Bremens Altbürgermeister Henning Scherf hat vor einigen Jahren an der Stellichter Kirche eine Märchenrose gepflanzt und sie auf den Namen "Bremer Stadtmusikanten" getauft. Auch Altbürgermeister Carsten Sieling hat sich in seiner Amtszeit als Fan des Stadtmusikantenwegs hervorgetan. Lange mussten Radelfreunde darauf warten: Nun können sie wieder gemeinsam mit den ADFC-geprüften Kirchlintler Radtourenleitern auf große Fahrt gehen und den 42 Kilometer langen Stadtmusikantenweg abstrampeln. Er verläuft durch die drei Landkreise Verden, Rotenburg und Heidekreis und zählt nach Angaben der Kreisverwaltung zu den beliebtesten Radwegen im Landkreis Verden. Treff- und Ausgangspunkt ist an diesem Sonntag, 10. September, der Parkplatz vor dem Penny-Markt an der Hauptstraße 90 in Kirchlinteln. Die geführte Radtour beginnt um 10 Uhr.
Bereits seit 2008 können Radler nun schon in die Geschichte des Hochmittelalters eintauchen und den Stadtmusikantenweg entlangradeln. „Die Strecke verläuft abseits der Hauptverkehrsstraßen durch malerische Waldgebiete“, schwärmt „Erfinder“ Klaus Merkle noch heute von der von ihm entwickelten Fahrradroute. Von der Leader-Region Hohe Heide gab es damals sogar eine Auszeichnung für seine Idee sowie eine finanzielle Förderung für die entsprechende Ausschilderung. Die Kofinanzierung hatten die Gemeinde Kirchlinteln und die Stadt Visselhövede übernommen.
Wenn Bäche Erlen queren
Jedem der vier Tiere hat Merkle ganz bewusst einen geschichtsträchtigen Ort zugeordnet. Die Obermühle auf dem Rittergut von Behr in Stellichte (Heidekreis) passt gut zur Geschichte von Esel Grauschimmel, der ja der Märchenerzählung zufolge seine heimische Mühle verließ, um in der Stadt ein besseres Leben zu finden.
Für Jagdhund Packan hat sich Klaus Merkle indes den Königshof, einen Ortsteil der Stadt Visselhövede (Landkreis Rotenburg), als Zuhause ausgesucht, für Katze Bartputzer Verdenermoor und für Hahn Rotschopf den Lintler Krug. „Dort befand sich einst ein Gasthaus mit Pferdewechselstation“, erzählt Merkle. Weil dort früher viele Reisende beköstigt wurden, landete da bestimmt auch so mancher Hahn im Suppentopf.

Dieser Bach hat sich einen Weg durch eine Erle gebahnt.
Auf dem Weg nach Bremen spazierte das tierische Quartett in Merkles abgewandelter Erzählung also auf dem alten Lüneburger Postweg durch die rund zehn Hektar große Hügelgräberheide. Reste der Hohlwegspuren sind dort noch immer gut zu erkennen. Weil es dunkel wurde, nächtigten Esel, Hund, Katze und Hahn folglich im Lindhoop, einem Waldstück zwischen Verden und Kirchlinteln. „Nahe dem jetzigen Waldspielplatz thronte der Hahn auf einem hohen Schlafbaum. Von dort konnte er das Licht des Räuberhauses an der Stadtgrenze zu Verden sehen", erzählt Merkle.
Die Tourenleiter fahren den Weg an diesem Sonntag, dem Tag des offenen Denkmals, allerdings in entgegengesetzter Richtung ab. Von Kirchlinteln geht es nach Verdenermoor, zum Königshof und nach Stellichte zum Mittagessen, nach einer Zwischenstation in Kettenburg dann wieder zurück zur Kaffeetafel nach Stellichte. Neben vielen geschichtlichen Elementen – vom Snedenstein (Grenzstein) bis zum Postmeilenstein – erwarten die Teilnehmenden auch die Schönheiten der Natur wie eine periglaziale Bruchkante und ein Bach, der sich einen Weg durch eine dicke Erle gebahnt hat.
Keine Konkurrenz für Bremen
„Ich will den Bremern mit meinem Stadtmusikantenweg keine Konkurrenz machen“, versichert Tourenleiter Klaus Merkle aus Kirchlinteln immer wieder und verweist darauf, dass das vor über 200 Jahren von den Brüdern Grimm verfasste Volksmärchen keine Ortsangabe enthält, woher das tierische Quartett eigentlich ursprünglich stammte und in welcher Stadt es letztendlich ein besseres Leben fand. Diese Tatsache regte also fortan eine große Schar von Geschichtenschreibern und Künstlern an. Unter anderem beansprucht auch die Hachestadt Syke Schauplatz des berühmten Geschehens um Esel, Hund, Katze und Hahn gewesen zu sein. Eine Gedenktafel an der dortigen Hauptstraße erinnert an die Tiere.
Um den Stadtmusikantenweg künftig besser zu bewerben, hatten die Kirchlintler Grünen kürzlich beantragt, eine touristische Hinweistafel mit der Aufschrift „Kirchlinteln – Stadtmusikantenweg“ an der Autobahn 27 zu installieren.
Das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten ist heute weltweit bekannt, sogar in Japan. Klaus Merkle liefert auch prompt den Beweis in Form eines Fotos. Das zeigt zwei japanische Besucher auf dem Königshof, die damals unbedingt dem Jagdhund Packan einen Besuch abstatten wollten.
Der Landkreis Verden hat gerade wieder einen aktuellen Flyer über den Stadtmusikantenweg aufgelegt, er liegt in den Tourist-Informationen aus und kann außerdem im Internet unter www.landkreis-verden.de heruntergeladen werden. Außerdem will Klaus Merkle künftig ein Buch über den Stadtmusikantenweg schreiben. Für seine Verdienste um seine Heimat Kirchlinteln wurde der "geistige Vater" der Radroute bereits beim Tag des Ehrenamtes ausgezeichnet.
Anmeldungen für die geführte Radtour auf dem Stadtmusikantenweg sind telefonisch bei den Kirchlintler Tourenleitern Familie Lindhorst (0 42 36/4 72), Ilse Wagner (0 42 36/10 01) sowie bei Klaus Merkle (0 42 36/82 97) möglich.