Es scheint doch so etwas wie Wunder zu geben, denn in Wilstedt geschieht gerade etwas, womit im Dorf keiner mehr ernsthaft gerechnet hat: Für die Apotheke hat sich eine neue Betreiberin gefunden. Den Namen ihrer Nachfolgerin will die jetzige Inhaberin Sabine Blume-Forst noch nicht nennen, dafür sei es noch zu früh, sagt sie auf Anfrage, noch sei kein Vertrag unterschrieben. Doch es sehe gut aus, sagt Blume-Forst sichtlich erfreut, sehr gut sogar. Die künftige Chefin der Wilstedter Apotheke lebt demnach mit ihrer Familie in der Samtgemeinde Tarmstedt und arbeite "in der Forschung".
Wenn hier von einem Wunder die Rede ist, dann deshalb, weil Sabine Blume-Forst nach jahrelanger Suche die Hoffnung bereits aufgegeben und daher verkündet hatte, dass sie ihr Geschäft zum 31. Dezember 2024 schließen will. "Am 31. Dezember werde ich den letzten Notdienst in meiner Apotheke absolvieren, der am 1. Januar 2025 um 9 Uhr endet. Dann ist hier wohl Schluss“, sagte die 70-Jährige im Januar. Nun sieht die Sache so aus, dass Blume-Forst den Laden doch nicht dicht macht, sondern regulär bis zum 30. Juni in den bisherigen Räumen weiterarbeitet. Am 1. Juli 2025, so der Plan der alten und der neuen Apothekerin, soll die Wilstedter Apotheke nebenan im ehemaligen Sparkassengebäude neu eröffnet werden.
Apotheke wird größer
Bis dahin ist eine Menge zu tun. Mit dem Umzug in die ehemalige Schalterhalle der Wilstedter Sparkasse wird sich die Apotheke von jetzt 130 auf 250 Quadratmeter vergrößern. Sie wird mit modernster Technik ausgestattet sein und ein neues Labor bekommen, eine barrierefreie Toilette und einen Beratungsraum. Der ist vorgeschrieben, wenn eine Apotheke Hilfsmittel wie etwa Kompressionsstrümpfe anmessen und verkaufen will. Der Verkauf dieser und anderer Hilfsmittel ist für eine Apotheke wirtschaftlich von großer Bedeutung.
„Mehrere 100.000 Euro“ wird die Nachfolgerin für die Einrichtung investieren müssen, so Blume-Forst, die die neuen Räume schon hat zeichnen und kalkulieren lassen. Die Unterlagen habe die potenzielle Nachfolgerin gesichtet und mit ihrem Steuerberater besprochen. "Bei unserem letzten Treffen am Pfingstmontag hat sie dann gesagt: Ich mach es!", berichtet Blume-Forst. Die Sache sei per Handschlag besiegelt worden, einen Mietvertrag mit der Gemeinde, der das Gebäude gehört, gibt es noch nicht.
Zuschuss von der Gemeinde
Das wird sich jedoch bald ändern, denn auch Bürgermeister Traugott Riedesel und sein Gemeinderat haben die neueste Entwicklung hoch erfreut zur Kenntnis genommen. "Mein Eindruck ist, dass das eine sehr klare und gut überlegte Entscheidung der Interessentin ist", sagt Riedesel am Montag in der Ratssitzung, deren Tagesordnung um das Thema Apotheke kurzfristig erweitert worden war. Einige Tage zuvor hatte schon der Verwaltungsausschuss beschlossen, dass der Umbau der einstigen Schalterhalle nun "beschleunigt" angegangen werden soll. Ein erstes Gespräch mit dem Architekten habe bereits stattgefunden. In Kürze treffe er sich mit Vertretern der Sparkasse, da die in Wilstedt verbliebenen Automaten versetzt werden müssten, so Riedesel. Eine Apotheke gehöre zur Infrastruktur des Dorfs, die das Leben auf dem Land schöner und einfacher machten, sagte Riedesel, sie sei Teil der Daseinsvorsorge, um die sich eine Gemeinde kümmern müsse. 300.000 Euro will die Gemeinde für den Umbau der einstigen Sparkassenhalle investieren, außerdem steht eine sehr günstige Kaltmiete von sechs Euro pro Quadratmeter im Raum.

Der Wilstedter Büchertresor bleibt einstweilen im Keller der Sparkasse.
Was das schon mehrfach erwähnte Wunder angeht, so haben daran die Wilstedter Landfrauen einen großen Anteil. Die haben nämlich auf ihrem Instagram-Kanal eine Kampagne gestartet, um doch noch eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Sabine Blume-Forst zu finden. "Wir wollen zeigen, wie schön es ist, in Wilstedt und Umgebung zu leben", so die Co-Vorsitzende Corinna Grabner im März. Dafür stellten die Landfrauen Fotos ein, die Mitglieder von schönen Orten gemacht haben. Diese Werbung hat Sabine Blume-Forst auf ihre Homepage gestellt, was sich als gute Idee herausgestellt hat. Denn die künftige Apothekerin wollte vor einigen Wochen Arzneimittel in der Wilstedter Apotheke kaufen, schaute auf deren Internetauftritt nach der Adresse und entdeckte dabei den Landfrauen-Post. Davon fühlte sie sich offenbar so angesprochen, dass sie sich beim Besuch der Apotheke als Kollegin zu erkennen gab und ihr Interesse signalisierte.
Büchereiumzug entfällt
Weil nun alles in Richtung Apothekenumzug läuft, musste kurzfristig ein anderer Plan gestoppt werden: der für kommenden Sonnabend vorgesehene Umzug der bislang im Keller untergebrachten kleinen Bücherei in die Schalterhalle. Wilfried Steffens von der Werkelei hatte dafür schon alles angeleiert und rechnete mit 50 freiwilligen Helfern, die per "Bürgerkette" die Bücher von Hand zu Hand ins Erdgeschoss befördern sollten. Die Aktion fällt nun aus, da der Platz für die Apotheke benötigt wird. "Dass uns die erhalten bleibt, ist doch eine sehr wirklich gute Nachricht", findet Steffens.