Revierförster Michael Müller aus dem Revier Diensthop hat es schon im vergangenen Jahr geahnt und erste Anzeichen bereits damals bemerkt. Der Borkenkäfer hat sich in Niedersachsen zu einer Plage entwickelt. Davon sind auch die Bestände im Landkreis Verden betroffen, vor allem Fichten werden von den Schädlingen befallen. Mit dem Ergebnis, dass viele Bäume gefällt und aus dem Wald entfernt werden müssen.
Schuld an dem massenhaften Befall ist letztlich die Trockenheit des vergangenen Sommers. Dadurch seien fast alle Fichten erkrankt oder zumindest geschwächt worden. Die Stürme mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 90 km/h hätten die Bäume noch zusätzlich geschädigt und das feine Wurzelgeflecht zerstört. Dadurch hätten die Borkenkäfer ein leichtes Spiel, betont Michael Müller. Die Insekten, vor allem der Buchdrucker und der Kupferstecher, seien überall verbreitet und würden sich vor allem unter der Rinde kranker und geschwächter Fichten ansiedeln. „Die Käfer reagieren auf die Ausdünstungen kranker Bäume, die anfällig sind. Dorthin konzentrieren sie sich“, erklärt der Revierförster die Problematik.
Auch die Regenmengen der vergangenen Wochen hätten keine Rettung gebracht. „Es ist natürlich gut, wenn es soviel regnet, aber die Regeneration der Wurzeln und der ganzen Bäume dauert mehrere Jahre“, sagt Müller. Im vergangenen Jahr habe es sowieso eine große Vermehrung der Borkenkäfer gegeben, die große Zahl geschädigter Fichten habe dann für ausreichend Nahrung gesorgt. Zwar würden die Schädlinge auch in gesunden Bäumen sitzen, dies könnten die Pflanzen aber meist aus eigener Kraft bekämpfen. Bereits vor zwei Wochen habe er die Aktivitäten der Käfer bereits sehen können. „Mit den ersten warmen Temperaturen werden sie aktiv, das reicht schon, wenn die Sonne den Stamm bescheint“, sagt der Experte.
Wald teilweise abgeholzt
Zur Bekämpfung der Borkenkäfer seien Privatwälder bereits teilweise abgeholzt worden. Diesen Kahlschlag hält Müller aber für übertrieben. „Wenn die Fichten oben in der Krone trocken ist, dann muss das nicht unbedingt eine Folge des Borkenkäfers sein, sondern kann auch ein Trockenschaden sein“, betont der Revierförster. Das Abholzen in großem Stil habe dazu geführt, dass der Holzpreis stark gesunken sei. Zu dem wirtschaftlichen Schaden durch das Fällen der Bäume kommt für die Waldbesitzer zusätzlich der niedrige Erlös für das Holz.
In seinem Revier hat Michael Müller nur punktuell abgeholzt, wie er sagt. Das klingt nicht dramatisch, aber nach seiner Schätzung sind inzwischen mehr als 1500 Festmeter Holz zusammengekommen. Das entspricht einer Ladung von 70 Lkw Holz, das wegen des Käferbefalls geschlagen werden musste. „Nach dem Fällen der Bäume muss das Holz möglichst schnell mitsamt der Käfer aus dem Wald. Das ist teilweise gar nicht so einfach“, so Müller.
Die Befallquote mit den Schädlingen schätzt Müller in ganz Niedersachsen bei etwa 17 Prozent, im Oberharz mit seinen dichten Fichtenbeständen seien jedoch mindestens 80 Prozent der Bäume befallen. Deshalb hat das Land Niedersachsen nach einer Mitteilung der zuständigen Ministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) Waldeigentümern 1,5 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Das Land stellt zudem Fangsysteme und Lockstoffe zur Bekämpfung des Käfers im Wert von einer Million Euro bereit.
Revierförster Michael Müller findet hingegen den Einsatz von Lockstoffen, Gift und Fangsystemen nicht unproblematisch. „Wir haben überall eine Mischung aus gesunden und kranken Bäumen, außerdem ist für den Einsatz dieser Systeme ein Sachkundenachweis erforderlich“, erklärt er. Zudem würden durch den Einsatz von Gift auch Nützlinge getötet und Vögel beeinträchtigt.
Das Fazit aus dem massenhaften Befall von Fichten kann für Müller nur lauten, dass die Fichte keine Baumart ist, die unter den teilweise extremen Bedingungen zukunftsfähig ist. „Die Trockenheit hat allen Bäumen zugesetzt, aber der Fichte besonders“. Empfehlenswert seien deshalb eher Mischkulturen mit Buche, Roteiche und Tanne – je nach Standort.