben, die Person, die den Zettel mit den Aufgaben hat. Nun schlägt die Stunde von Joshua Henning. Der 26-Jährige, Mitglied des Gemeinderates, aber auch seit vielen Jahren Mitglied der Landjugend, lässt die muntere Runde wissen, dass sie die Fläche an der Kletteranlage zu einer Chill-out-Area aufwerten und auch einiges auf dem benachbarten Kitagelände erledigen soll. "Macht eine gute Planung, seid kreativ und lasst euren Gedanken freien Lauf", ruft er in den Raum.

Nach der Arbeit darf auch mal gechillt werden: Die Vorsitzenden der Breddorfer Landjugend, Silvan Meyer und Silke Vehring, testen die neuen Liegen.
Der Countdown läuft also. Sofort übernehmen Silke Vehring und Silvan Meyer, die beiden Vorsitzenden der Breddorfer Landjugend. Jemand trägt ein Flipchart herein, und Vehring notiert mit rotem Edding, welche Arbeitsgruppen gebraucht werden. Vorschläge werden gemacht, Ideen fliegen durch den Raum. Man merkt sofort: Die Sache läuft, niemand zweifelt an der Umsetzbarkeit des anspruchsvollen Programms. Von der ersten Sekunde an geht es nur ums Wie. Wer besorgt was an Werkzeug, Material und Fahrzeugen? Wer hat einen Führerschein? Wer beschafft die Verpflegung und wer sorgt dafür, dass am Sonntag für das mit einem Spiel ohne Grenzen verbundene Abschlussfest Kaffee und Kuchen bereit stehen? Bis 22.30 Uhr haben die jungen Leute im Heimathaus Pläne ausgearbeitet und Listen geschrieben, sagt Silvan Meyer. Und am Freitag standen die Ersten schon um 7.30 Uhr auf der Matte, um das alte Gerätehaus an der Kita abzureißen.
Im Breddorfer Ortsteil Hanstedt wurde am Auftaktabend nicht so lange geschnackt wie bei den Kolleginnen und Kollegen im Nachbardorf, sondern gleich noch tatkräftig angepackt. Dort hat die Landjugend schon mal den alten Kletterturm am Gemeinschaftshaus samt den Betonfundamenten ausgebuddelt. Selbstverständlich wurde auch dies fotografisch festgehalten von der Social-Media-Gruppe, wie sie alle Landjugenden haben. Seit Donnerstagabend wimmelt es auf Instagram von Posts mit Fotos und Videos von der 72-Stunden-Aktion.

Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion hat die Landjugend Hanstedt auch einen neuen Spielturm aufgestellt.
Sonntag in Breddorf, 13 Uhr. Die Betriebsamkeit der vergangenen zweieinhalb Tage rund ums Sportzentrum ist verflogen, dafür ist ganz viel Neues zu sehen. Das neue Gerätehaus am Kindergarten steht, vor der Kita sind Blumenbeete angelegt, und auf der Wiese hinterm Sportzentrum gibt es jetzt zwei neue pfiffig designte Ruhebänke, zudem sind die Stationen fürs Spiel ohne Grenzen aufgebaut, Tische für die Wertungsrichter inklusive. "Der Druck ist weg", sagt Landjugendchef Silvan Meyer. Fast drei Tage war er fast rund um die Uhr Ansprechpartner für Organisatorisches, nun freue er sich über das, "was wir hier gemeinsam geschaffen haben". Und auf das bevorstehende Fest: "Jetzt wollen wir mit dem Dorf zusammen feiern."
Stolz auf das Erreichte sind sie auch in Hanstedt. "Wir hatten so viel Unterstützung aus dem Dorf, das war fantastisch", sagt Janina Meyer. Da gab es welche, die beim Bepflanzen der Beete geholfen hätten, "und ständig kam jemand mit Eis und Waffeln vorbei". Nun stehe den Hanstedtern ein aufgefrischtes Open-air-Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfeld zur Verfügung und ein nagelneues Boulefeld, und für die Kleinen gibt es einen neuen und sicheren Kletterturm sowie ein Wipptier. Durch die gemeinsame Aktion seien auch die jungen Mitglieder der Landjugend in die Gemeinschaft integriert worden, meint Mareike Drewes. Nun seien alle "erschöpft, aber glücklich", fasst Janina Meyer die Lage zusammen. Und Mareike Drewes ergänzt: "Hanstedt ist ein perfektes Dorf."
Improvisation in Grasberg

In Rautendorf hat die Landjugend unter anderem einen Grill gemauert.
Auch die Grasberger Landjugend hat alles geschafft, was ihr aufgetragen wurde: Die Grillstelle an der Rautendorfer Dorfscheune ist fertig geworden und der mobile Verkaufsstand ebenso. Dabei waren die, sagen wir mal, fachlichen Voraussetzungen nicht die besten, wie der Vorsitzende Jost Rodenburg erklärt: "Wir sind eine ziemlich junge Truppe." Nach Corona seien recht viele Schüler dazu gekommen, und es seien kaum ausgebildete Handwerker dabei. "So mussten wir bei der Planung eben schauen, wie wir die Projekte trotzdem umgesetzt kriegen", so die Co-Vorsitzende Annelie Göhrs. Also wurde experimentiert und improvisiert nach dem Motto "geht nicht, gibt's nicht". Rodenburg beispielsweise hatte vorher noch nie gemauert. Improvisieren mussten auch die Social-Media-Leute der Grasberger Landjugend. Das mobile Internet an der Dorfscheune ist so schwach, dass sie dort nicht regelmäßig neue Fotos auf Instagram posten konnten.
Kurze Nächte in Hepstedt

Landjugend Hepstedt 72-Stunden-Aktion 2023 Alina Trittin und Imken Meyer (rechts) bemalen den Tunnel neu.
Feierabend, das ist bei der Hepstedter Landjugend ein sehr dehnbarer Begriff. Schon am ersten Abend waren Mitglieder bis 23 Uhr zu Gange, um die Arbeit für die nächsten Tage vorzubereiten. So rückten sie den Schmierereien im Eisenbahntunnel mit einem Hochdruckreiniger zu Leibe, zudem wurden erste Arbeiten zum Bau eines Grills am Gemeinschaftshaus erledigt. In der Nacht zu Sonntag wurde es zwei Uhr, bis die Pflasterarbeiten fertig waren. So erzählt es der Vorsitzende Finn Schloh, der selbst bis 3.30 Uhr vorm Rechner saß, um den Zeitrafferfilm zu bearbeiten, der die 72-Stunden-Aktion in zwei Minuten zusammenfasst. Und weil ihnen Bürgermeisterin Heidi Stelljes nahegelegt hat, doch bitte an Muttertag zu denken, hat die Hepstedter Landjugend noch ein paar Volkstänze fürs Abschlussfest am Sonntag einstudiert und Blumen für die Mütter besorgt. Ach ja, so ganz nebenbei wurde auch noch ein Spiel ohne Grenzen organisiert.
Profi-Arbeit in St. Jürgen

Haben für die Landjugend St. Jürgen am neuen Unterstand mitgebaut (von links): Marcel Baltrusch, Fabian Niegel und Michel Müller.
Wie von Profis errichtet steht sie da, die Schutzhütte für Wanderer und Radfahrer, die die Landjugend St. Jürgen in Oberende gebaut hat. Eine Fachwerkkonstruktion mit Ziegeldach, und untenrum alles fein säuberlich gepflastert und mit Granitsteinen eingefasst. Tjark Breden, der Vorsitzende, nimmt das Lob gelassen hin: "Wir haben ja auch viele Profis", sagt er, "Tischler, Zimmerleute, Garten- und Landschaftsbauer." Wie sich herausstellte, war das Stromaggregat zu schwach für die vielen Maschinen, die die Landjugend im Einsatz hatte. Und wegen der Grasernte waren auch nicht alle Mitglieder ständig verfügbar. Geschafft haben sie es trotzdem, sodass der Eröffnungsfeier am Sonntagnachmittag mit Bier vom Fass nichts entgegenstand. Um die Bewohner zu informieren, hat die Landjugend sogar noch 150 Infozettel gedruckt und in die Briefkästen gesteckt. Und in der Hütte hat sie eine Informationstafel über die Aktion angebracht.
Ein Storchennest für Worphausen

Für den Lilienhof hat die Landjugend auch ein Storchennest angefertigt.
Woher auf die Schnelle sieben Kubikmeter Beton für zwei Fundamente nehmen? Vor dieser Frage stand die Landjugend Worpswede-Worphausen am Donnerstagabend, als klar war, dass sie auf dem Lilienhof zwei große Masten aufstellen muss – einen Maibaum und einen für ein Storchennest. "Das mit dem Beton war am kniffligsten", erzählt die Vorsitzende Vanessa Reiß, denn die Fundamente mussten früh gegossen werden, um schon am Sonntag die 600 Kilogramm schweren Stämme zu halten. Der vierte Anruf war erfolgreich, der Beton wurde geliefert und in die vorbereiteten Löcher gegossen und durfte aushärten. Während sich die Handwerker im Verein ums Grobe kümmerten, bemalten andere den Maibaum, stellten die Schilder her, auf denen Vereine und Firmen verewigt sind und machten Werbung fürs Abschlussfest am Muttertag. "Wir sind zum Kindergarten gegangen und haben Mütter eingeladen", so Janina Nehring.
Neue Sitzbänke im Blockland

Ein Blick auf die Baustelle der Landjugend Blockland: Lina Gartelmann, Svenja Kropp und Jette Scholz sind mit einer Bank beschäftigt.
Was man so alles findet, wenn man einen alten Schuppen abreißt: Zum Beispiel die Überreste eines ziemlich alten Ackerwagens, wie Marieke Hoehne erzählt, immerhin zwei Achsen samt der Räder. Das Fahrzeug aus dem 19. Jahrhundert im Rahmen der 72-Stunden-Aktion eben noch zurechtzumachen, das sei nicht möglich gewesen, sagt der Vorsitzende Lukas Pupat. Das werde nachgeholt. Dafür wurden alle Aufträge erfüllt, die der Agent am Donnerstag übermittelt hat: Der Platz zwischen Gemeinschaftshaus und Landjugendheim wurde mit Fahrradständern, selbst gezimmerten Bänken und vielen Sträuchern und Bäumen verschönert, und einen Lehrpfad hat die Landjugend auch noch angelegt. Zweisprachig – auf Hoch- und Plattdeutsch – informieren sechs Tafeln über die Natur des Blocklands und seine Geschichte. "Dafür haben wir ältere Leute befragt", so Hoehne. Sie freut sich: "Wir haben wieder etwas Bleibendes fürs Dorf geschaffen."

Lukas Pupat und Marieke Hoehne von der Landjugend Blockland mit den Überresten eines alten Ackerwagens.