Kaum ist der Bebauungsplan 'Am Alten Bahnhof', um den sich die Gemeinde Wilstedt mehr als 35 Jahre bemüht hat, endlich rechtskräftig geworden, schon gehen Gerüchte im Dorf um, die wissen wollen, was in dem neuen Gewerbegebiet denn nun eigentlich gebaut werden soll. Demnach existieren bereits ziemlich konkrete Pläne für zwei Projekte, die für die Zukunft des Dorfs ziemlich wichtig sein können. Das mit Abstand wichtigste Vorhaben ist der Neubau einer Landarztpraxis im Bereich der Bahnhofstraße.
Jahrzehnte lang schon ist das Haus Löhbergstraße 1 Sitz einer Hausarztpraxis. Seit dem altersbedingten Ausscheiden von Traugott Riedesel wird sie von seiner Frau Ulrike und ihrem jungen Kollegen Hannes Ollinger betrieben. Das Haus, das den Riedesels gehört, ist alt, energetisch nicht auf dem neuesten Stand und vor allem auch nicht barrierefrei. Und die Parkplätze nebenan sind gepachtet, sie gehören den Eigentümern des benachbarten ehemaligen Chinarestaurants. Und nicht selten sieht man vor dem Haus Patienten in einer Warteschlange stehen – Persönlichkeitsschutz sieht anders aus. Der anvisierte Neubau am Ortsrand würde all diese Probleme auf einen Schlag lösen und der Arztpraxis eine langfristige Perspektive bieten. Nach dem, was bisher bekannt ist, soll sie Platz für drei Ärztinnen und Ärzte bieten.
Was die Kommunalpolitik betrifft, wurde über das neue Ärztehaus bislang nur hinter verschlossenen Türen gesprochen, also im Verwaltungsausschuss sowie im nicht öffentlichen Teil der letzten Ratssitzungen. Daher sind die Ratsmitglieder auch ganz gut im Bilde über den aktuellen Sachstand. Offenbar ist geplant, dass ein im neuen Gewerbegebiet ansässiger Grundstückseigentümer das Praxisgebäude schlüsselfertig errichtet und anschließend langfristig an den oder die Betreiber der Praxis vermietet. Die Planungen seien schon sehr weit gediehen, heißt es, der Bauantrag sei aber noch nicht gestellt.
Patienten fragen nach
Der Grundstückseigentümer heißt Hans-Peter Gerdts, und auf einen Anruf der Redaktion reagiert er nicht sonderlich erfreut. Fragen zu dem Projekt will er nicht beantworten. "Es ist noch zu früh", blockt er ab, "fragen Sie in einem Monat noch mal nach." Auch der Arzt Hannes Ollinger mag sich im Moment noch nicht dazu äußern. "Aber Sie können gerne in ein paar Wochen noch mal nachfragen", sagt er freundlich, bevor er zu einem Hausbesuch aufbricht. Immerhin erzählt er noch, dass er von Patienten schon mehrfach auf die Umzugsgerüchte angesprochen worden sei.
Frage also an den Wilstedter Bürgermeister Traugott Riedesel: Was hat es mit den Plänen für die neue Arztpraxis auf sich? "Ich finde die Umzugspläne dorfpolitisch richtig", sagt er auf Anfrage. Als langjähriger Nutzer der Praxis an der Löhbergstraße wisse er um die Unzulänglichkeiten des Gebäudes. Und er fügt hinzu: "Die Gemeinde unterstützt die Neubaupläne, so gut sie kann. Hannes Ollinger braucht für eine längerfristige Perspektive eine moderne Praxis, in der angestellte Ärzte gerne arbeiten." Er selbst sei bei dem Thema "neutral". Immerhin gehe es um die Versorgung von 3000 Patienten im Quartal, die auch in Zukunft sichergestellt werden müsse. Und auch die Wirtschaftlichkeit der Wilstedter Apotheke, die mit einer neuen Betreiberin innerhalb des Sparkassengebäudes bis 1. Juli 2025 neue und moderne Räume beziehen werde, müsse die Gemeinde hier mitdenken.
Pläne auch für den Bauhof
Das neue Gewerbegebiet bietet, wie jetzt ebenfalls bekannt wurde, zudem auch neue Möglichkeiten für die Gemeinde Wilstedt selbst: "Wir wollen dort unseren Bauhof ansiedeln", sagt Riedesel. Dies ist nämlich das zweite Projekt im Bereich des alten Bahnhofs, das der Zukunftssicherung des Dorfs dienen soll. Geplant sei, so Riedesel, dass Hans-Peter Gerdts eine dreigliedrige Halle baut, von der die Gemeinde einen Teil anmieten wird. Weitere Nutzer seien ein Handwerksbetrieb und Gerdts selbst. Soweit er wisse, werde der Bauantrag für das neue Gebäude bald beim Landkreis eingereicht.
In ihrem Teil der Halle werde die Gemeinde all jene Fahrzeuge und Gerätschaften unterbringen können, die bislang bei der Feuerwehr und in einer angemieteten Scheune verteilt seien. Eine ihrer bislang zwei Boxen am Feuerwehrhaus habe die Gemeinde im April räumen müssen, weil die Brandschützer den Platz benötigt hätten.