Erst wurde das Toilettenpapier knapp. Dann gingen die Nudeln aus. Jetzt macht sich der Mangel im Zuge der Corona-Pandemie an einer weiteren Stelle bemerkbar: Es fehlen Blutkonserven. Das teilt der Blutspendedienst der Landesverbände Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Oldenburg und Bremen des Deutschen Roten Kreuzes (NSTOB) mit. Derartige Engpässe sind nicht Neues. Doch sie treten in den letzten zwei, drei Jahren häufiger auf, beobachtet Matthias Meyer-Barner, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin an der Aller-Weser-Klinik (AWK) in Verden. Er ist verantwortlich für Transfusionen im Klinikverbund.
Der Grund dafür ist schnell gefunden: Die Zahl der Blutspenden ist in der Corona-Pandemie gesunken. Zu den 75 vom DRK organisierten Terminen im Landkreis Verden kamen im vergangenen Jahr 8826 Spender. Geplant hatte das DRK mit 9400. "Mit Öffnung der Pandemiebeschränkungen im Juni standen unsere Spendetermine im Wettbewerb zu den wieder geöffneten Freizeitangeboten", sagt Markus Baulke, Hauptabteilungsleiter Blutspenderwerbung beim NSTOB. Dabei sei der Besuch der Blutspendetermine in den Hintergrund gerückt. Die zuvor "herausragende Spendenbereitschaft in der Pandemie" brach ein. Mit steigenden Inzidenzen ab Oktober sei das Spendenaufkommen erneut massiv zurückgegangen, sagt Baulke.
Einerseits sei die Zahl der Spender pro Termin gesunken – von durchschnittlich 125,7 in 2020 auf zuletzt 117,7 im Landkreis Verden, berichtet der DRK-Abteilungsleiter. In der Pandemie konnten die Ortsvereine zudem einige Termine aufgrund fehlender Spendenräume nicht anbieten. Einige Räume standen nicht zur Verfügung, andere waren aufgrund des erhöhten Platzbedarfes infolge der Hygieneanforderungen nicht mehr geeignet, sagt Baulke. Im Einzelfall kommen auch noch Personalengpässe dazu. Denn vor dem Hintergrund der hohen Inzidenzzahlen nehmen auch die Erkrankungen bei DRK-Mitarbeitern zu.
Ein weiterer Faktor verschärft die Problematik zusätzlich: Zur sinkenden Zahl der Spender kam zuletzt eine erhöhte Nachfrage seitens der Krankenhäuser. "Der Bedarf der Kliniken in unserem Versorgungsgebiet lag im Jahr 2021 deutlich, teilweise bis zu 20 Prozent über der Zeit vor Corona", sagt Baulke. Auf die AWK trifft diese Entwicklung nicht zu. Im Gegenteil: Nach Angaben von Matthias Meyer-Barner ist der Bedarf an Blutkonserven in den vergangenen Jahren gesunken.
Lagerbestand ist geschrumpft
Zur sicheren Versorgung der Kliniken mit allen Blutgruppen benötigt der NSTOB nach eigenen Angaben einen Lagerbestand von mindestens 10.000 Blutpräparaten. Ende November war der Bestand auf 5400 zusammengeschrumpft. So knapp waren die Reserven zuletzt vor fünf Jahren. Aktuell sind es 9500 Präparate. Das ist "besser, aber nicht gut", sagt Baulke. Da die Blutpräparate nur eingeschränkt lagerfähig seien, – Blutplättchen bis zu vier Tage, rote Blutkörperchen maximal 49 Tage – könnten keine hohen Puffer aufgebaut werden. "Akute Mehrbedarfe der Kliniken oder Rückgänge im Spendenaufkommen können durch die geringe Lagerfähigkeit nicht kompensiert werden", erklärt Baulke.
Bis zu zweimal täglich beliefert die Bremer NSTOB-Blutbank die Krankenhäuser in der Region. Wenn die AWK dort bestellt, muss sie unter Umständen eine medizinische Indikation angeben. Das heißt: Ohne handfesten Grund gibt es keinen Nachschub für die Kliniken in Achim und Verden. Sollte es kurzfristig zu einem Versorgungsengpass kommen, können Blutkonserven jederzeit mit Blaulicht von Bremen zu den AWK-Standorten gebracht werden.
Für die Patienten habe der Mangel bislang keine Konsequenzen, betont Chefarzt Meyer-Barner. "Wer eine Blutkonserve braucht, bekommt eine." Der Mangel macht sich bei der AWK vor allem in der Logistik bemerkbar. An den beiden Standorten in Achim und Verden halten die Kliniken einen Notfallbestand vor, der immer gefüllt sein sollte. Das ist derzeit nicht immer gegeben. Derzeit könne man den Bestand nicht einfach jederzeit wieder ergänzen, sagt Meyer-Barner. Als Beispiel nennt er die seltene, aber gefragte Blutgruppe null negativ. Das "Universalblut" kommt vor allem in Notfällen zum Einsatz, weil beinahe jeder Mensch Blutkörperchen dieser Gruppe als Transfusion erhalten kann.
Aufgrund der rasant ansteigenden Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat das DRK seine bisherigen Sicherheitskonzepte angepasst. Zutritt erhalten ausschließlich Menschen, die den Status geimpft, genesen oder getestet (Antigen-Schnelltest nicht älter als 24 Stunden oder PCR-Test nicht älter als 48 Stunden) nachweisen können. Außerdem müssen Spender eine FFP2-Maske tragen.