Kinder animieren, selbstständig zu experimentieren, ist das Ziel der Mini-Phänomenta. Die Idee für die Ausstellung zum Anfassen stammt vom Physiker Lutz Fiesser. Er möchte Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, auf den Schulfluren naturwissenschaftlichen Phänomenen zu begegnen und sie eigenständig zu erkunden. Auch im Gymnasium am Wall können Mädchen und Jungen aus der fünften und die sechsten Jahrgangsstufe neuerdings auf Erkundungstour gehen. Allerdings stehen die Exponate nicht auf den Fluren, sondern vorerst in einem eigenen Raum, den Sechstklässler in dieser Woche erstmals erkunden durften.
Eines der Exponate ist die Galilei-Bahn, eine an den Enden nach oben gebogene Metallschiene, zu der zwei Holzkugeln gehören. Was hinter dem Experiment steckt, konnten die jungen Forschenden auf eigene Faust herausfinden. Und so platzierten sie die beiden Kugeln zunächst an den entgegengesetzten, höherliegenden Enden der Schiene und ließen sie aufeinander zurollen. Direkt in der Mitte der Schiene treffen die Kugeln aufeinander. Einige Anläufe später wird klar: Auch wenn eine Kugel am obersten Ende der Bahn und eine weitere auf der gegenüberliegenden Hälfte etwas weiter unten losgelassen wird, treffen sie am selben Punkt aufeinander.
Lehrer müssen sich zurückhalten
Im Gegensatz zu anderen Ausstellungen fehlen bei der Mini-Phänomenta Erklärtafeln für die Experimente. Die Kinder sollen sich eigenständig die Objekte erarbeiten, die Lehrer sollen sich zunächst zurückhalten. "Das ist für uns Lehrer das Schwerste", räumt Jörg Peters ein, der am Gaw unterrichtet und dem Mint-Kompetenzzentrum vorsitzt.
Die Möglichkeit, die Ausstellungsstücke selbst zu erkunden, haben die ersten Schülerinnen und Schüler bereits eifrig genutzt. "Manches kannte ich schon aus dem Kindergarten oder der Grundschule", erzählt Jari, der die sechste Klasse besucht. Und auch sein Klassenkamerad Bjarne erkannte einige Experimente wieder. Als Beispiel nennt er ein Weinglas, dem man schöne Töne entlocken könne, indem man mit einem Finger über den befeuchteten Rand streiche. Dass Physik zum Anfassen keineswegs ein Metier nur für Jungs ist, stellen indes Yara und Lilly unter Beweis. Denn auch die beiden Mädchen haben die verschiedenen Stationen durchprobiert. "Das mit dem Hören fand ich sehr gut", erzählt Yara und verweist auf ein Konstrukt, das aus zwei mit einem Kunststoffschlauch verbundenen Trichtern besteht. An dieser Station war Teamarbeit gefragt: Einer hält sich die Trichteröffnungen an die Ohren, ein anderer klopft mit einem Holzstab auf den Schlauch. Je nachdem, wo der Schlag platziert wurde, war er nur auf einem oder gleich auf beiden Ohren zu hören, so die Beobachtung. Um nur eine Kugel ging es hingegen bei der Kugelrampe. Die besteht aus zwei beweglichen Stäben, die den Lauf des hölzernen Balls beeinflussen, wenn sie näher aneinandergelegt oder auseinandergezogen werden. "Das fand ich wirklich toll", schwärmt Yara.

Auch einige Erwachsene haben sich zur Ausstellungseröffnung eingefunden. Jörg Peters zeigt ihnen die Galilei-Bahn.
Auch die Galilei-Bahn hat bei dem Quartett Eindruck hinterlassen. Den physikalischen Hintergrund erläutert schließlich Jörg Peters. Die Metallschiene sei eine Kreisbahn, also ein Ausschnitt aus einem Kreis. Nur so funktioniere das Experiment. Die Kugel, die eine längere Strecke zurücklegen müsse, könne eine höhere Beschleunigung aufbauen und die Strecke somit in einer kürzeren Zeit zurücklegen, erklärte der Fachmann. Die Kugel, die eine geringere Strecke zurücklegen müsse, beschleunige dementsprechend weniger stark. So treffen sich die Kugeln immer in der Mitte der Schiene.
Leihgaben von anderen Schulen
Die 17 Objekte sind zum Teil Leihgaben der Friedrich-Ludwig-Jahn-Grundschule und der Lönswegschule. Einige standen bereits mehrere Jahre im Keller, das Mini-Phänomenta-Team hat sie wieder flott gemacht und das Mint-Kompetenzzentrum die Ausstellung ergänzt. Eine Finanzspritze dafür gab es von der Kreissparkasse Verden und die Firma Block unterstützte beim Transport der teils sperrigen Stationen.
Künftig soll die kleine Ausstellung in den neuen Pausenbereich der Jahrgänge fünf und sechs umziehen. Dann können die Kinder auch außerhalb des Unterrichts die Exponate erkunden. "Wir hoffen, dass die Kinder anbeißen", erklärt Schulleiterin Petra Sehrt. Bis in den Sommer hinein soll die Ausstellung im Gaw bleiben. Anschließend wird sie in weiteren Schulen zu sehen sein. Interessierte können sich unter mini-phaenomenta@mint-verden.de melden.