Stimmt, Weihnachten wird Jesus geboren, am Karfreitag stirbt er und Ostern steht er wieder auf. Doch was hat es eigentlich mit Pfingsten, mit der Entsendung des Heiligen Geistes auf sich? „Das Problem von Pfingsten ist, dass man sich diesem christlichen Fest nur in Bildern nähern kann“, weiß Fulko Steinhausen, seit einem Dreivierteljahr neuer Superintendent des Kirchenkreises Verden. Jesus sei nun einmal greifbar für die Gläubigen, jeder habe den bärtigen, langhaarigen Mann mit dem hellen Gewand sofort vor Augen. Anders sei es mit den Feuerzungen, der weißen Taube und dem Wind, sprich mit den drei pfingstlichen Symbolen.
Bevor er nach Verden gezogen ist, hat Fulko Steinhausen als evangelischer Pastor vor den Toren Hamburgs gewirkt, genauer gesagt in Hollenstedt, einer Gemeinde, die eng mit den Namen der verstorbenen Box-Legende Max Schmeling verbunden ist. „Ich habe früher einen Mann aus dem Iran in seinem Asylverfahren begleitet. Von einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde er nach dem wichtigsten Kirchenfest gefragt. Zur großen Überraschung des Bamf-Mitarbeiters hat er dann Pfingsten gesagt, was aus theologischer Sicht natürlich vollkommen richtig ist“, freut sich Steinhausen noch heute über die Früchte, die sein damaliger Taufkursus getragen hat.
Obwohl Pfingsten eine zentrale Bedeutung für die Kirche hat, ist es nach Auffassung von Steinhausen ihr „unterbewertestes Fest“. „Pfingsten ist die Geburtsstunde, das Fundament der Kirche“, hebt der neue „Oberhirte“ des Kirchenkreises noch einmal den Stellenwert der beiden Feiertage hervor. Die Entsendung des doch für manche „Schäfchen“ so schwer greifbaren Heiligen Geistes habe schließlich dazu geführt, dass einst in Jerusalem die erste christliche Gemeinde überhaupt entstanden sei. Nach seiner Auferstehung ist Jesus in den Schoß seines Vaters, also zu Gott in den Himmel zurückgekehrt (Stichwort Himmelfahrt). Von diesem Zeitpunkt an ist er nicht mehr erschienen, wurde nicht mehr wahrgenommen, war plötzlich einfach weg. Doch er hat sein Versprechen eingelöst und seinen verängstigten Jüngern 50 Tage nach Ostern einen „Helfer“ geschickt.
Fulko Steinhausen zitiert dazu aus der Apostelgeschichte: „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Auf einmal erwachten die Jünger also aus ihrer Perspektivlosigkeit und fanden neuen Mut. Sie gingen wieder hinaus und predigten das Evangelium. „Der Heilige Geist ist unsere Verbindung nach oben, die Kraft Gottes“, erläutert Steinhausen. Würde in der Kirche der Begriff „Medium“ verwendet, wäre er bestimmt ein solches. Im Lateinischen wird der Geist Gottes übrigens als Spiritus Sanctus bezeichnet.
Blickt Fulko Steinhausen auf seine ersten Monate im Kirchenkreis Verden zurück, zieht er eine durchweg positive Bilanz. Erzählt er von den „offenen, freundlichen und engagierten Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche“, beginnen seine Augen zu leuchten. Es sei schon eine richtige Herausforderung, eine große und reizvolle Aufgabe, den riesigen Verdener Dom zu bespielen. Dort hängt seit einigen Tagen das Pfingst-Antependium. Auf dem bunten Altarbehang ist neben den Feuerzungen auch das andere Symbol abgebildet, über das sich Protestanten Pfingsten nähern können, nämlich die weiße Taube. Die Dreifaltigkeit besteht wie der Name schon sagt aus insgesamt drei Personen – Gott (Vater), Jesus (Sohn) und dem Heiligen Geist (Geist Gottes). „Es gibt nur eine Geschichte, in der das Trio zusammen aufgetreten ist, und zwar bei der Taufe von Jesus“, erzählt Steinhausen. Als er von Johannes dem Täufer mit Jordanwasser getauft wurde, riss auf einmal der Himmel auf, der Heilige Geist fuhr in Form einer Taube hinab und die Stimme Gottes ertönte.
Steht der Superintendent vor dem Verdener Gotteshaus, weht draußen manchmal nur ein laues Lüftchen, manchmal tobt aber auch ein heftiger Sturm. „Der Heilige Geist ist wie der Wind. Er weht, wo er will“, erklärt Steinhausen und muss wieder an das Brausen über dem Haus der Jünger in Jerusalem denken. Nachdem sie von den Feuerzungen erleuchtet und vom Heiligen Geist beseelt worden sind, verließen sie ihr Versteck und gingen wieder hinaus zu den Menschen. Genauso machen es viele evangelische Kirchengemeinden auch zu Pfingsten. Fulko Steinhausen reist zwar nicht ganz an den Jordan, sondern ist am zweiten Feiertag (Pfingstmontag, 10. Juni) ab 10 Uhr beim Gottesdienst im Intscheder Hafen.