Das rosafarbene Papierrezept ist passé: Seit Januar sind Arztpraxen und Krankenhäuser verpflichtet, für verschreibungspflichtige Arzneimittel elektronische Rezepte auszustellen. Nach Angabe des Bundesministeriums für Gesundheit erleichtert die Einführung des E-Rezepts den Praxisalltag, da dadurch händische Unterschriften und Wege entfallen, Folgerezepte ohne erneuten Patientenbesuch ausgestellt werden könnten und sich das Medikamentenmanagement verbessere. Doch die Änderungen gelten noch nicht für alle Bereiche, was auch neue Herausforderungen für Ärzte, Patienten und Apotheken birgt.
Wie funktioniert das elektronische Rezept?
"In der Regel ändert sich für die Patientinnen und Patienten nicht viel, denn das E-Rezept ist nach wie vor in der Apotheke vor Ort einzulösen", sagt Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen. Denn statt vom Arzt ein Papier zu erhalten, auf dem Medikament, Dosierung und Arztunterschrift festgehalten sind, bucht die Praxis die benötigten Informationen, wie Patientendaten und Dosierhinweise, lediglich auf einen elektronischen Schlüssel. Zur Einlösung haben Versicherte drei Optionen: per App, Papierausdruck oder mit ihrer Krankenkassenkarte. Die Patienten können dann selbst entscheiden, wie sie das Rezept in der Apotheke einlösen möchten, so Groeneveld.
Welche Medikamente werden über das E-Rezept verordnet?
Für fast alle Medikamente, die bisher auf einem rosafarbenen Rezept verordnet wurden, erhalten Patienten nun ein E-Rezept. Bislang gilt die Regelung aber nur für gesetzlich versicherte Patienten. Das blaue Rezept für Privatversicherte gibt es zunächst weiter in Papierform. Künftig sollen auch privat Krankenversicherte E-Rezepte nutzen können. Erste private Versicherungen bieten dies schon an.
Wie läuft die Ausstellung in den Arztpraxen?
"Technisch funktioniert das E-Rezept ganz gut, die Datenübertragung ist deutlich schneller als bei der E-AU", berichtet der Verdener Hausarzt Dr. Lutz Banneitz. Problematisch sei dagegen die nicht einheitliche Umsetzung. Denn Privatrezepte, Hilfsmittelverordnungen und Eigenrezepturen müssen weiterhin auf Papier gedruckt werden. "Das führt beispielsweise dazu, dass ein Diabetiker sein Insulin per E-Rezept bekommt, seine Nadeln für die Injektion aber auf Papier." Ausnahmen seien zudem für Hausbesuchspatienten und Pflegeheimbewohner notwendig, die nicht mit ihrer Versichertenkarte in die Apotheke gehen können. "Da ist noch viel zu tun", betont Banneitz. "Ich denke, vor verpflichtender Einführung hätten hier sinnvolle einheitliche Regelungen geschaffen werden müssen."
Wie lange dauert die digitale Rezepterstellung?
Die reine Ausstellung des Rezepts dauert nicht länger als beim rosafarbenen Papierrezept, berichtet Banneitz, lediglich der Versand kostet etwas mehr Zeit. Schon Ende 2023 hatte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen berichtet, dass vor allem das Signieren bei einigen Softwaresystemen noch Probleme bereiten und deutlich länger als vorgesehen dauern kann. Besonders zeitraubend sei es, wenn ein Rezept sofort ausgestellt und versendet werden muss, so Banneitz. "Dies ist nicht an jedem Arbeitsplatz möglich, der verantwortliche Arzt muss sich mit Pin und Karte identifizieren, das dauert schon."
Wie funktioniert die Einlösung aktuell in den Apotheken?
Die Apotheken sind seit 2022 bereits "E-Rezept-ready", so Groeneveld. Das kann auch Henning Wittboldt-Müller von der Hirsch-Apotheke am Holzmarkt in Verden bestätigen. Er beschreibt den Ablauf als "meistens reibungslos". Die meisten Kunden würden ihr E-Rezept mit der Krankenkassenkarte einlösen.
Wie reagieren die Patienten auf die Umstellung?
Die meisten Patienten haben mit der Umstellung keinerlei Probleme und begrüßen die Lösung, sind sich Banneitz und Wittboldt-Müller einig. Die Änderungen bedürfen aber einem erheblichen Mehraufwand. "Unsere Mitarbeiterinnen haben aber alle Hände voll damit zu tun, das neue System zu erklären", betont der Mediziner. Deswegen haben viele Arztpraxen und auch Apotheken im Landkreis Verden zusätzlich Handzettel entworfen, um den Übergang zu erleichtern. Zudem findet man auf vielen Webseiten der Apotheken im Kreisgebiet lange Artikel über den Ablauf.