Viele Autofahrer passieren täglich das Schöpfwerk in Thedinghausen-Eißel. Manch einer fragt sich sicherlich, was genau in diesem unscheinbar wirkenden Gebäude an der Eiter eigentlich passiert. Besonders in den vergangenen Monaten. Denn seit einiger Zeit wird an dieser Stelle gebaut. Peter Neumann und Thomas Henrichmann vom Mittelweserverband wissen es ganz genau, denn der Mittelweserverband unterhält das Schöpfwerk. "Man muss sich das wie ein Lückenschluss im Deich vorstellen", sagt Neumann, Geschäftsführer des Mittelweserverbandes. "Und wenn nötig, dann wird mit den Pumpen des Schöpfwerks Wasser aus der Eiter in die nahe liegende Weser gepumpt."
Heißt im Klartext: Die Aufgabe eines Schöpfwerkes ist es, Wasser mithilfe von Pumpen aus einem niedrigen Niveau auf ein höheres Niveau zu heben. Dieses erreichte man früher durch Wasser- oder Schöpfräder. Heute sind fast ausschließlich nass oder trocken aufgestellte Horizontal- und Vertikalpumpen im Einsatz. Und wie wichtig solche Schöpfwerke sind, das hat zuletzt das Hochwasser zum Jahreswechsel gezeigt. "Bei Hochwasser steigt die Weser an und drück das Wasser in die Eiter", erklärt Henrichmann, stellvertretender Geschäftsführer und Verbandsingenieur. Im Normalfall liegt der Pegel der Eiter über der Weser, so kann das Wasser in den großen Fluß abfließen. Nicht aber bei Hochwasser. Und auch wenn das Wasser auf demselben Pegel liegt, kann es nicht abfließen. Dann kommen die vier Pumpen im Schöpfwerk zum Einsatz.

Im Inneren des Schöpfwerkes sind die Pumpen zu finden. Insgesamt sind es vier.
Während des Hochwassers waren die Pumpen im Dauereinsatz. Und was diese leisten, macht Henrichmann an einer Zahl deutlich. So sind während des Hochwassers etwa 18 Kubikmeter Wasser pro Sekunde Richtung Weser gepumpt worden. "Das bedeutet, dass man in etwa 116 Sekunden ein Olympia-Becken leer pumpt", verdeutlicht Henrichmann die Menge. So konnte eine mögliche Überschwemmung des Binnenlandes verhindert werden. "So etwas haben wir in den vergangenen 30 Jahren nicht erlebt", sind sich Henrichmann und Neumann einig.
Und weil Schöpfwerke teils extremen Belastungen ausgeliefert sind, werden sie von Zeit zu Zeit einer "Grundinstandsetzung" unterzogen. 2022 haben die Arbeiten am Schöpfwerk in Eißel begonnen. "Wenn das Hochwasser nicht gewesen wäre, dann wären die Arbeiten wohl schon beendet", sagt Henrichmann. "Nun peilen wir Ende 2024 an."
Das Schöpfwerk in Eißel wurde 1969 fertiggestellt. In den Jahren 1994 bis 1996 ist es bereits grundlegend saniert worden. Dabei sind unter anderem die Sieltore entrostet und neu beschichtet sowie die Lager, Führungen und Dichtungen erneuert worden. Bei den Arbeiten jetzt wird das Schöpfwerk auf den neuesten Stand der Technik gesetzt. Das bedeutet: Austausch der gesamten elektrischen Anlage und EMSR-Technik (Elektrisches Messen, Steuern und Regeln), Überholung von drei Schöpfwerkspumpen sowie der E-Motoren und der Schieber, Erneuerung der Mittelspannungsanlage, Erneuerung der Rechenreinigungsanlage und Instandsetzung der Beton- und Stahlbauteile. Die Kosten dafür liegen insgesamt bei rund 3,6 Millionen Euro. Eine Förderung gibt es von der EU, die 63 Prozent übernimmt.
Es muss übrigens nicht jeden Tag ein Mitarbeiter des Mittelweserverbandes vor Ort sein und die Anlage kontrollieren. Die EMSR-Technik sorgt dafür, dass der zuständige Schöpfwerkswärter und die technischen Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Verbandes in Syke am PC oder Tablet/Smartphone die Bedingungen vor Ort sehen und gegebenenfalls auch per Fernwartung in die Steuerung eingreifen können. Der Mittelweserverband betreibt noch drei weitere größere Schöpfwerke. Diese befinden sich in Blender-Intschede, in Wienbergen im Landkreis Nienburg sowie in Stuhr-Brinkum im Landkreis Diepholz.