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Räuberpärchen vor Gericht Freier erhielten Schläge statt Sex

In dem Glauben, Sex gegen Geld zu erhalten, ließen sich Freier an entlegene Stellen locken. Statt Sex gab es aber Schläge für die Kunden, die auch noch ihr Geld lassen mussten. Nun stehen die Täter vor Gericht.
07.12.2021, 11:00 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Landkreis Rotenburg. Verabredet war Sex gegen Geld. Am ausgemachten Treffpunkt, in Friedhofsnähe, wartete zwar auch eine junge Frau auf die vermeintlichen Freier.  Im Hintergrund aber lauerte schon ein buchstäblich schlagkräftiger und maskierter Komplize, um den Männern den vereinbarten Lohn für die erhofften Liebesdienste gewaltsam abzunehmen. So stellt sich kurzgefasst das Tatgeschehen dar, mit dem sich seit Montag das Landgericht Verden zu beschäftigen hat. Die 23-jährige Angeklagte war zum Prozessauftakt zur Stelle, der gleichaltrige mutmaßliche Haupttäter ließ sich wegen angeblichen Corona-Verdachts entschuldigen.

Die Staatsanwaltschaft legt beiden besonders schweren Raub sowie gefährliche Körperverletzung in drei Fällen zur Last, begangen am 4. und 5. November 2020 in der Gemeinde Bothel (Landkreis Rotenburg). Das Verfahren gegen den Mann aus dem Ruhrgebiet wurde abgetrennt und soll nun nach der Terminplanung der 10. großen Strafkammer am 20. Dezember beginnen. Gegen die frühere Freundin, aus Bocholt stammend und berufsbedingt in Rotenburg lebend, wird separat verhandelt. Sie legte gleich ein weitgehendes Geständnis ab, erläuterte ihre eigenen Tatbeiträge und auch die gesamte Vorgehensweise.

Mann soll stets bewaffnet gewesen sein

Ausgetüftelt habe das alles ihr Ex-Partner, mit dem sie erst seit August des Jahres liiert gewesen sei, und der früh auch schon ihr gegenüber körperliche Gewalt ausgeübt habe, bis hin zum Würgen. Er sei „Kampfsportler“ und „kein unbeschriebenes Blatt“, so die 23-Jährige in ihrer ausführlichen Einlassung und auf zahlreiche Nachfragen des Gerichts. Selbst die Eltern des Mannes, der „immer“ irgendwie bewaffnet gewesen sei, hätten sie vor ihm „gewarnt“ und geraten, sich zu trennen. Zunächst habe er vorgehabt, mit ihrer Unterstützung zwecks Geldbeschaffung einen Getränkemarkt zu überfallen. Dies habe sie aber abgelehnt. Als er dann mit der anderen „Idee“ gekommen sei, habe sie sich „nicht getraut, Nein zu sagen“.

Den Angeklagten wird zur Last gelegt, sich bei der Kontaktbörse eines Kleinanzeigenportals im Internet beide als Frauen ausgegeben und Männern sexuelle Dienste gegen Bezahlung angeboten zu haben. Tatsächlich soll aber Ziel und Zweck gewesen sein, bei den vereinbarten Treffen „unter Androhung beziehungsweise Anwendung von Gewalt das von den Männern mitgebrachte Geld zu erbeuten“. Die genauen Modalitäten der Begegnungen sollen über das Portal und auch telefonisch abgesprochen worden sein. Dies wurde von der Frau jetzt auch bestätigt. Sie selbst habe „niemanden verletzt“, betonte sie. Dass sie einmal das ständig mitgeführte Pfefferspray eingesetzt habe, sollte nach ihren Worten der Beendigung eines „Kampfes“ zwischen dem damaligen Freund und einem Geschädigten gedient haben.

Empfang mit Sturmhaube

Die erste Tat soll sich am Abend des 4. November ereignet haben. Der „Kunde“ wurde demnach von der Frau auf einem Parkplatz nahe dem Friedhof zu einer entlegenen Stelle gelotst. Kaum dort angekommen, soll der schwarz gekleidete und mit einer Sturmhaube getarnte 23-Jährige erschienen und den Mann als Pädophilen beschimpft haben. Die Kontaktanzeigen sollen schließlich mit Fotos der Angeklagten und einer entfernten Bekannten versehen, die mit den Geburtsjahrgängen 2005 und 2005 und 2004 versehen waren. Das Opfer wurde laut Anklage mit einem Teleskopschlagstock traktiert und soll auch einen Faustschlag ins Gesicht erlitten haben. Nachdem man ihm 700 Euro abgenommen hatte, ergriff er die Flucht.

Schon am nächsten Tag soll das Paar zunächst nach demselben Muster vorgegangen und rund 300 Euro erlangt haben. Der Betroffene musste aber offenbar keine Schläge einstecken, sondern gab sein Portemonnaie heraus, nachdem der Angeklagte die Scheibe der Fahrertür zertrümmert hatte. Wenige Stunden später, gegen 22 Uhr, sollten die ausgehandelten 500 Euro auf brutale Art erbeutet werden. Das Opfer setzte sich aber trotz Schlägen, Tritten und Pfeffersprayattacke energisch zur Wehr und konnte ohne Geldverlust entkommen.

Beim Prozess gegen die junge Frau, die zur Tatzeit vermehrt starke Medikamente genommen haben will, ist auch ein psychiatrischer Sachverständiger dabei. Das Gericht rechnet vorerst mit drei weiteren Verhandlungstagen.

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