Es war eine Premiere, als die Achimer Künstlerin Petra Seydel und ihre Ottersberger Kollegin Tine Pockels Ende 2016 erstmals gemeinsam den Kunstpreis der Verdener Kunstbörse gewannen. Zwei Preisträger hatte es zuvor noch nie gegeben. Ein Preisgeld von 500 Euro je Künstlerin und die Möglichkeit, eine Auswahl ihrer Werke im nächsten Jahr in der Verdener Rathausgalerie zu zeigen, winkten den beiden Künstlerinnen damals. Das Geld haben sie auch bekommen, die Ausstellung ist die Stadt den Künstlerinnen aber nach wie vor schuldig. Und aus diesem Grund kommt es nun, knapp fünf Jahre später, zu einer weiteren Premiere: Die beiden Künstlerinnen verzichten nämlich freiwillige auf ihre Ausstellung.
Das haben sie in einem Brief an Susanne Reinhardt, Kulturbeauftragte der Stadt Verden, mitgeteilt. "In dem mehrmaligen Hin und Her, ist bei uns der Eindruck entstanden, dass letztlich seitens des Rathauses kein besonderes Interesse besteht", schreiben Seydel und Pockels darin. "Wir möchten nicht weiterhin vor plötzlichen Absagen stehen und bedauern es, dass die Kooperation mit Ihnen, beziehungsweise Ihrem Haus für uns wirklich abschreckend war."
Bis die beiden Künstlerinnen letztlich die Reißleine gezogen haben, gab es allerdings einige Querelen. Schon zu Beginn stand das Projekt unter keinem guten Stern. Nachdem nämlich 2017 ein Mann mit seinem Auto ins Verdener Rathaus gefahren war, musste das bekanntlich zunächst renoviert werden. "2019 gab es dann von der Stadt die Ansage, dass alle Ausstellungen im historischen Rathaus stattfinden sollen, doch auch das musste erst hergerichtet werden", berichtet Petra Seydel. 2020 dann kam die Corona-Pandemie dazwischen und so setzen Seydel und Pockels all ihre Hoffnungen auf das Jahr 2021.
Absage aus "politischen Gründen"
"Wir hatten zu Beginn des Jahres Gespräche mit der Stadt und uns dort auf einen Termin im Oktober geeinigt", berichtet Seydel. Gedanklich hätten die Künstlerinnen bereits die Ausstellung konzipiert. Im Mai dann die Hiobsbotschaft: Die Ausstellung könne aus "politischen Gründen" nicht stattfinden. Da im September Wahl sei, müsse das Verdeeer Rathaus in dem Zeitraum frei bleiben, teilte Reinhardt den beiden Künstlerinnen mit. "Diese Argumentation kann ich gar nicht nachvollziehen, da wir beide keine raumgreifenden Installationen haben und der Termin der Wahl ja auch schon Anfang des Jahres feststand", moniert Seydel. Zwischenzeitlich habe man ihr und Pockels dann auch noch angeboten, statt im Rathaus doch in Schaufenstern in der Stadt auszustellen. "Das wollten wir aber nicht, denn ehrlich gesagt, ist es doch etwas unter unserer Würde, Schaufenster zu dekorieren – zumal die Ausstellung im Rathaus zu unserem Gewinn gehörte."
Ein letzter Versuch sollte dann mit einem Termin für März 2022 gestartet werden. Vorgeschlagen von der Stadt Verden, wurde auch dieser wenig später wieder abgesagt, weil der Monat für die Werk-Kunst-Ausstellung reserviert sei, hieß es. Für die beiden Künstlerinnen war das der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. "Dann hat es uns wirklich gereicht", sagt Seydel. Gerade in der Corona-Zeit, in der man als Künstler ohnehin fast nirgendwo ausstellen könne, sei so ein Umgang nicht in Ordnung. "Für uns hat sich nun einfach der Eindruck verfestigt, dass man uns im Rathaus nicht haben möchte und deshalb haben wir jetzt die Konsequenzen gezogen", erklärt Seydel die jetzige Absage.
Ärger nachvollziehbar
Eine Entscheidung, die man im Verdener Rathaus sehr bedauert. Und auch dort ist man sich offenbar bewusst, dass besonders in den vergangenen Monaten einiges nicht optimal gelaufen ist. "Ich kann den Ärger sehr gut verstehen", sagt Susanne Reinhardt. Es habe sich zuletzt um eine Verquickung ungünstiger Umstände gehandelt. Insbesondere während der Corona-Pandemie habe es Tausend kleine Bausteine gegeben, die es schwer gemacht hätten, eine verbindliche Aussage zu treffen. "Zumal die Abstimmung immer auch über mehrere Fachbereiche erfolgen muss", erklärt Reinhardt. Gerade der Termin im Herbst sei beispielsweise nicht nur wegen der Wahl fraglich gewesen, sondern auch, weil man nicht wisse, wie sich Corona entwickele. "Ich bin mit Blick auf die aktuellen Pandemie-Entwicklungen mehr denn je davon überzeugt, dass es gut ist, die Ausstellung nicht im Herbst zu machen."
Dass sie dennoch umgesetzt werden soll, das wünscht sich Reinhardt aber auch nach der Absage der Künstlerinnen. "Wir bemühen uns gerade um eine Lösung und wollen auch noch einmal den Kontakt mit den Künstlerinnen suchen", sagt die Verdener Kulturbeauftragte. "Wir haben versprochen, dass es die Ausstellung geben soll und das müssen wir auch einlösen." So werde intern derzeit darüber beraten, ob der Termin im März 2022 vielleicht doch noch realisiert werden kann. "In Kürze soll das geklärt werden", verspricht Reinhardt.