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Tarmstedter Ausstellung Fleisch, Milch und Wolle von alten Nutztierrassen

Tierschau auf der Tarmstedter Ausstellung: Züchter informieren über alte Nutztierrassen. Was es unter anderem mit der "Butterkuh" auf sich hat.
12.07.2024, 17:27 Uhr
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Von Christina Klinghagen

Die Tierschau auf dem Tarmstedter Ausstellungsgelände ist immer ein Besuchermagnet. Kein Wunder, denn wann hat man schon mal die Gelegenheit, so hautnah neue tierische Kontakte zu knüpfen? Ein Bereich im großen Tierzelt ist in diesem Jahr den alten Haustierrassen gewidmet. Dort trifft man auf Bunte Bentheimer Schweine, Ostfriesische Milchschafe, Weißköpfige Fleischschafe, Rauhwollige Pommersche Landschafe und Angler-Rinder.

Die Namen dieser Rassen wirken erst einmal ungewöhnlich. Wer sich jedoch näher mit den Eigenschaften der alten Nutztierrassen auseinandersetzt, wird schnell feststellen, welch enormes Potenzial darin steckt. Heiko Gerken aus Hepstedt züchtet Angler-Rinder und weiß um die vielen guten Eigenschaften, über die seine Tiere verfügen. „Unsere Angler sind pflegeleicht und stehen 365 Tage draußen, ganz egal, ob wir heißes oder kaltes Wetter haben.“ Ein weiterer Pluspunkt dieser Rasse seien die leichten Geburten. Bis 2006 war Gerken in der Landwirtschaft tätig. 2015 habe er mit einer Kuh wieder begonnen. „Ich finde es wichtig, diesen Genpool zu erhalten. Deshalb züchte ich selber Angler-Rinder. Mit dem frisch geborenen Kälbchen von gestern habe ich jetzt 27 Stück“, freut sich Gerken.

Ideale Milch für Käse

Die Angler-Rinder stammen aus Angeln in Schleswig-Holstein und sind als alte Zuchtrichtung auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen in Deutschland (von 2018) als extrem gefährdet eingestuft. „Bundesweit gibt es 400 Kühe. 50 Prozent davon sind Mutter- und Milchkühe“, erläutert Claus Peter Tordsen, Zuchtleiter für Deutsches Rotvieh. Dazu gebe es noch 10.000 Exemplare vom modernen Angler-Rind, das hauptsächlich in Schleswig-Holstein vorkommt. „Diese Rasse ist etwas größer gezüchtet und gibt Milch der A2A2-Variante, was jeder vertragen kann“, so Tordsen. Laut Gerken sind die Angler früher zur Milch- und Fleischgewinnung, aber auch als Arbeitstiere genutzt worden. „Dann wurde es modern, andere Rassen einzukreuzen und immer mehr zu spezialisieren“, erklärt der 50-jährige Angler-Experte, für den die Erhaltungszucht von großer Bedeutung ist. Denn er befürchtet, dass ein großes Loch entstehen könnte, wenn zwei oder drei Züchter aufgeben würden. Laut Gerken gibt es in den Milchviehbetrieben für die Angler den Spitznamen „Butterkuh“. „Die Milch dieser Tiere eignet sich gut, um daraus Käse und Butter zu machen", sagt Gerken, der seine Angler ausschließlich zur Fleischgewinnung nutzt. „Das ist hochwertiges, feinfaseriges Fleisch. Wer das gegessen hat, will nichts anderes mehr.“

Sein Sohn Lukas begeistert sich nicht nur für die Angler, sondern findet auch das Rauhwollige Pommersche Landschaf faszinierend. Seit vier Jahren gibt es das auf dem Hof von Gerken, insgesamt 50 Stück davon. „Mein Sohn absolviert eine landwirtschaftliche Ausbildung und hat die Schafe in den Betrieb integriert“, erzählt Gerken, der diese Tiere, von denen es aktuell noch rund 3000 gibt, ebenfalls schätzt. Wie er schildert, kommt die Rasse ursprünglich von der Insel Rügen, hat sich dann aber in Mecklenburg verbreitet. Genau wie andere Rassen auch, liefern die Nutztiere Fleisch, aber auch Milch. „Die Schafe sind pflegeleicht, robust und tolle Landschaftspfleger. Viele Rassen haben unter dem Bauch kein Fell, diese schon. Deshalb können sie auch im Winter draußen bleiben“, beschreibt er die Vorteile des Rauhwolligen Pommerschen Landschafs, das darüber hinaus gesunde Geburten habe. Das Fleisch der Tiere sei aus seiner Sicht eine Besonderheit und ließe sich gut vermarkten. Die Wolle hingegen sei nur ein Nebenprodukt. „Das bisschen Wolle wiegt gerade mal die Scherkosten auf“, so Gerken.

Fettiges Fleisch für guten Geschmack

Simon Lönsmann aus Kirchtimke und Marco Wienberg aus Hilgernissen im Landkreis Nienburg wechseln sich an ihrem Stand ab und präsentieren im Tierzelt Bunte Bentheimer Schweine. Daheim hat Wienberg 20 Sauen und weiß, worauf es bei der Fleischqualität ankommt. „Das Besondere an diesen Schweinen ist, dass sie vom Fleisch her fettiger sind, was den guten Geschmack ausmacht.“ Im Gegensatz zu konventionell gezüchteten Schweinen werde das Bunte Bentheimer erst mit einem Jahr geschlachtet, nämlich dann, wenn es ausgereift ist. Wie gut die Qualität ist, mache sich beim Braten bemerkbar. Wenn das Fleischstück schrumpft, wäre das nicht gut. Zweimal pro Tag versorgt Wienberg seine Schweine mit Futter und kontrolliert, ob alle gesund sind. Die Bunten Bentheimer seien recht robust und können ganzjährig draußen sein. Die dicke Fettschicht verhindert, dass sie schnell frieren. „Die Schweine leben draußen, können in der Erde buddeln und sehen etwas von der Welt. Nur bei der Abferkelung bleiben sie drinnen“, betont Wienberg.

Hobbyschafzüchterin Meike Avramut-Lampe aus Jade und Manfred Tomforde aus Arensmoor stellen auf der Tarmstedter Ausstellung ihre Coburger Fuchsschafe vor. „Ich habe 50 davon zu Hause. Die Wolle ist sehr gefragt. Man nennt sie auch das goldene Vlies“, erklärt Avramut-Lampe, die seit 1991 Coburger Fuchsschafe als Hobby züchtet. "Entdeckt habe ich sie auf der Grünen Woche. Das war Liebe auf den ersten Blick.“, schwärmt sie. Sich von ihren Lieblingen gelegentlich trennen zu müssen, fällt ihr immer wieder schwer. „Wenn wir nachziehen wollen, müssen wir auch welche weggeben. Die Nachfrage ist sehr gut."

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