Dieser Antrag hat es in sich: Die Grünenfraktion im Kreistag schlägt vor, künftig alle Bauvorhaben, alle Anschaffungen und Unternehmungen auf ihre Auswirkungen auf das Klima zu untersuchen. Ein solcher "Klima-Check" wäre deutschlandweit einmalig, meint Lennart Quiring, Fraktionsvorsitzender. Zwar gebe es vergleichbare Ansätze in Unternehmen, aber auf kommunaler Ebene ist ihm etwas so Weitreichendes bislang nicht untergekommen.
Ganz neu ist die Idee allerdings nicht, wie die Grünen einräumen, sondern einfach gut kopiert: Die Ampel-Koalitionäre haben sich darauf verständigt, die Gesetzesentwürfe aller Bundesministerien routinemäßig auf ihre Auswirkungen für das Klima zu untersuchen. Auch die Stadt Achim führt in ihren Beschlussvorlagen die erwarteten Klimafolgen auf. Doch der Vorschlag der Kreistagsfraktion geht darüber hinaus: Die Angaben sollen möglichst konkret ausfallen. Wie viel CO2 beim Bau und Betrieb freigesetzt? Und stehen bei einem Vorhaben mehrere Varianten zur Auswahl soll diejenige den Zuschlag bekommen, die den besten Beitrag zum Klimaschutz leistet – auch wenn das Mehrkosten zur Folge hätte?
Ausgangspunkt der Überlegungen der Grünen ist das Ziel der Weltgemeinschaft, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich in der Folge dazu verpflichtet, klimaschädliche Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 65 Prozent zu reduzieren. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Das heißt: Für alle dann ausgestoßenen Treibhausgase muss es einen entsprechenden Ausgleich geben.
Vorschlag orientiert sich an Zielen des Bundes
Für die Kreis-Grünen ist klar: Die Berliner Ziele können nur erreicht werden, wenn auch die Kommunen ihren Beitrag leisten. Da soll Verden vorangehen und sich die Klimavereinbarung des Bundes zu eigen machen, sprich: die Reduktionsziele übernehmen. Nach Überzeugung von Karin Labinsky-Meyer, ebenfalls Fraktionsvorsitzende, könnte sich der Kreistag gerne auch etwas ambitioniertere Ziele setzen und schon früher die Klimaneutralität anstreben. Doch die Grünen haben sich nach eigenen Angaben in ihrem Antrag bewusst an den Zahlen der Großen Koalition orientiert. Wenn CDU und SPD sich im Bund schon darauf haben einigen können, können die Parteien auf Kreisebene nur schwer Nein sagen, so das Kalkül. Auch von der FDP erhoffen sich die Grünen Unterstützung, schließlich tragen die Liberalen auch den "Klima-Check" der neuen Bundesregierung mit.
Mit vorhandenen Mitteln wird der Landkreis den vorgeschlagenen "Klima-Check" nicht umsetzen können. Für die notwendige Expertise müssten neue Stellen in der Verwaltung geschaffen werden. Um sämtliche Beschlussvorlagen des Kreistags auf ihre Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt und den Artenschutz zu bewerten, braucht es Umwelt-Ingenieure oder andere Experten, die die jeweils zuständigen Fachdienste unterstützen. Sollten sich kurzfristig keine geeigneten Kandidaten finden, könnten externe Dienstleister die Aufgabe zunächst übernehmen, schlagen die Grünen vor.
Die Personalkosten sind nach Überzeugung von Labinsky-Meyer und ihren Mitstreitern gar nicht das größte Problem bei ihrem Plan. Eine geeignete Fachkraft sei schon einmal bei der von Kreis, Städten und Gemeinden finanzierten Klima-Agentur Klever angestellt gewesen, dann aber zu einem anderen Arbeitgeber nach Bremen gewechselt. Seither sei die Stelle vakant. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer.
Antrag am 13. Januar im Klimaausschuss
Fachkräfte, die in der Lage sind, Klimafolgen zu bewerten und quantitativ zu erfassen, sind rar und auf dem Arbeitsmarkt begehrt. Und mit den Gehältern, die Unternehmen zu zahlen bereit sind, kann der Landkreis nicht konkurrieren. Es braucht also andere Anreize. "Vielleicht ist es attraktiv, eine ganze Region zu gestalten", meint Quiring. "Das macht sich auch gut im Lebenslauf."
Karin Labinsky-Meyer, Lennart Quiring und Dennis Reimers, Geschäftsführer der Grünen im Landkreis Verden, sind zuversichtlich, ihren Plan vom "Klima-Check" im Landkreis umsetzen zu können, zumindest in Teilen. Dazu brauchen sie die Unterstützung weiterer Fraktionen. Neun Sitze haben die Grünen im Kreistag. Für eine einfache Mehrheit braucht es 26 Stimmen. Erste Gespräche mit anderen Fraktionen hat es nach Angaben von Labinsky-Meyer schon gegeben. Weitere sollen in den kommenden Tagen folgen.
Eine erste Resonanz auf ihren Antrag bekommen die Grünen am Donnerstag, 13. Januar, im Ausschuss für Klima-, Umwelt-, Naturschutz und Landwirtschaft. Doch selbst bei einem für die Grünen negativen Votum dort, hält Quiring den Antrag nicht für gescheitert. Ob es für den "Klima-Check" eine Mehrheit gibt, wird sich bei der Kreistagssitzung am Freitag, 11. Februar, zeigen.