Das Jahrbuch für den Landkreis Verden ist seit Ende der 1950er-Jahre ein steter Begleiter durch die Geschichte der Region. Der neue Band für 2022, der mit einer Auflage von 2300 Stück erschienen ist, präsentiert laut Kreisverwaltung wieder zahlreiche Beiträge aus der Geschichte des heutigen Landkreises Verden. Die Arbeiten spannen dabei einen weiten Bogen, sowohl räumlich, indem Geschichte zwischen Bollen, Thedinghausen, Verden und Dörverden erzählt wird, als auch zeitlich. Denn die Texte behandeln Zeiträume vom 16. bis in das 20. und 21. Jahrhundert.
Die bibliophile Schatzkammer der Historischen Bibliothek am Domgymnasium Verden halte auch so manche Erkenntnis über die Geschichte der Schule selbst bereit, wie Hartmut Bösche in seinem Beitrag über den Rektor Fuhrmann zu berichten weiß. Zudem liefert Bösche einen kurzen Bericht über einen Zufallsfund in ebenjener Bibliothek: Eine unscheinbare Pappbox über die Funde von Lehringen entpuppte sich als sehr interessanter Fall mit noch unbekannten Fotos der Fundstelle von 1948, denn die Lehringer Lanze lockte einst sogar den berühmten Fotografen Otto Maximilian Umbehr „Umbo“ aus Hannover in den Kreis Verden.

Die historische Bibliothek im Domgymnasium hält so manchen Zufallsfund bereit.
Der ehemalige Kreisarchivar Rolf Allerheiligen hatte bis zuletzt an einem Gedenkaufsatz für den an den Funden von Lehringen beteiligten Ausgräber – den ehrenamtlichen Kreisarchivpfleger, Lehrer und Heimatforscher Otto Voigt – gearbeitet. Dieser Text sei nun vom jetzigen Kreisarchivar Florian Dirks zu Ende bearbeitet worden und wird in diesem Band abgedruckt.
Arbeiterbewegung in Verden
Hermann Deuter bewegt sich laut der Kreisverwaltung auf seinem bewährten Terrain und komplettiert im Jahrbuch seine Serie über die Geschichte der Arbeiterbewegung in Verden, deren jähes Ende in der NS-Zeit er untersucht. In diesem Kontext sei auch sein zweiter Aufsatz in diesem Band verortet. Darin befasst er sich mit der sogenannten Arisierung jüdischen Eigentums und jüdischer Geschäfte in Verden durch das NS-Regime – ein bisher, auch aufgrund der nun ausgelaufenen Datenschutzauflagen der Archive, eher unbearbeitetes Thema.
Reinhard Dietrich befasst sich in seinem Beitrag mit den sich rasant ändernden Fährtarifen im Bollen der Inflationszeit. Eine Fähre ist auch das Thema von Helmut Lohmann, der die Geschichte des sogenannten Knoyl auf dem linken Weserufer gegenüber von Dörverden untersucht.

Die Weser bei Bollen: Reinhard Dietrich befasst sich in seinem Beitrag mit den sich rasant ändernden Fährtarifen im Bollen der Inflationszeit.
Aus dem Bereich Thedinghausen sind in diesem Jahr gleich drei Texte vorhanden. Während sich Kreisarchivar Dirks mit der bisher wenig beachteten Geschichte der niederadeligen Familie von Klencke beschäftigt, die unter anderem auch auf dem Gutshof Oenigstedt saß, berichtet Karl-Heinz Rengstorf über das Kriegsende im April 1945 in Oiste. Der ehrenamtliche Archivar der Samtgemeinde und Vorsitzende des Heimatvereins Thedinghausen Klaus-Dieter Schneider untersucht die Gründung der ersten Gesamtgemeinde.
Mit Joachim Woocks Aufsätzen zum Verdener Landgerichtspräsidenten sowie den Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos von 1939 bis 1945 im Flecken Langwedel geht die Erforschung der Täter und Opfer dieses Zeitraums weiter. Außerdem ergaben sich weitere Erkenntnisse zu Fragen von bereits publizierten Aufsätzen, die hier ebenfalls präsentiert werden.
Mit der Geschichte Verdens setzen sich weitere Texte auseinander. So richtet Andrea Lutter ihren Blick auf die Busse der Firma Tangemann, während Wencke Hinz vom Stadtarchiv Verden die Geschichte der Impfpflicht im Verden des Kaiserreichs von 1871 beleuchtet. Bärbel Ebeling untersucht die Biografie des aus Verden stammenden möglichen Erfinders des Hot Dog. Axel Eggersglüß erzählt sehr persönlich aus seiner Kindheit mit seinem Großvater, dem Defu-Inhaber Ferdinand Schmidt.
Das neue Jahrbuch wird ab sofort im Buch- und Zeitschriftenhandel, beim Landkreis Verden im Kreisarchiv sowie in der Geschäftsstelle des ACHIMER KURIER zum Preis von neun Euro verkauft.